Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst – Gerichtsentscheidung

von Ernst Böttcher, Rechtsanwalt, Hanau

Sachverhalt

Der Antragsteller wehrte sich mit seinem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin, mit dem das Verwaltungsgericht seine Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst zur Ausbildung für das zweite Staatsexamen versagt hatte. Hintergrund war die Tatsache, dass er im Jahr 2015 vom LG Saarbrücken wegen Betrugs in 144 Fällen zu einer Jugendstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt wurde. Das LG Berlin hatte ihn dann im Juli 2017 wegen Urkundenfälschung in 170 Fällen zu einer Jugendstrafe von 4 Jahren verurteilt.

Die Strafen waren Anfang 2018 zur Bewährung ausgesetzt worden. Das Kammergericht versagte die Zulassung zum juristischen Vorbereitungsdienst mit der Begründung, dass zuerst die Bewährungszeit verstreichen müsse, bevor eine Zulassung in Frage käme. Der Antragsteller hatte im Gefängnis sein Studium fortgesetzt und sein Examen mit Prädikat abgelegt. Das Oberverwaltungsgericht störte sich an dem Begriff „Freiheitsstrafe“ in § 20 Abs. 3 Nr. 2 JAO. Hier hatte der Antragsteller argumentiert, dass es sich bei dieser Jugendstrafe nicht um eine Freiheitsstrafe im vorgenannten Sinne handele.

 

Entscheidung

Dem folgte das Oberverwaltungsgericht. Es ist der Ansicht, dass bei systematischer Betrachtung die Berliner Juristen-Ausbildungsordnung Jugendstrafen nicht mit Freiheitsstrafen gleichstellen will. Die Anwendung des Jugendrechts für Heranwachsende sei ein Zugeständnis des Gesetzgebers auf eine etwaige entwicklungsbedingte Unreife von Heranwachsenden, die mit Vollendung des 21. Lebensjahres ende. Ohne es direkt auszusprechen, sieht das Gericht offensichtlich in der Tatsache, dass das verurteilende Gericht Jugendrecht angewendet hat, eine zum Zeitpunkt der Taten entwicklungsbedingte „juvenile“ Unreife, die als weniger gravierend gegenüber einer gleichartigen Verurteilung im Erwachsenenrecht betrachtet werden muss.

Das Gericht hob daher das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin auf und wies das Verfahren zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der Auffassung des Oberverwaltungsgerichts an das erstinstanzliche Gericht zurück.

Der Antragsteller hatte noch verlangt, dass er in den juristischen Vorbereitungsdienst aufgenommen werden sollte. Dem hat das Gericht nicht entsprochen, weil es für den Vorbereitungsdienst eine Warteliste gibt. Für den Fall der Verpflichtung zur Aufnahme in den Vorbereitungsdienst wäre er gegenüber anderen Mitbewerbern bevorzugt worden, was nicht rechtens gewesen wäre.

Es ist jedoch fraglich, ob die Einbeziehung der Rechtsansicht des Oberverwaltungsgerichts in  diesem Fall wirklich zu einer anderen Entscheidung führt, da der Antragsteller seit Ende des Jahres 2019 wegen erneuter Betrügereien wieder in Untersuchungshaft sitzen soll.