Musterklausur Kindergarteneinbrüche

Kriminalistik / Kriminaltechnik

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Sachverhalt

Der vorliegende Sachverhalt war als Prüfungsklausur für das Modul GS 5 des BA-Studiengangs Polizei konzipiert. Die Klausur wurde als Hauptlaufklausur des Einstellungsjahrgangs 2020 im Jahre 2021 geschrieben. Die Modulbeschreibung des Moduls GS 5 sieht als Prüfung eine dreistündige Klausur vor. Für die Bearbeitung der Klausur im Modul GS 5 sind nach den Hilfsmittelbestimmungen grundsätzlich keine Hilfsmittel zugelassen. Die Bewertung kriminalistischer Sachverhalte, die Erarbeitung von Lösungskonzeptionen zur Durchführung des Sicherungsangriffs an Tatorten und die Klassifikation kriminaltechnischer Spuren hinsichtlich ihrer Relevanz für die Beweisführung in Strafverfahren ist wesentlicher curricularer Bestandteil der Fächer Kriminalistik und Kriminaltechnik im Grundstudium und daher auch häufig ausgewählter Prüfungsgegenstand.

1. Lage

1.1 Allgemeine Lage

Sie versehen derzeit während Ihres Praktikums HS 2.7 Ihren Dienst beim PP D-Stadt. Heute sind Sie mit Ihrer Tutorin und einem weiteren Beamten im Nachtdienst als Streifenwagenbesatzung „Düssel 13/31“ eingesetzt.

Seit ca. 1 Monat gibt es im südlichen Stadtgebiet von D-Stadt eine Häufung von Einbrüchen in Kindergärten. Angegangen werden nur Tatobjekte, die über rückwärtige Zugangstüren verfügen. Durch den Täter wird entweder die rückwärtige Zugangstüre mittels eines ca. 30 mm breiten Brecheisens aufgehebelt oder bei schlecht verbauten Zylinderschlössern der Profilzylinder mittels einer Wasserpumpenzange abgedreht. Durch den Täter werden nur die Büros der jeweiligen Einrichtung durchsucht. Erbeutet wurden bislang ausschließlich Bargeldbeträge zwischen 25.- und 800.- €.

In zwei Fällen konnte durch Zeugen eine Person beobachtet werden, die als ca. 1,60 – 1,70 m groß, ca. 20 Jahre alt, männlich, ganze kurze schwarze Haare, bekleidet mit dunkler Jeans, dunkler Jacke und hellen Jogging-Schuhen beschrieben wird.

1.2 Besondere Lage

Am heutigen Abend, gegen 23.20 Uhr, vernimmt der Zeuge Neugier, beim Ausführen seines Hundes ein knackendes Geräusch von der Rückseite des Kindergartens „Die kleinen Strolche“, D-Stadt Stefanstraße 66. Er geht näher an das Gelände des Kindergartens heran und ruft laut: „Hallo, ist da jemand? Ich ruf jetzt die Polizei.“ Er sieht dann, wie eine dunkel gekleidete, kleinere, dunkelhaarige, jüngere männliche Person über den rückwärtigen Zaun des Kindergartengeländes klettert. Dabei bleibt die Person offenbar am Zaun hängen und flucht, als sie sich vom Zaun losreißen kann. Der Zeuge vernimmt dabei ein reißendes Geräusch. Die Person flüchtet dann in die nahegelegene Kleingartenanlage „Botanik“. Der Zeuge ruft über sein Handy unverzüglich den Polizeinotruf an und schildert detailliert seine Beobachtungen.

2. Aufgabe

2.1 Differenzieren Sie die Begriffe juristischer und kriminalistischer Tatort und erläutern Sie den juristischen und kriminalistischen Tatort bezogen auf den vorliegenden Sachverhalt (Gewichtung 10 %)

2.2 Erläutern Sie die wesentlichen Inhalte und Vorgehensweisen der Tatortbereichsfahndung und beurteilen Sie im Rahmen der Ziff. 5.1 der kriminalistischen Fallanalyse die Personenfahndung (Gewichtung 25 %)

3. Sachverhaltsfortschreibung

Gegen 23.30 Uhr treffen Sie als Streifenwagenbesatzung Düssel 13/31 neben weiteren Fahrzeugen an der Kleingartenanlage „Botanik“ ein. Beim Verlassen des Streifenwagens bemerken Sie im Schatten eines Müllcontainers (neben dem Ausgang der Kleingartenanlage) eine dunkel gekleidete, ca. 1.60 m große, dunkelhaarige Person. Die Person scheint ca. 20 Jahre alt, trägt weiße Jogging-Schuhe und eine dunkle Jeanshose. Auffällig ist, dass an der Jackenvorderseite die linke aufgesetzte Jackentasche deutlich sichtbar eingerissen ist. Als Sie sich zusammen mit Ihrer Tutorin der Person nähern, wirft die Person zwei Gegenstände aus Metall weg und läuft vor Ihnen weg. Nach einer kurzen Verfolgung zu Fuß kann die Person durch Sie gemeinsam gestellt werden. Bei den beiden weggeworfenen Gegenständen handelt es sich um ein Brecheisen mit ca. 30 mm breiter Klinge und eine Wasserpumpenzange.

Durch die Streifenwagenbesatzung Düssel 13/33 wird der Sicherungsangriff am Tatobjekt durchgeführt und über Funk mitgeteilt, dass vom rückwärtigen Zaun des Kindergartengeländes Schuhspuren zur hinteren Türe des Kindergartens verlaufen und wieder zum Zaun zurück. Die Schuhspuren zeigen deutlich ausgeprägte Profilstrukturen. Der Schließzylinder der rückwärtigen Türe zum Kindergarten wurde offenbar mittels einer Zange abgedreht und liegt vor der Türe auf dem Boden.

4. Aufgabe

4.1 Begründen Sie, welche Maßnahmen im Rahmen des Sicherungsangriffs bezüglich der angetroffenen Person durch Sie bzw. Ihre Tutorin zu treffen oder zu veranlassen sind (Gewichtung 30 %)

4.2 Analysieren Sie den Sachbeweis (gem. Ziff. 3.2 der kriminalistischen Fallanalyse) bezogen auf das Brecheisen, die Wasserpumpenzange sowie den daran zu erwartenden Fingerspuren und die Schuhspuren auf dem Kindergartengelände (Gewichtung 35 %)

5. Bemerkungen zur Lage

Witterung: trocken, klarer Himmel, + 2 Grad