Straf- und eingriffsrechtliche Analyse zum „Upskirting“

von Prof. Dr. Christian Laustetter, FHöV NRW, Abteilung Köln

1. Einleitung

Der Begriff ist neu, das Phänomen an sich existiert seit Etablierung der Handykamera: hinter dem so genannten „Upskirting“ (aus dem Englischen „up“ = nach oben; „Skirt = Rock“) verbirgt sich das heimliche Fotografieren von Frauen unter deren Rock. Dass dies mit einem erheblichen Eingriff in die Intimsphäre der betroffenen Frauen einhergeht, ist selbstverständlich. Nicht selbstverständlich ist hingegen die rechtliche Einordnung. Dabei stellt sich vornehmlich die Frage, ob ein derartiges Verhalten strafrechtlich relevant ist und daran anknüpfend, ob und ggf. welche strafprozessualen bzw. polizeirechtlichen Handlungsspielräume bei Einsatzlagen, die ein Upskirting zum Gegenstand haben, bestehen. Dies soll durch den vorliegenden Beitrag näher beleuchtet werden.

2. Rechtliche Bewertung

Für die rechtliche Bewertung des Upskirting soll zunächst folgender Beispielsfall zugrunde liegen:
A ist voyeuristisch veranlagt. Um seine Neigung zu befriedigen, sucht er das gut besuchte nahegelegene Kaufhaus auf und wartet an der Rolltreppe, dass eine mit einem Rock bekleidete Frau auf dieser nach oben fährt. Als sich die B, die einen kurzen Rock trägt, auf die Rolltreppe begibt, fährt A unmittelbar hinter ihr mit nach oben und fotografiert während der Fahrt mit seiner Handykamera unter deren Rock. A hat nicht vor, die Bilder zu veröffentlichen. Vielmehr sammelt er diese und erfreut sich daran.
Abwandlung: A fertigt die Bilder, um sie auf einer entsprechenden Internetseite hochzuladen. Zu einem Hochladen kommt es letztlich jedoch nicht.

2.1 Strafrechtliche Bewertung

Zunächst soll die strafrechtliche Relevanz des Upskirting beleuchtet werden.

2.1.1 § 201a StGB – Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen

Gemäß § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB macht sich strafbar, wer von einer anderen Person, die sich in einer Wohnung oder einem gegen Einblick besonders geschützten Raum befindet, unbefugt eine Bildaufnahme herstellt oder überträgt und dadurch den höchstpersönlichen Lebensbereich der abgebildeten Person verletzt. Zudem wird nach § 201a Abs. 2 StGB bestraft, wer unbefugt von einer anderen Person eine Bildaufnahme, die geeignet ist, dem Ansehen der abgebildeten Person erheblich zu schaden, einer dritten Person zugänglich macht.
Problematisch ist hier bereits, ob es sich bei der von A gefertigten Aufnahme unter dem Rock der B überhaupt um eine „Bildaufnahme von einer anderen Person“ im Sinne des § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB und des § 201a Abs. 2 StGB handelt. So wird nämlich überwiegend gefordert, dass die betroffene Person hierfür auf dem Bild zu erkennen sein müsse bzw. dass zumindest anhand von Individualisierungsmerkmalen des Bildes oder eines entsprechenden Zusatztextes eine Zuordnung zu einer bestimmten Person vorgenommen werden könne. Dies scheidet bei der von A gefertigten Upskirting-Aufnahme der B aber aus, da – dies sei insofern unterstellt – das Foto (wie es auch in der Regel der Fall sein dürfte) zum einen keine speziellen Identifizierungsmerkmale enthält und A nicht etwa zudem ein Foto vom Gesicht der B angefertigt hat, so dass anhand dessen eine etwaige Zuordnung der Upskirting-Aufnahme zur Person der B möglich wäre.
Eine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 1 Nr. 1 StGB scheitert aber jedenfalls auch deshalb, da von einem besonders geschützten Raum nur sichtgeschützte Räume wie z.B. Toiletten, Umkleidekabinen oder ärztliche Behandlungszimmer erfasst werden und B sich nicht in einem solchen Raum befunden hat.
Bezüglich § 201a Abs. 2 StGB scheidet eine Strafbarkeit darüber hinaus auch deshalb aus, weil A im vorliegenden Fall die Bilder nur für sich behält, ohne dass ein Zugänglichmachen an eine dritte Person erfolgt. Selbst wenn es sich bei der Upskirting-Aufnahme im Einzelfall um eine „Bildaufnahme von einer anderen Person“ handeln sollte und A wie in der Abwandlung bei der Aufnahme vorhätte, das Bild einem anderen zugänglich zu machen, es aber letztlich nicht dazu kommt, bestünde keine Strafbarkeit nach § 201a Abs. 2 StGB, weil die Norm keine Versuchsstrafbarkeit statuiert.

2.1.2 § 33 Kunsturhebergesetz (KunstUrhG)

Bildnisse dürfen nach § 22 KunstUrhG nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Wer entgegen dieser Vorschrift ein Bildnis verbreitet oder öffentlich zur Schau stellt, macht sich nach § 33 KunstUrhG strafbar. Da A im Beispielsfall und in der Abwandlung die Bilder weder verbreitet noch öffentlich zur Schau stellt, besteht hiernach keine Strafbarkeit.
Doch selbst wenn Upskirting-Aufnahmen ohne weitere Information über die abgelichtete Person verbreitet werden, besteht im Regelfall deshalb keine Strafbarkeit nach § 33 KunstUrhG, weil ein Bildnis im Sinne des KunstUrhG – ähnlich wie die Bildaufnahme im Sinne von § 201a StGB – voraussetzt, dass das äußere Erscheinungsbild einer Person erkennbar wiedergegeben wird. Da das Vorliegen eines Bildnisses jedoch selbst dann verneint wird, wenn nur nahestehende Personen wie Freunde und Familie eine Identifizierung der betreffenden Person vornehmen könnten, stellt eine Upskirting-Aufnahme ohne weitere Information über die aufgenommene Person im Regelfall kein Bildnis im Sinne des KunstUrhG dar.

2.1.3 § 185 StGB – Beleidigung

Für eine Beleidigung müsste in dem Verhalten des A ein Angriff auf die Ehre der B durch Kundgabe der Miss- oder Nichtachtung vorliegen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach h.M. einer voyeuristische Beobachtung einer Person in der Regel kein Verhalten innewohnt, mit dem der Täter eine Herabsetzung des Opfers kundgibt oder mit dem ausgedrückt wird, das Opfer habe einen „die Ehre mindernden Mangel an personalem Geltungswert“. Diese Betrachtung resultiert letztlich auch aus dem Verständnis der Rechtsprechung von § 185 StGB als Norm, der gerade nicht die Rolle eines Auffangtatbestands für unsittliche Verhaltensweisen zukommen solle, die nicht unter einen anderen Straftatbestand subsumiert werden können. Dementsprechend scheidet für A auch eine Strafbarkeit wegen Beleidigung nach § 185 StGB aus.

2.1.4 § 184i StGB – Sexuelle Belästigung

Letztlich erfüllt A auch nicht den Tatbestand der sexuellen Belästigung nach § 184i Abs. 1 StGB, da dieser voraussetzt, dass eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt wird, was vorliegend jedoch nicht der Fall ist.

2.1.5 Zwischenergebnis

Demnach lässt sich feststellen, dass Upskirting nach bestehender Rechtslage keinen Straftatbestand erfüllt und sich A im genannten Beispielsfall daher nicht strafbar gemacht hat.

2.2 Ordnungswidrigkeit nach § 118 Abs. 1 OWiG – Belästigung der Allgemeinheit

In Betracht kommt jedoch die Einordnung des Verhaltens des A als Ordnungswidrigkeit der Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 Abs. 1 OWiG. Danach handelt ordnungswidrig, wer eine grob ungehörige Handlung vornimmt, die geeignet ist, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Eine grob ungehörige Handlung liegt dann vor, „wenn sie sich nicht in die für das gedeihliche Zusammenleben der jeweiligen Rechtsgemeinschaft erforderliche Ordnung einfügt und dadurch im deutlichen Widerspruch zur Gemeinschaftsordnung steht“. Das Fotografieren von Frauen unter deren Rock stellt dabei eine sittlich in erheblicher Weise zu missbilligende und von der Gesellschaft nicht akzeptierbare Verhaltensweise dar. Die sexuelle Selbstbestimmung und das allgemeine Persönlichkeitsrecht der betroffenen Frauen werden dadurch in gravierender Weise beeinträchtigt, weshalb im Upskirting eine grob ungehörige Handlung zu sehen ist.
Des Weiteren muss die Handlung geeignet sein, die Allgemeinheit zu belästigen oder zu gefährden und die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. In einem vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Sachverhalt, der ein Upskirting zum Gegenstand hatte, verteidigte sich der „Fotograf“ bezüglich dieses Tatbestandsmerkmals des § 118 Abs. 1 OWiG unter anderem mit der Argumentation, dass eine Eignung der Belästigung oder Gefährdung der Allgemeinheit durch sein Upskirting deshalb nicht vorgelegen habe, weil das Fotografieren unter den Rock von außenstehenden Dritten nicht als solches zu erkennen gewesen sei. Diesem Einwand erteilt das Gericht jedoch zu Recht eine Absage und weist entsprechend des Wortlauts der Norm zutreffend darauf hin, dass es nicht tatsächlich zu einer Belästigung der Allgemeinheit durch die grob ungehörige Handlung gekommen sein müsse, sondern dass die generelle Eignung hierfür ausreiche. Um als Ordnungswidrigkeit nach § 118 Abs. 1 StGB qualifiziert zu werden, müsse das entsprechende Verhalten daher nicht zwingend von anderen Personen wahrgenommen werden, sondern es reiche aus, dass die prinzipielle Möglichkeit der Wahrnehmung bestehe, weil sich das Geschehen an einem allgemein zugänglichen Ort abspiele.
Da A im Beispielsfall die Fotoaufnahmen unter dem Rock von B auf der allgemein zugänglichen und einsehbaren Rolltreppe in einem Kaufhaus gemacht hat, bestand für andere Besucher des Kaufhauses daher eine prinzipielle Wahrnehmungsmöglichkeit des Geschehens, so dass die Handlung auch geeignet war, die Allgemeinheit zu belästigen. Ein anderes Ergebnis kommt hinsichtlich der Eignung zur Belästigung beim Upskirting nur in solchen Sachverhaltskonstellationen in Betracht, in denen eine Wahrnehmungsmöglichkeit der Handlung durch außenstehende, unbeteiligte Dritte von vornherein ausgeschlossen ist. Da sich Upskirting allerdings zumeist im öffentlichen Raum abspielt, dürften solche Konstellationen in der Praxis eher selten auftreten.
Schließlich muss die Handlung auch geeignet sein, die öffentliche Ordnung zu beeinträchtigen. Der Begriff der öffentlichen Ordnung umfasst die „ungeschriebenen Regeln, deren Befolgung nach den jeweils herrschenden und mit dem Wertgehalt des Grundgesetzes zu vereinbarenden sozialen und ethischen Anschauungen als unerlässliche Voraussetzung eines geordneten menschlichen Zusammenlebens innerhalb eines bestimmten Gebiets angesehen wird.“ Solche ungeschriebenen Regeln können unter anderem auch den sittlichen Anstand und das Schamgefühl betreffen. Die heutigen sozialen Anschauungen für ein geordnetes menschliches Zusammenleben gebieten es dabei zwingend, dass das sexuelle Selbstbestimmungsrecht und das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Frauen geschützt wird, indem deren – wenn auch bekleideter – Intimbereich nicht heimlich durch Dritte fotografiert wird. Demnach besteht durch Upskirting auch die Eignung zur Beeinträchtigung der öffentlichen Ordnung.
Demnach hat A durch sein Verhalten den Ordnungswidrigkeitentatbestand der Belästigung der Allgemeinheit nach § 118 Abs. 1 OWiG erfüllt.

2.3 Eingriffsrechtliche Bewertung

Nachdem die materiell-rechtliche Bewertung nunmehr abgeschlossen ist, erweitern wir unseren Beispielsfall um folgende Komponente:
B bemerkt aufgrund des Geräusches der Betätigung der Handykamera die Aufnahme des A unter ihren Rock. Außer sich vor Wut ruft sie die Polizei. Die Streifenwagenbesatzung P1 und P2 erscheint daraufhin im Kaufhaus. B besteht darauf, dass P1 und P2 dem A das Handy wegnehmen, mindestens aber dafür Sorge tragen, dass er das angefertigte Bild von ihrem bekleideten Intimbereich von seinem Handy löscht.

2.3.1 Repressive Maßnahmen

Eine strafprozessuale Beschlagnahme des Handys als Beweismittel nach § 94 StPO und/oder als Einziehungsgegenstand nach § 111b StPO würde jeweils voraussetzen, dass ein Anfangsverdacht einer Straftat besteht. Da jedoch soeben festgestellt wurde, dass allein durch die Aufnahme an sich kein Straftatbestand erfüllt wird, kann auch ein Anfangsverdacht einer Straftat nicht begründet werden. Eine Beschlagnahme des Handys als repressive Maßnahme nach der StPO scheidet damit aus. Unabhängig davon, dass es bereits an einem Anfangsverdacht fehlt, sähe die StPO auch für die von B hilfsweise gewünschte Anordnung von P1 und P2 an A, das angefertigte Foto auf dessen Handy zu löschen, keine Rechtsgrundlage vor. Der Anordnung zur Löschung kommt kein repressiver Charakter zu.
Da jedoch – wie oben festgestellt wurde – durch die Aufnahme des A unabhängig von einer Veröffentlichungsabsicht der Ordnungswidrigkeitentatbestand des § 118 Abs. 1 OWiG verwirklicht ist, wäre eine Identitätsfeststellung bei A gemäß § 53 Abs. 1 Satz 2 OWiG i.V.m. § 163b Abs. 1 Satz 1 StPO sowie eine Beschlagnahme dessen Handys als Beweismittel für das Ordnungswidrigkeitenverfahren unter den Voraussetzungen des § 53 Abs. 2 OWiG i.V.m. §§ 94, 98 StPO möglich.
Eine Beschlagnahme zum Zwecke der Einziehung als Tatmittel scheidet jedoch aus, da § 22 Abs. 1 OWiG normiert, dass als Nebenfolge einer Ordnungswidrigkeit Gegenstände nur eingezogen werden dürfen, soweit das Gesetz es ausdrücklich zulässt. Erforderlich für die Einziehung wäre daher eine explizite spezialgesetzliche Androhung dieser Maßnahme. Für Tatmittel des § 118 Abs. 1 OWiG existiert jedoch keine entsprechende Einziehungsregelung. Da damit die Einziehung des Handys durch die Verwaltung nicht als Nebenfolge in einen möglichen Bußgeldbescheid wegen des Verstoßes gegen § 118 Abs. 1 OWiG aufgenommen werden kann, bleibt damit das Problem, wie von der Verwaltung mit dem Handy zu verfahren ist, wenn dieses – etwa nach Abschluss des Ordnungswidrigkeitenverfahrens – nicht mehr als Beweismittel benötigt wird. Eine Herausgabe an den Betroffenen mit dem aufgenommenen Bild im Speicher gilt es naturgemäß in jedem Falle zu vermeiden. Eine mögliche Lösung hierfür liegt, wie wir noch sehen werden, in den präventiven Maßnahmen.
Hinsichtlich einer möglichen Anordnung der unmittelbaren Löschung der aufgenommenen Fotos von P1 und P2 gegenüber A wegen der begangenen Ordnungswidrigkeit nach § 118 Abs. 1 OWiG besteht neben der auch hier fehlenden Rechtsgrundlage das Problem, dass eine Anordnung gleichbedeutend mit der Vernichtung von Beweismitteln für das Ordnungswidrigkeitsverfahren wäre. Selbst wenn sich A also im vorliegenden Fall nach Konfrontation mit dem Vorwurf durch P1 und P2 freiwillig dazu entschließt, das aufgenommene Bild von B zu löschen, würde dies zu einem Beweismittelverlust im Ordnungswidrigkeitsverfahren führen, der allenfalls dann zu rechtfertigen wäre, wenn A sich bereits vor Ort geständig eingelassen und das entsprechende Bild von P1 und P2 in Augenschein genommen und dies entsprechend dokumentiert worden wäre.

2.3.2 Präventive Maßnahmen

Der Weg zu einer befriedigenden Lösung der Einsatzlage ist daher im Bereich der präventiven Maßnahmen zu suchen.
Ausgangspunkt bilden dabei bzgl. der Anordnung zur Löschung des Fotos zunächst die polizeirechtlichen Generalklauseln, etwa in Nordrhein-Westfalen § 8 Abs. 1 PolG NRW, wonach die Polizei die notwendigen Maßnahmen treffen kann, um eine im einzelnen Falle bestehende, konkrete Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung (Gefahr) abzuwehren sowie bzgl. der Wegnahme des Handys die polizeilichen Vorschriften zur Sicherstellung, etwa in Nordrhein-Westfalen § 43 Nr. 1 PolG NRW, wonach die Polizei eine Sache sicherstellen kann, um eine gegenwärtige Gefahr abzuwehren. Unter dem Begriff der öffentlichen Sicherheit wird nach allgemeinem Verständnis die Unverletzlichkeit der Rechtsordnung, Individualrechtsgüter und der Bestand und die Funktionsfähigkeit des Staates und seiner Einrichtungen verstanden.
Der Straftatbestand des § 201a Abs. 2 StGB, der durch eine Veröffentlichung von Upskirting-Aufnahmen verwirklicht werden könnte, sofern es sich dabei um Bildaufnahmen im Sinne dieser Norm handelt, stellt zwar einen Bestandteil der objektiven Rechtsordnung dar, so dass die öffentliche Sicherheit zunächst betroffen ist. Problematisch ist jedoch, ob eine Gefahr vorliegt. Eine solche liegt vor, wenn eine konkrete Sachlage oder ein konkretes Verhalten bei ungehindertem Ablauf des objektiv zu erwartenden Geschehens mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einem Schaden für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit und Ordnung führen würde. Unabhängig vom oben dargestellten Problem, ob die Upskirting-Aufnahme überhaupt eine Bildaufnahme von einer anderen Person im Sinne von § 201a StGB darstellt, besteht im vorliegenden Ausgangsfall zwar aus objektiver Sicht die prinzipielle Möglichkeit, dass A die Bilder veröffentlichen oder verbreiten könnte. Sofern A vor Ort gegenüber P1 und P2 eine Veröffentlichungsabsicht – zu Recht oder zu Unrecht – bestreitet oder sich überhaupt nicht äußert, wird ohne weiteren Anhaltspunkte eine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit eines Zugänglichmachens für eine dritte Person schwerlich begründet werden können; allein die Aufnahme an sich wird regelmäßig als Anhaltspunkt für ein hinreichend wahrscheinliches Zugänglichmachen an Dritte nicht ausreichen. Über § 201a Abs. 2 StGB als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit lässt sich daher eine präventiv-polizeiliche Maßnahme im vorliegenden Fall nicht rechtfertigen.
Doch auch der Weg über § 118 Abs. 1 OWiG als Bestandteil der öffentlichen Sicherheit ist im vorliegenden Fall nicht erfolgversprechend. Zwar könnte man auf den ersten Blick auf die Idee kommen, aufgrund der von A durch die Anfertigung der Upskirting-Aufnahme begangenen Ordnungswidrigkeit eine Störung und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne der polizeilichen Generalklausel bzw. eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 43 Nr. 1 PolG NRW anzunehmen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Störung nur dann vorliegt, wenn die bereits realisierte Gefahr auch fortwährend weiterbesteht. Dies ist vorliegend aber nicht der Fall. Der Verstoß gegen § 118 Abs. 1 OWiG durch Belästigung der Allgemeinheit ist durch die einmalige Fertigung der Upskirting-Aufnahme vollendet und wirkt auch nicht durch den Besitz der Aufnahme fort.
Sofern A bislang auch nicht mit einem ähnlichen Verhalten auffällig geworden ist und keine konkretisierbaren Anhaltspunkte begründet werden können, dass er erneut von Frauen Upskirting-Aufnahmen fertigen wird, besteht daher auch keine Gefahr eines erneuten Verstoßes gegen § 118 Abs. 1 OWiG.
Es bleibt jedoch ein zielführender Weg. Dieser führt zum einen über das Recht am eigenen Bild, welches eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts aus Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, konkret des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung, bildet. Dieses umfasst das Recht des Einzelnen, zu entscheiden, ob und inwiefern die Anfertigung und das Verwenden von Fotografien von seiner Person zugelassen werden. Dieses Recht am eigenen Bild ist – wie auch das allgemeine Persönlichkeitsrecht an sich – Bestandteil der öffentlichen Sicherheit.
Allein die Tatsache, dass A eine von B nicht zu duldende Upskirting-Aufnahme gefertigt hat, tangiert deren Recht am eigenen Bild und zudem auch deren Intimsphäre, die ebenfalls durch das allgemeine Persönlichkeitsrecht geschützt ist. Dieser Rückgriff auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht wird vorliegend auch nicht durch die Vorschriften der §§ 22 f. KunstUrhG gesperrt, da in der konkreten Situation allein die Fertigung der Upskirting-Aufnahme einen spezifischen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht von B darstellt.
Einer von P1 und P2 vor Ort gegenüber A diesbezüglich zu treffenden Maßnahme steht auch die Subsidiaritätsklausel des § 1 Abs. 2 PolG NRW nicht entgegen, wonach der Schutz privater Rechte der Polizei nur dann obliegt, wenn gerichtlicher Schutz nicht rechtzeitig zu erlangen ist und wenn ohne polizeiliche Hilfe die Verwirklichung des Rechts vereitelt oder wesentlich erschwert würde. B steht gegen A wegen der gegen ihr Recht am eigenen Bild und der Intimsphäre zuwiderlaufenden Upskirting-Aufnahme ein Löschungsanspruch aus § 823 Abs. 1 i.V.m. 1004 BGB zu, den sie an sich auch gerichtlich durchsetzen könnte. Die Dringlichkeit des polizeilichen Handelns besteht jedoch deshalb, da der gerichtliche Schutz für B in der konkreten Situation nicht rechtzeitig zu erlangen ist, zumal A ohne polizeiliche Maßnahmen vor Ort die unbefugte Verfügungsmöglichkeit über die Upskirting-Aufnahme von B erhält, was die Gefahr nicht kontrollierbarer Vervielfältigungs- und Übertragungsmöglichkeiten mit sich bringt, die die Verwirklichung eines Löschungsanspruchs zumindest wesentlich erschweren würden.
Durch die dem Recht am eigenen Bild und der Intimsphäre zuwiderlaufende Upskirting-Aufnahme und A`s fortdauernden Besitz hieran auf dessen Handy liegt eine Störung und damit eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit im Sinne der Generalklausel des § 8 Abs. 1 PolG NRW (Löschungsaufforderung) und auch eine gegenwärtige Gefahr im Sinne des § 43 Nr. 1 PolG NRW (Wegnahme des Handys) vor. Der Unterschied zu der zuvor dargestellten Konstellation bei § 118 Abs. 1 OWiG als betroffener Bestandteil der öffentlichen Sicherheit besteht nunmehr darin, dass A fortwährend durch den Besitz der Upskirting-Aufnahme das Recht der B am eigenen Bild samt deren Intimsphäre beeinträchtigt. Die öffentliche Sicherheit wird demnach fortdauernd verletzt, so dass sowohl der Tatbestand der Generalklausel des § 8 Abs. 1 PolG als auch der Sicherstellung nach § 43 Nr. 1 PolG NRW erfüllt ist.
Auf der Rechtsfolgenseite erscheinen sowohl die auf § 8 Abs. 1 PolG NRW gestützte Aufforderung, die Bilder zu löschen als auch die auf § 43 Nr. 1 PolG NRW gestützte Sicherstellung des Handys, mit dem die Aufnahme gefertigt wurde, geeignete Maßnahmen zur Beseitigung der fortwährenden Störung. Welche Maßnahme hierbei zu wählen ist, muss im Einzelfall unter Berücksichtigung der konkreten Umstände gerade unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit entschieden werden. Zu berücksichtigen ist dabei jedoch, dass in Zeiten der Möglichkeit der technischen Rekonstruktion gelöschter Aufnahmen auch durch Laien mittels entsprechender IT-Anwendungen insbesondere fraglich ist, ob eine Aufforderung zur Löschung gegenüber einer möglichen Sicherstellung ein gleich geeignetes Mittel darstellt. Zwar dürfte sich hier jede pauschale Lösung verbieten. Angesichts des Grades des hier beeinträchtigten Rechtsguts bei der aufgenommenen Person erscheint eine Sicherstellung des Handys, selbst wenn der Betroffene zur Löschung der Aufnahmen bereit ist, jedoch nicht unverhältnismäßig. Hier wird es maßgeblich auf den Eindruck der eingesetzten Polizeibeamten vor Ort ankommen. Ggf. ist auch in Betracht zu ziehen, z.B. lediglich die SD- Karte sicherzustellen, sofern diese als Speicherort für Handyaufnahme festgelegt ist und dies vor Ort auch nachvollzogen werden kann.

3. Fazit

Mit dem Polizeirecht lassen sich Einsatzlagen, die ein Upskirting zum Gegenstand haben, in ausreichendem Maße bewältigen. Ob der Gesetzgeber sich dazu entschließen wird, einen eigenen Upskirting-Straftatbestand zu schaffen, bleibt abzuwarten. Hilfreich aus eingriffsrechtlicher Sicht wäre es jedenfalls, wenn für Tatmittel des § 118 OWiG und damit für die Aufnahmegeräte beim Upskirting eine Einziehungsmöglichkeit geschaffen würde.