Polizeibeamte und Cannabis – Ein Konflikt für die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht?
von Patrick Nagel[1], Polizeikommissar, Polizeipräsidium Wuppertal,
1. Einleitung
„Für Polizistinnen und Polizisten soll ein generelles Cannabis-Verbot gelten – das hat Innenminister Reul angekündigt.[2]“
Der Innenminister hat in einem Interview mit dem WDR seine Erwartungshaltung gegenüber den Polizeibeamten in NRW eindeutig dargestellt, rechtlich bindend ist diese jedoch nicht. Polizeibeamte stehen nun vor der Herausforderung, ihre beruflichen Verpflichtungen mit den sich ändernden gesetzlichen Rahmenbedingungen und gesellschaftlichen Einstellungen in Bezug auf Cannabis in Einklang zu bringen. In diesem Artikel wird der Fokus auf einen möglichen Konflikt zwischen dem Konsum von Cannabis und den Wohlverhaltenspflichten eines Beamten gelegt. Zunächst werden die Gefahren sowie Folgen durch den Konsum von Cannabis und der aktuelle Umgang mit Cannabis in der Bevölkerung dargestellt. Im Anschluss daran wird eine rechtliche Übersicht der Rechte und Pflichten eines Polizeibeamten im Disziplinarverfahren präsentiert. Abschließend werden die Streifrage und die rechtlichen Aspekte gegenübergesellt. Dabei dienen fiktive Fallbeispiele zur Verdeutlichung, welche Handhabung von Cannabis seitens des Dienstherrn toleriert werden könnten und welche Pflichtverletzungen vorliegen können. Der Artikel zielt darauf ab, insbesondere Kommissaranwärter über die Herausforderungen und aufkommenden Probleme durch die Legalisierung zu sensibilisieren.“
2. „Normalisierung“ von Cannabis
Die Zahl der Konsumenten von Cannabis ist in den vergangenen Jahren immer weiter vorangeschritten. Die Bundesregierung hat diesem Umstand mit dem KCanG entgegengewirkt, um die Konsumenten zu entkriminalisieren und die Gefahr durch verunreinigte Blüten etc. zu reduzieren. Zusätzlich wird langfristig das Ziel verfolgt den Schwarzmarkt einzudämmen und die Strafverfolgungsbehörden zu entlasten.[3]
Der Handel von Cannabis hat im Jahr 2022 über 60 Prozent der Rauschgift-Handelsdelikte ausgemacht (ca.31.500).[4] Im Jahr 2023 wurden für den Besitz und die Zubereitungen von Cannabis 215.000 Strafverfahren eingeleitet. Die Betäubungsmittelkriminalität fällt zum größten Teil unter den Phänomenbereich der Kontrollkriminalität. Die Dunkelziffer, der damals noch illegal konsumierenden Menschen, dürfte somit deutlich höher liegen.[5] Anhand der Fallzahlen lässt sich ablesen, dass Cannabis ein Teil der Gesellschaft geworden ist und mutmaßlich auch Polizeibeamte bereits Cannabis konsumieren.
Dennoch handelt es sich bei Cannabis um ein Rauschmittel. Der Konsum ist, wie bei anderen Drogen (z.B. Alkohol), mit Gefahren verbunden. Regelmäßiger Konsum von Cannabis gefährdet bei jungen Konsumenten die kognitive Leistung, insbesondere das Gedächtnis erleidet ein unumkehrbares Funktionsdefizit. Des Weiteren können durch den Konsum psychische Krankheiten auftreten. Im Jahr 2020 wurden 17.567 Behandlungsfälle erfasst. Am häufigsten wird die Entstehung von Psychosen, das Auftreten manischer Symptome und Depressionen diagnostiziert. Im Vergleich dazu führte der Konsum von Alkohol insgesamt zu 244.325 Behandlungsfällen im Bereich der psychischen Verhaltensstörungen. Obwohl die Anzahl der Behandlungsfälle aufgrund von Cannabismissbrauch gering erscheinen, hat sich die Zahl der Behandlungen in den letzten 20 Jahren verfünffacht. Der enorme Anstieg der Konsumenten ist nicht der alleinige Grund. Zurückzuführen ist dies auf ein weiteres Problem, die Unkontrollierbarkeit des Wirkstoffs Tetrahydrocannabinol (nachfolgend als THC bezeichnet) in Cannabinoiden Produkten.[6]
Der Wirkstoff THC gelangt durch den Konsum in das Blut und in den Urin des Konsumenten. Der Abbau erfolgt nicht, wie beim Alkohol, parallel zur anhaltenden Wirkung des Rauschmittels, sondern bleibt zeitlich verzögert noch tagelang nachweisbar. Insbesondere bei regelmäßigem Konsum behalten Abbauprodukte des Ursprungsstoff noch wochenlang eine Nachweisbarkeit.[7]
Der Wirkstoffgehalt in dem Betäubungsmittel ist über die vergangenen Jahre exponentiell gestiegen. Die mangelnde Kontrolle über Anbau und Einfuhr von Cannabis lässt immer neue Produktkreuzungen der Hersteller auf dem Schwarzmarkt zu.
Dennoch ist festzuhalten, dass es keine unmittelbaren drogenbedingten Todesfälle durch den Konsum von pflanzlichem Cannabis gibt. Ausgeschlossen davon sind Todesfälle durch Lungenerkrankungen oder psychischen Krankheiten.[8] Im Verhältnis dazu konnten im Vergleichsjahr 2020 durch den unmittelbaren Alkoholkonsum 14.200 Todesfälle festgestellt werden, die Todeszahl durch Folgeerkrankungen wird auf ca. 40.000 geschätzt.[9]
Zusammenfassend stellen die beschriebenen Gefahren eine besondere Herausforderung für die Ausübung des Dienstes eines Polizeibeamten dar. Die Einschränkung der kognitiven Leistungsfähigkeit durch den Konsum von Betäubungsmitteln ist mit den hohen Anforderungen des Polizeialltags nicht vereinbar. Psychische Erkrankungen und der tägliche Umgang mit einer Schusswaffe stellen ebenfalls ein besonderes Risiko dar. Eine Abhängigkeit, ob von Cannabis oder Alkohol, und der damit verbundene regelmäßige Konsum, sind für Polizeibeamte immer problematisch.
3. Möglichkeiten des Nachweises von Cannabiskonsum
Die Dauer der Nachweißbarkeit von THC und dem Abbauprodukt THC-COOH (THC-Metabolit) ist bei jedem Menschen unterschiedlich. Die Art des Konsums und insbesondere die Regelmäßigkeit sind entscheidend dafür, wie lange ein Konsum nachzuweisen ist. THC ist ein fettlöslicher Stoff, wodurch es sich im Fettgewebe des Körpers absetzt und von dort aus in das Blut des Konsumenten sukzessiv abgeben wird. Demzufolge ist ein Nachweis bei Menschen mit einem besonders hohen Körperfettanteil länger möglich.[10]
Der Nachweis der Wirkstoffe im Körper kann durch verschiedene Tests mittels Körperflüssigkeiten durchgeführt werden. Die bekannteste Methode aus dem täglichen Polizeidienst ist der Drogenvortest mittels Urin oder Speichel. Der verwendete Speichelvortest der Firma RAPID STAT ermöglicht einen Nachweis von THC und dem Abbauprodukt im gleichen Zeitrahmen von bis zu 24 Stunden nach dem letzten Konsum.[11] Der Urintest (Nal-Minden) bietet einen entscheidenden Nachteil für den Nachweis des Konsums. Das Testverfahren über das Medium Urin kann lediglich einen Nachweis über das Abbauprodukt THC-Metabolit treffen und den Wirkstoff THC nicht nachweisen. Bei Dauerkonsumenten kann aus diesem Grund mehrere Wochen nach dem letzten Konsum noch ein positiver Test nachgewiesen werden. Bei einmaligem oder gelegentlichem Konsum kann ein Nachweis bis zu drei Tagen später erbracht werden.[12] Die Bundesregierung hat den Grenzwert für die Erfüllung des Tatbestandes gem. § 24a Abs. 2 StVG von THC im Blutserum von 1,0 ng/ml auf 3,5 ng/ml angepasst. Die Erhöhung soll die Zeit zwischen dem Cannabiskonsum und dem Führen eines Kraftfahrzeuges in einen näheren zeitlichen Zusammenhang setzen. Eine Blutalkoholkonzentration von 0,2 Promille soll vergleichbar mit dem Wert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum sein. Die beauftragte Expertenkommission geht bei dem vorherigen Grenzwert davon aus, dass dieser gegen den Verfassungsgrundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße, da bei einem Wert von 1,0 ng/ml THC im Blutserum nahezu keine Beeinträchtigung auf das Fahrverhalten vorliegen soll.[13] Für die polizeiliche Praxis ändert sich bei der Durchführung einer allgemeinen Verkehrskontrolle wenig. Auf den Vortest mittels Urins sollte verzichtet werden. Es kann zu einer erhöhten Anzahl positiver Vortests kommen, deren THC-Wert im Blut bei der Überprüfung unter der Grenze von 3,5 ng/ml liegt. Die tatsächlichen Anhaltspunkte für eine gerichtsverwertbare Blutprobe gemäß § 81a StPO sollten daher vorzugsweise nur noch durch einen Speichelvortest ermittelt werden, da im Urin lediglich das THC-Metabolit nachgewiesen werden kann. Ausgenommen davon sind Fälle bei denen der Anfangsverdacht einer Straftat gem. § 316 StGB oder § 315c StGB durch Ausfall- oder Auffallerscheinungen begründet werden kann. Die Entnahme einer Blutprobe ist dadurch zwingend erforderlich, und der Urintest kann als weiterer Anhaltspunkt für die Begründung der Tatbestandsvoraussetzungen hinzugezogen werden. Der Mischkonsum von Alkohol und THC bleibt ordnungswidrig gem. § 24a StVG, unabhängig davon ob die Grenzwerte der jeweiligen Droge überschritten werden.
4. Rechte und Pflichten eines Polizeibeamten
Das Beschäftigungsverhältnis von Beamten ist ein besonderes Arbeits- und Treueverhältnis. Anders als ein Angestelltenverhältnis des privaten Rechts wird von dem Beamten gefordert, dass er sich ganz seinem Beruf widmet und seine Arbeitskraft größtmöglich zur Verfügung stellt. Weitergefasst kommen dazu innerdienstliche und außerdienstliche Wohlverhaltenspflichten, die dazu dienen sollen, dass die Gesellschaft den Beamten ihr Vertrauen schenken kann. Abweichungen von dieser gesetzlichen Norm können durch disziplinarrechtliche Maßnahmen gerügt werden. Das Disziplinarrecht dient dazu, durch konsequente Aufklärung und Ahndung von Fehlverhalten das Vertrauen in die Integrität des Beamtentums und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu gewährleisten. Das in § 17 Abs. 1 Satz 1 LDG verankerte Legalitätsprinzip verpflichtet den Dienstvorgesetzten, ein Disziplinarverfahren einzuleiten, sobald tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht eines Dienstvergehens vorliegen. Das Fehlverhalten eines Beamten soll durch das Disziplinarverfahren nicht sanktioniert werden, sondern eine Erinnerung an die Pflichten des Beamten darstellen.[14]
Eine besondere Aufgabe für den Dienstvorgesetzten wird nun zu erkennen, wann bzw. in welchem Ausmaß der Konsum von Cannabis unter dieses Legalitätsprinzip fällt.
Darüber hinaus enthält das Disziplinarrecht auch die Möglichkeit, das eigentliche Lebenslange Treueverhältnis zwischen dem Staat und dem Beamten zu lösen. Bei der disziplinarrechtlichen Beurteilung steht die Gesamtpersönlichkeit des Beamten im Vordergrund. Das Ziel ist es, eine Prognose zu erstellen, ob der Beamte in Zukunft sein Verhalten an der Wohlverhaltenspflicht orientieren wird.[15] Der Konsum von Cannabis kann durch die möglichen Langzeitfolgen, insbesondere durch das Hervorrufen von psychischen Krankheiten, zugleich eine Herausforderung für die Beurteilung der Gesamtpersönlichkeit als auch der Gesunderhaltungspflicht eines Beamten sein. Eine durch Cannabis ausgelöste psychische Krankheit könnte den Beamten daran hindern, sich wieder dauerhaft an der Wohlverhaltenspflicht zu orientieren, wodurch die Auflösung seines Beamtenverhältnisses erforderlich erscheint.
4.1 Wohlverhaltenspflicht für Polizeibeamte
Die Wohlverhaltenspflicht für Beamte ergibt sich aus § 34 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG:
„Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern.“
Verstöße gegen die Wohlverhaltenspflicht von Beamten werden durch § 47 Absatz 1 BeamtStG geregelt. Innerdienstliche Pflichtverletzungen fallen unter Satz 1, während Satz 2 für außerdienstliches Fehlverhalten den Tatbestand darstellt. Im Vorfeld ist abzugrenzen, wann über eine innerdienstliche bzw. außerdienstliche Verfehlung gesprochen wird. Nach der ständigen Rechtsprechung des BVerwG kommt es nicht auf eine räumliche oder zeitliche Beziehung zum Dienstbetrieb an. Vielmehr kommt es darauf an, ob das gezeigte Verhalten des Beamten einen kausalen und logischen Zusammenhang zu seinem Dienst hat. Es wird von einer materiellen Dienstbezogenheit gesprochen, das heißt sollte bei objektiver Betrachtung das Verhalten einer Privatperson zu erkennen sein, handelt es sich um außerdienstliches Verhalten. Infolgedessen können sich auch Fallkonstellationen ergeben bei denen innerdienstliche Pflichtverletzungen außerhalb der Dienstzeit und -Räume begangen werden.[16]
Bei der Betrachtung der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht gilt es zu beachten, dass ein Beamter kein erzieherisches Vorbild für die Gesellschaft ist oder in ein bestimmtes Muster eines Menschen passen muss. Die Wohlverhaltenspflicht setzt die äußeren Rahmenbedingungen die eine Mindesterwartung an den Beamten in dem Bereich von Sitte, Ehre und Anstand stellen.[17]
Bei außerdienstlichen Pflichtverletzungen teilt das BVerwG folgende Meinung. Für außerdienstliche Verfehlungen reicht eine Pflichtverletzung zur Annahme eines Dienstvergehens allein nicht aus. Es ist zwingend notwendig, dass weitere Umstände vorliegen, die das Vertrauen in den Beamten beeinträchtigen können, gleichwohl sollte es sich bei der Pflichtverletzung um eine Straftat handeln. Um eine Beeinträchtigung des Ansehens oder Vertrauens festzustellen, kann das allgemeine Vertrauen in eine rechtsstaatliche und gesetzestreue Verwaltung als Maßstab herangezogen werden. Im konkreten Fall ist es ebenfalls nicht von Bedeutung, inwieweit Medien oder soziale Netzwerke einen Vorfall aufgegriffen haben. Es wird nicht vorausgesetzt, dass die Beeinträchtigung eingetreten ist, sondern nur ob der Sachverhalt dazu geeignet wäre die Integrität der Institution anzuzweifeln.[18]
Die Pflichtverletzung muss das Vertrauen des Beamten im jeweiligen Statusamt beeinträchtigen können. Dadurch werden zum Beispiel Postbeamte, Fortbeamte und Polizeibeamte rechtlich differenziert behandelt. Verschiedene Faktoren spielen dabei eine Rolle. Das Statusamt eines Beamten ist mit unterschiedlichen Zuständigkeitsbereichen verbunden.[19] Diese Aufgaben sind im Gesetz festgelegt und die Bevölkerung richtet danach ihre Erwartungshaltung gegenüber der jeweiligen staatlichen Institution. Ungeachtet dessen ist die spezielle Verwendung eines Polizeibeamten innerhalb der Behörde irrelevant.[20] Der Besitz kinderpornographischer Schriften gem. § 184 Abs. 3 StGB ist ein Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht für einen Verkehrsdienstbeamten sowie für einen Kriminalbeamten.
Die Aufrechterhaltung und der Schutz der Rechtsordnung sowie die Verfolgung von Straftaten sind Aufgaben jedes Polizeibeamten. Dieses mit der Ausübung des Amts verbundene besondere Vertrauen der Bürger wird durch vorsätzlich begangene Straftaten in hohem Maße beeinträchtigt. Das BVerwG sieht darin ein disziplinarwürdiges Dienstvergehen gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG. Darunter fallen bei einem Polizeibeamten bereits vermeintlich triviale Eigentumsdelikte. Ein stehlender Polizeibeamter beispielsweise zeigt, durch eine solche Pflichtverletzung, nachhaltige Zweifel an seiner Integrität.[21]
Der Konsum von Cannabis ist, gerade durch die disziplinarrechtliche Unterscheidung verschiedener Statusämter, für Polizeibeamte außerhalb des Dienstes besonders kritisch zu betrachten. Das neu eingeführte KCanG veränderte dahingehend viele strafbare Delikte zu Ordnungswidrigkeiten. Auf die Weise wird die Veränderung der disziplinarrechtlichen Beurteilung mit dem Umgang von Cannabis verstärkt.
4.2 Gesunderhaltungspflicht
Der § 34 Abs. 1 S.1 BeamtStG enthält die gesetzliche Einsatzpflicht des Beamten. Diese verlangt von jedem Beamten sich außerdienstlich so zu verhalten, dass die eigene Dienst -und Arbeitsfähigkeit dadurch nicht beeinträchtigt wird. Sollte es zu einer Beeinträchtigung kommen, so hat der Beamte seine Dienstfähigkeit schnellstmöglich wieder herzustellen.[22]
Dieser Grundsatz implementiert die sog. Gesunderhaltungspflicht eines Beamten. Sportlich aktiven Beamten soll damit nicht die Möglichkeit genommen werden, Extremsport auszuüben, sondern dem Dienstherrn die Option gegeben werden, schuldhaftes Verhalten gegen die Gesunderhaltungspflicht sanktionieren zu können. Als schuldhaftes Verhalten wird es angesehen, wenn der Beamte die Krankheit durch eigenes Verhalten herbeiführt. Weitergedacht, bei Bestehen einer Krankheit, beispielsweise einer Cannabisabhängigkeit, die notwendigen Schritte für den Heilungsprozess zu verweigern. Die Gefährdung eines Heilungserfolges durch erneuten Konsum des Suchtmittels wird ebenfalls als schuldhaft betrachtet.[23]
Eine Alkoholsucht bzw. eine Cannabissucht ist disziplinarrechtlich, solange diese keine Auswirkungen auf den Dienst des Beamten hat, keine Pflichtverletzung.[24] Das Abhängigkeitsverhältnis muss so ausgeprägt sein, dass der Beamte beispielsweise vom Dienst fernbleibt oder im Dienst das Suchtmittel konsumiert. Wichtig ist, dass die Beeinträchtigung auf den Dienst des Beamten kausal auf das Abhängigkeitsverhältnis zurückgeführt werden kann. Sollte noch kein Abhängigkeitsverhältnis vorhanden sein, stellt der Konsum kurz vor dem Dienst sowie während der Dienstzeit offenkundig auch einen Verstoß dar. Für Polizeibeamte ist ein innerdienstlicher Verstoß dieser Klasse, auf Grund der vielfältigen und schweren Aufgaben, die das Amt mit sich bringt, als schwere Pflichtverletzung einzustufen.[25]
In Zusammenhang mit Cannabis lassen sich die Gesunderhaltungspflicht und die beschrieben dienstrechtlichen Folgen parallel zu dem Konsum von Alkohol anwenden. Sollte es bei einem Beamten eine Cannabisabhängigkeit diagnostiziert worden sein und darüber hinaus zu einer Dienstunfähigkeit kommen. Dann hat der Beamte die Pflicht alle zumutbaren Maßnahmen anzunehmen, die schnellstmöglich seine Gesundheit und Leistungsfähigkeit wiederherstellen. Eine zur Erhaltung der Dienstfähigkeit nötige Therapie kann der Dienstvorgesetzte nicht im Rahmen einer dienstlichen Weisung vorschreiben, da die stationäre Unterbringung in einer Entzugsklinik einen erheblichen Einschnitt in die private Lebensführung darstellt.[26] Dennoch kann der Vorgesetze den Betroffenen mahnend auf die dienstrechtlichen Konsequenzen hinweisen, sollte er sich einer Therapie verweigern. Der Beamte begeht dadurch ein Dienstvergehen durch Unterlassen gegen die Gesunderhaltungspflicht. Letztlich bietet dieser Verstoß, die einzige Handhabe des Dienstherrn, den betroffenen Beamten zu einer Therapie zu drängen.[27]
5. Rechte und Pflichten im Disziplinarverfahren
Nachdem verschiedene Möglichkeiten erläutert wurden, unter welchen Voraussetzungen ein Disziplinarverfahren zum Nachteil eines Beamten eingeleitet werden kann, ist es wichtig, die Rechte und Pflichten eines Polizeibeamten im Rahmen des Verfahrens prägnant darzustellen.
Jeder Beamte hat gem. § 20 Abs. 1 LDG einen Anspruch darauf, über die Einleitung eines Verfahrens und das Vorliegen des Tatvorwurfes informiert zu werden. Folglich ist der Beamte über sein Recht der Aussageverweigerung zu informieren sowie über das Recht sich ein Bevollmächtigen oder Beistandes zu bedienen. Von einer unverzüglichen Unterrichtung über das Disziplinarverfahren kann nur abgesehen werden, wenn konkrete Tatsachen vorliegen, dass der Beamte auf unsachliche Weise in das Verfahren eingreifen wird.[28]
Beamte unterliegen gegenüber ihrem Dienstvorgesetztem grundsätzlich der Wahrheitspflicht. Im Disziplinarverfahren erstreckt sich die Pflicht jedoch nur über Informationen zu den persönlichen Verhältnissen eines Beamten. Ansonsten würde für den Beamten nur die Möglichkeit bestehen das Dienstvergehen vollumfänglich zu gestehen oder zur Tat zu verschweigen. Die Grenzen der Wahrheitspflicht im Disziplinarverfahren sind vergleichbar zu denen im Strafverfahren. Es darf dem Beamten nicht zum Nachteil ausgelegt werden, wenn er sich nicht zum Tatgeschehen äußert.[29] Des Weiteren hat der Beamte das Recht strafrechtliche Ermittlungen gegen ihn seinem Vorgesetzten zu verschweigen. Der „Nemo tenetur“ Grundsatz der Selbstbelastungsfreiheit gilt auch für das Disziplinarverfahren.[30]
In einem fiktiven Fall verbreitet der Flurfunk innerhalb der Behörde das Gerücht, dass POK V ein leidenschaftlicher Kiffer ist und selbst einige Pflanzen zuhause züchtet. Um den Verdacht zweifelsfrei zu widerlegen, kann POK V gemäß § 18 Abs. 1 LDG einen Antrag auf Einleitung eines Verfahrens gegen sich selbst stellen. Der Dienstvorgesetzte kann diesen Antrag nur ablehnen, wenn keine ausreichenden tatsächlichen Anhaltspunkte vorliegen, die den Verdacht eines Dienstvergehens rechtfertigen.[31]
Der Betroffene Beamte als auch sein Verteidiger haben im Disziplinarverfahren das Recht gem. § 29 Abs. 1 VwVfG Einsicht in die Ermittlungsakten zu nehmen. In einem fair geführten Disziplinarverfahren erhält der betroffene Beamte Abschriften der Protokolle über die Beweiserhebung und der angeforderten schriftlichen Gutachten. Sollte der Beamte einen Bevollmächtigten ernannt haben, so hat auch dieser das entsprechende Recht. [32]
6. Dienstpflichtverletzungen durch den Umgang mit Cannabinoiden Produkten
Bei der Prüfung einer Pflichtverletzung ist der Grundtatbestand gem. § 47 Abs.1 BeamtStG zu prüfen. Nur eine Handlung, die geeignet dazu ist eine Ansehens- und Vertrauensschädigung des Beamten hervorzurufen kann, zu einem Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht führen. Die letztliche Reaktion der Behörde soll eine, den Umständen angepasste, pflichtmahnende Wirkung haben.
Der § 47 Abs. 1 BeamtStG kann als Generalklausel für das Disziplinarrecht gesehen werden.[33] Der Paragraf verzichtet auf eine Auflistung der möglichen Pflichtverletzungen und lässt somit nicht nur eine individuelle Würdigung des Einzelfalls zu, sondern kann auf diese Weise auf neu auftretende Phänomene reagieren. Bei dem Umgang mit Cannabis ist es wichtig zu erwähnen, dass weiterhin Straftaten durch den Besitz oder Umgang damit begangen werden können. Das Verbot der Doppelbestrafung gem. Art. 103 Abs. 3 GG steht dem nicht im Wege, da die Disziplinarverfahren und Strafverfahren unterschiedliche Ziele verfolgen. Dennoch bietet das Strafmaß bzw. die Strafandrohung des Delikts für die Klassifizierung des Dienstvergehens einen wichtigen Orientierungsrahmen.[34]
Das Vorliegen einer Pflichtverletzung eröffnet gem. § 47 Abs. 3 BeamtStG den sachlichen Geltungsbereich des § 2 Abs. 1 LD NRW und somit den Weg für das disziplinarrechtliche Verfahren.
Die disziplinarrechtliche Reaktion auf die Tat richtet sich immer auf den Einzelfall. Erst nach Würdigung aller aufgetretenen Umstände der Pflichtverletzung ist sachgerecht zu entscheiden, ob die sogenannte Erheblichkeitsschwelle eines Dienstvergehens tangiert wurde. Unterhalb dieser Schwelle liegen Bagatellverfehlungen, welche formell unter die schuldhaft begangene Pflichtverletzung fallen würden.[35] Jedoch aus verschiedenen Gründen dem Sachverhalt ein zu geringer Unrechtsgehalt zu entnehmen ist, beispielsweise eine fahrlässige Begehung oder ein zu geringer Schaden für den Dienstherrn.[36]
Weiter gilt es zu beachten, dass bei der Prüfung von disziplinarrechtlichen Verstößen nicht zwischen der Vollendung des Tatbestandes und dem Versuch unterschieden wird. Hervorzuheben ist das im Gesetzestext von einer schuldhaften Handlung gesprochen wird, das heißt, dass die Motivation als subjektiver Tatbestand eine wichtige Rolle bei der Beurteilung von Dienstvergehen hat. Der Versuch belastet den betroffenen Beamten im gleichen Umfang wie ein vollendetes Delikt. Es kommt nur auf den gezeigten Handlungswillen an.[37]
Für das Disziplinarverfahren gilt analog im Strafrecht das Günstigkeitsprinzip gem. § 2 Abs. 3 StGB.[38] Das heißt, dass bereits laufende Disziplinarverfahren aufgrund von Pflichtverletzungen im Umgang mit Cannabis anders beurteilt werden müssen. Vorsätzlich begangene Straftaten, wie der Besitz von Cannabis bis 25 Gramm (zu Hause 50 Gramm), die in der Regel als Pflichtverletzungen für einen Polizeibeamten klassifiziert werden, sind jetzt straffrei. Der Grund des Disziplinarverfahrens könnte damit entfallen sein.
Der Umgang mit Cannabinoiden-Produkten, sei es der Handel, der Anbau oder lediglich der Konsum dieser, lässt sich wie folgt subsumieren.
Mit Blick auf die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht ist der Konsum als Pflichtverletzung anzunehmen, wenn dieser im Zusammenhang mit der Ausübung des Dienstes steht. Grundsätzlich ist von einem Polizeibeamten zu erwarten, dass er nüchtern seinen Dienst antritt und in seiner Dienstzeit keine Betäubungsmittel konsumiert (Nüchternheitsgebot). Durch den Konsum wird der Beamte sich vorsätzlich in einen Zustand der vorrübergehenden Dienstunfähigkeit versetzen und seine Einsatzfähigkeit nicht erhalten können. Der Beamte wird aufgrund seines berauschten Zustandes nicht mehr in der Lage sein, ein Dienstfahrzeug[39] oder eine Schusswaffe[40] zu führen. Eine Differenzierung zwischen Alkohol und Cannabis ist dafür nicht nötig. Fiktive Fallbeispiele für diesen Umstand, die für den Dienstherrn tragbar wären, können nicht konstruiert werden.
Der § 5 KCanG „Konsumverbot“ beschreibt die öffentlichen Räume und deren Umfeld in denen der Konsum von Cannabis verboten ist. Ein Konsumverbot in der unmittelbaren Nähe zu Polizeibehörden besteht nicht. Der Konsum direkt vor dem Dienstgebäude des Polizeibeamten stellt somit kein rechtliches Problem dar. In Diensträumen ist der Konsum unabhängig von der bereits beschriebenen Problematik verboten, da gem. § 5 ArbStättV der Arbeitsgeber seine Beschäftigten vor Rauch und Dämpfen u.a. von Cannabisprodukten zu schützen hat.[41]
Viel interessanter ist die Problematik des Anbaus von Cannabis in Diensträumen. Der § 3 KCanG „Erlaubter Besitz von Cannabis“ erlaubt den Anbau von bis zu drei Pflanzen an dem eigenen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder dem Wohnsitz des Beamten, darunter lässt sich der Arbeitsplatz nicht subsumieren. Dennoch ergibt sich rechtlich die Möglichkeit Vorbereitungshandlungen für den Anbau in Diensträumen zu treffen, sollte der Dienstherr dagegen nicht intervenieren. Gem. § 1 KCanG „Begriffsbestimmungen“ ist folgendes definiert „Stecklinge: Jungpflanzen oder Sprossteile von Cannabispflanzen, die zur Anzucht von Cannabispflanzen verwendet werden sollen und über keine Blütenstände oder Fruchtstände verfügen“. Stecklinge und Samen sind vom Cannabis-Begriff ausgeschlossen. Es handelt sich um eine Vorstufe zum eigentlichen Produkt und wird vom CanG nicht ausreichend geregelt. Die beschriebene Vorstufe zu einer Cannabispflanze fällt aus diesem Grund nicht unter die erlaubte maximale Zahl von drei Pflanzen und dürfte schon während der Zeit von drei bestehenden Pflanzen angebaut werden. Folglich könnten die Setzlinge oder Sprossteile auch bis zu einem bestimmten Wachstumsgrad im Büro eines Beamten stehen.
Der gelegentliche Konsum von Cannabis im privaten Raum kann nach hiesiger Auffassung ausfolgenden Gründen kein Verstoß gegen die außerdienstliche Wohlverhaltenspflicht darstellen. Der gesellschaftliche Wandel, der den Konsum von Cannabis als Teil der Gesellschaft etabliert hat und letztlich in einer Legalisierung für den privaten Gebrauch gemündet ist, wird nicht mehr als moralisch verwerfliches Verhalten angesehen. Der Konsum von Cannabis eines außerdienstlichen Polizeibeamten ist nicht dazu geeignet das Ansehen oder Vertrauen der Bevölkerung in die Institution Polizei zu beeinträchtigen. Folgender Grundsatz des Bundesverwaltungsgerichtes verstärkt diese Bewertung: „Vom Beamten wird außerdienstlich kein wesentlich anderes Sozialverhalten erwartet als vom Durchschnittsbürger,“[42] Sollte dennoch festgestellt werden, dass der Konsum in der Freizeit das Vertrauensverhältnis zum Dienstherren gefährdet, wird dies nicht die nicht geforderte Erheblichkeitsschwelle überschreiten.
Alle Aspekte stehen unter der Voraussetzung, dass durch den Konsum keine Auswirkungen auf den Dienst des Beamten entstehen. Zu beachten gilt dabei das abstrakte Gefährdungsdelikt gem. § 24a Abs. 2 StVG, bei dem es ist nicht darauf ankommt, ob der Fahrer tatsächlich beeinträchtigt wird, sondern nur auf die Überschreitung des analytischen Grenzwertes von 3,5ng/ml THC im Blutserum.[43] Der Abbau des Produktes erfolgt individuell und ist abhängig von den körperlichen Gegebenheiten sowie der Häufigkeit des Konsums. Folglich führt der häufige Konsum dazu, dass es dem Beamten tagelang nicht möglich sein wird ein Dienstfahrzeug zu führen.
Die private Erfüllung des Tatbestandes gem. § 24a StVG erfüllt bei einem einmaligen Verstoß in der Regel nicht die Voraussetzungen für ein Dienstvergehen. Bereits vorbelastete Beamte oder andere dem Einzelfall geschuldete Umstände, wie zum Beispiel weiteres Fehlverhalten am Anhaltort, können zu einer anderen dienstrechtlichen Würdigung führen.[44]
Das KCanG eröffnet weitere legale Möglichkeiten, die für einen Polizeibeamten nicht mit der außerdienstlichen Wohlverhaltenspflicht zu vereinen sind. Es kommt bei einer Dienstpflichtverletzung, wie bereits beschrieben, immer auf die Würdigung aller Umstände im Einzelfall an. Die anschließende tabellarische Auflistung von Fallbeispielen soll bei der Einschätzung von bestimmen Verhaltensweisen helfen. Bei den folgenden fiktiven Beispielen erfolgt die dienstrechtliche Würdigung aus meinem persönlichen Ermessen und kann je nach Vorgesetztem individuell ausgelegt werden.
| Sachverhalt | Strafbarkeit | Dienstrechtliche Würdigung |
| PK A erscheint mit geröteten Augen und trägem Gemüt zu spät zum Frühdienst. Er ist mit dem Auto zum Dienst gekommen. In der Vergangenheit zeigte er bereits häufiger Verhaltensweisen dieser Art. (Anfangsverdacht für den Konsum von Cannabis wird angenommen). | Owi. § 24a STVG | Innerdienstliche Pflichtverletzung gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG. |
| POKin F hat durch eigenen Anbau mit 3 Cannabis Pflanzen zu Hause eine gute Ernte erzielt und teilt diese mit ihren privaten Freundinnen. Sie erhält keinen finanziellen Vorteil dadurch. Eine der Freundinnen ist ebenfalls Kollegin und wendet sich an den Vorgesetzten von F. | Straftat gem.§ 34 Abs. 1 Nr. 7 KCanG | Außerdienstliche Pflichtverletzung gem. §47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG.
Die Beamtin schädigt durch die vorsätzlich begangene Straftat das Ansehen und Vertrauen in die Institution der Polizei.
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| KAin S wird im Rahmen einer allgemeinen Verkehrskontrolle angehalten und gibt ehrlicherweise gegenüber den Beamten an, vor 5 Tagen einen Bong-Kopf geraucht zu haben. Der Drogenvortest fällt negativ aus. Die kontrollierenden Beamten informieren die Ausbildungsleitung. | keine | Keine Pflichtverletzung.
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| PK B wird bei einem Fußballspiel zufällig am Bahnhof kontrolliert und er führt 25 Gramm Cannabis mit sich und raucht einen Joint. Er gibt gegenüber den Beamten an, dass sei seine monatliche Ration. | Keine | Außerdienstliche Pflichtverletzung gem. § 47 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG.
Das Verhalten des Beamten lässt erwarten, dass er sich nicht mehr mit all seinem persönlichen Einsatz seinem Beruf widmen kann. Zusätzlich scheint es unwahrscheinlich, dass es Tage für ihn gibt, an dem er einen FustKW führen darf. |
| PHK C bittet die Beamten, bei einer von ihm ausgehenden Ruhestörung in seine Wohnung. Auf dem Küchentisch stellen die Beamten einen Beutel mit 50 Gramm Cannabis fest. C gibt an, dass es seinen beiden Töchtern gehöre, aber er gelegentlich mit ihnen zuhause konsumiere. | Keine | Keine Pflichtverletzung.
PHK C ist nicht Eigentümer des Cannabis und gibt an nur gelegentlich zu konsumieren. Rückschlüsse auf die Ausübungen seines Dienstes lassen sich ebenfalls nicht ziehen. (pro Person Ü18 50 Gramm an ihrem Wohnsitz straffrei) |
| POK F hat dem Alkohol entsagt und nimmt 4 Gramm Cannabis mit zum Tag zur Förderung der Dienstgemeinschaft (TzF) seiner Dienstgruppe. Die gesamte Menge konsumiert er in bei sein der Kollegen. Er schwärmt davon, wie herrlich das Gefühl sei und das er es jedem empfehlen würde. | Keine | Innerdienstliche Pflichtverletzung gem. § 47 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG.
Der TzF findet in der Dienstzeit statt und er konsumiert in bei sein der Belegschaft. Die Verherrlichung des Rauschmittels und der Hohe Konsum des POK F eröffnen den Anfangsverdacht einer Suchterkrankung. |
| PK M, PK N und PK P entschließen sich außerhalb des Dienstgebäudes heute einen Feierabendjoint zu rauchen. Dabei werden Sie vom DGL der Folgetour beobachtet. Die drei PKs zeigen keine Auffälligkeiten im Dienst und gehen nun in ihr freies Wochenende. | Keine | Keine Pflichtverletzung.
Trotz der Nähe zum Dienstgebäude handelt es sich dabei um keine Pflichtverletzung, da kein Fehlverhalten der Beamten zu erkennen ist.
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| KA V wird im Rahmen einer Razzia in der Parkanlage W kontrolliert. Zivile Kräfte konnten einen Handel von Cannabis beobachten. Er führt 20 Gramm in kleinen Verpackungseinheiten und diverse 10 Euro Scheine mit. | Straftat gem. § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG | Außerdienstliche Pflichtverletzung gem. § 47 Abs.1 Satz 2 BeamtStG.
Schwerwiegende vorsätzliche Straftat. |
7. Fazit
Die Gefahren von Cannabis und die möglichen dienstrechtlichen Konsequenzen wurden umfangreich dargestellt. Jeder Polizeibeamte kann selbst entscheiden, ob der eigene Konsum oder Umgang mit Cannabis im Konflikt zu seinen Dienstpflichten steht. Abschließend möchte ich nochmal mahnend darauf hinweisen, dass die Legalisierung von Cannabis nicht bedeutet, dass jeder diese Chance nutzen sollte, denn die mit dem Konsum verbunden gesundheitlichen Folgen sollten nicht bagatellisiert werden. Die psychische Gesundheit und die mentale Leistungsfähigkeit sind für einen Polizeibeamten unverzichtbar.
[1] Der Autor ist Nebenamtlicher Dozent für Verkehrsrecht und Verkehrslehre an der HSPV NRW, Abt. Münster
[2] Magoley, 2024, Geht das? Reul will Cannabis-Verbot für Polizei; abgerufen von
https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/reul-cannabis-verbot-polizei-100.html,
zuletzt abgerufen: 10.07.2024
[3] Vgl. Koalitionsvertrag 2021-2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei
Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP), S. 68f, https://www.spd.de/fileadmin/Dokumente/Koalitionsvertrag/Koalitionsvertrag_2021-2025.pdf.
[4] Vgl. BKA, 2023, Rauschgiftkriminalität Bundeslagebild 2022, S.12
[5] Vgl. BMI, 2024, Polizeiliche Kriminalstatistik 2023 Ausgewählte Zahlen im
Überblick, S.29f
[6] Vgl. Deutscher Bundestag, wissenschaftliche Dienste (2022); Gesundheitliche
Gefahren des Konsums von Cannabis und anderen Drogen; https://www.bundestag.de/resource/blob/919128/de9797203ab7fbcf6b895d79af112694/WD-9-050-22-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen: 10.07.2024
[7] Vgl. Zwerger, 2007, Berührungspunkte von Toxikologie und Rechtsprechung
Blutwerte nach Cannabiskonsum und Fahreignung, S. 61-65
[8] Vgl. Deutscher Bundestag, wissenschaftliche Dienste, 2022, Gesundheitliche
Gefahren des Konsums von Cannabis und anderen Drogen; abgerufen:
https://www.bundestag.de/resource/blob/919128/de9797203ab7fbcf6b895d79af1126
4/WD-9-050-22-pdf-data.pdf, zuletzt abgerufen: 10.07.2024
[9] Vgl. Der Beauftragte der Bundesregierung für Sucht- und Drogenfragen, 2024,
Alkohol, https://www.bundesdrogenbeauftragter.de/themen/suchtstoffe-undsuchtformen/alkohol/, zuletzt abgerufen: 10.07.2024
[10] Vgl. Große Hokamp, 2015, Evaluation Speichel-Drogenvortests im Rahmen der
allgemeinen Verkehrskontrolle, S.18
[11] Vgl. Expertengruppe des Bundesministeriums für Digitales und Verkehr (2024);
Empfehlungen der interdisziplinären Expertengruppe für die Festlegung eines THC-
Grenzwertes im Straßenverkehr (§ 24a Straßenverkehrsgesetz), S.7
[12] Vgl. Große Hokamp, 2015, Evaluation Speichel-Drogenvortests im Rahmen der
allgemeinen Verkehrskontrolle, S.19
[13] Vgl. Bundesministerium für Digitales und Verkehr (2024); Unabhängige
Expertengruppe legt Ergebnis zu THC-Grenzwert im Straßenverkehr vor;
https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Pressemitteilungen/2024/018-expertengruppe
thc-grenzwert-im-strassenverkehr.html, zuletzt abgerufen: 10.07.2024
[14] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, Beamtendisziplinarrecht – Beamtenstrafrecht, 2 Aufl. 2021,
Rn.1 ff.
[15] Vgl. Wichmann/Langer, öffentliches Dienstrecht, 8.Auflage, 2017, Rn. 399ff.
[16] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn.79
[17] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht-für die polizeiliche Praxis, 5. Aufl., S.42-44
[18] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn. 205f
[19] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn. 204
[20] Vgl. BVerwG Urteil vom 18.06.2015 – 2 C 9.14, Rn.23
[21] Vgl. OVG Münster Urt. v. 21.03.2018 – 3d A 1043/14.0, Rn. 84-86
[22] Vgl. BVerfG Beschl. v. 19.02.2003 – 2 BvR 1413/01 Rn. 32-34
[23] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht, S.515
[24] Vgl. VGH Mannheim Urteil v. 22.11.1999 – D 17 S 9/99, S. 14-19
[25] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht, S. 512ff.
[26] Vgl. VGH München Beschl. v. 13.06.1997 – 3 CS 96.380, NVwZ-RR 1998, 666
[27] Vgl. Keller,2023, Disziplinarrecht, S. 519
[28] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn. 599-601
[29] Vgl. BVerwG Urt. v. 28.02.2013 -2 C 62.1, Rn. 50-53
[30] Vgl. VGH Hessen, Beschl. V. 13.05.2013 – 28 A 488/12.D, Rn. 7
[31] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht, S. 105f
[32] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn. 629-632
[33] Vgl. Keller, 2021, Disziplinarrecht Einführung, in PSP, Ausgabe 3/2021, S. 14
[34] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht, S. 314f
[35] Vgl. Herrmann/Sandkuhl, 2021, Rn. 92
[36] Vgl. OVG Münster Urt. v. 25.01.2021 Az. 3d A 4887/18.O Rn. 147f
[37] Vgl. OVG Münster Urt. v. 7.12.2016 Az. 3d A 2529/12.O, Rn. 25-29
[38] Vgl. BVerwG Urteil v. 17.03.2004 D 23.0, S14f
[39] Vgl. RdErl. d. IM mit Stand 27.1.2016: Richtlinien über die Haltung und Benutzung
von Dienstkraftfahrzeugen im Lande Nordrhein-Westfalen (Kraftfahrzeugrichtlinien
KfzR)
[40] Vgl. RdErl. d. IM mit Stand 22.12.2011: Besitz und Führen dienstlich zugewiesener
Schusswaffen und Reizstoffsprühgeräte (RSG) durch Polizeivollzugsbeamtinnen und –
beamte außerhalb des Dienstes
[41] Vgl. Dr. Baßlsperger, 2024, „Kiffen“ im Landtag – Cannabis in der Behörde; abgrufen
von: https://www.rehm-verlag.de/beamtenrecht/blog-beamtenrecht/kiffen-im-landtag-
cannabis-in-der
behoerde/?utm_source=newsletter_intern&utm_medium=email&utm_campaign=beamtenrecht2024&utm_term=16750/ am: 16.05.2024
[42] BVerwG Urt. v. 30.08.2000, Az.: 1 D 37.99
[43] Vgl. BGH, Beschluss v. 4. Februar 2017 Az. 4 StR 422/15
[44] Vgl. Keller, 2023, Disziplinarrecht, S. 399f

