Ausländische Kfz-Anhänger im deutschen Straßenverkehr

von POK Martin Maibach

Unter welchen Bedingungen dürfen ausländische[2] Anhänger ohne Zulassung lediglich mit Wiederholungskennzeichen in Deutschland hinter Kraftfahrzeugen gezogen werden? Insbesondere durch den „Brexit“ kommt diesen Fragen seit Anfang 2021 eine hohe Relevanz zu.

1 Situation bei deutschen Fahrzeugen

Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 2 Nr. 2 FZV[3] dürfen Anhänger im deutschen Straßenverkehr grundsätzlich nur verwendet werden, wenn sie über eine deutsche Zulassung verfügen. Unter den Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 4 FZV entfällt die Zulassungspflicht für bestimmte Arten von Anhängern (z.B. im forst- und landwirtschaftlichen Betrieb, im Schaustellergewerbe oder für Spezialanhänger zur Beförderung zu Sportzwecken). Unter Umständen müssen solche Anhänger gem. § 4 FZV ein Wiederholungskennzeichen des Zugfahrzeugs führen.

Die Regelungen (also auch bzgl. der Zulassungsfreiheit bestimmter Anhänger und sonstiger Fahrzeuge) des § 3 FZV gelten nur für Fahrzeuge mit regelmäßigem Standort in Deutschland.[4]

Auf die rechtlichen Besonderheiten der zulassungsfreien deutschen Anhänger soll hier nicht weiter eingegangen werden.

2 Situation bei ausländischen Fahrzeugen

Während die Zulassungsfreiheit von Anhängern im deutschen Zulassungsverfahren die Ausnahme darstellt, ist es in anderen Staaten (z.B. im Vereinigten Königreich[5]) sogar der Regelfall, dass Anhänger keine eigene Zulassung erhalten, sondern in der des Zugfahrzeugs miterfasst sind und lediglich ein Wiederholungskennzeichen führen, wenngleich eine gesonderte Zulassung gegen Aufpreis möglich ist. Nun stellt sich die Frage, ob und unter welchen Bedingungen der Betrieb solcher Gespanne auch auf deutschen Straßen zulässig ist.

Dazu besteht nach deutschem Recht eine Unterscheidung zwischen ausländischen Gespannen allgemein und solchen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR)[6].

2.1 Allgemeine Regelung nach dem Wiener Übereinkommen

Das „Wiener Übereinkommens über den Straßenverkehr vom 8.11.1968“ regelt gewisse Grundregeln bzgl. des Straßenverkehrs, auf deren Einhaltung sich bislang 85 Staaten[7] einigen konnten. Sinn dieses Übereinkommens ist es, den internationalen Straßenverkehr zu vereinfachen und eine gewisse Rechtssicherheit länderübergreifend zu gewährleisten.

Deutschland hat dieses Übereinkommen durch Verabschiedung eines Gesetzes[8] ratifiziert, woraus folgt, dass das Wiener Übereinkommen im Bundesgebiet unmittelbare Gesetzeskraft begründet.

Gem. Artikel 35 Nr. 1 a. der aktuellen Fassung des Übereinkommens müssen „leichte Anhänger“ (gem. Artikel 1 s. solche mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis 750 kg) nicht zwingend zugelassen werden. Daraus folgt, dass der Betrieb ebensolcher zulassungsfreier Anhänger auch auf deutschen Straßen zulässig ist, sofern diese im Zulassungsstaat des Zugfahrzeugs dem geltenden Recht entsprechen und das zulässige Gesamtgewicht von 750 kg nicht überschreiten. Weiterhin sind gem. § 21 Abs. 1 S. 3 FZV das Anbringen eines Wiederholungskennzeichens und gem. § 21 Abs. 2 FZV ein Unterscheidungszeichen (also ein Nationalitätenzeichen) obligatorisch.

2.2 Privilegierung von EWR-Gespannen

Zulassungsfreie Anhänger, die hinter im EWR zugelassenen Zugfahrzeugen gezogen werden, genießen gem. § 20 Abs. 1a FZV über das Wiener Übereinkommen hinausgehende Privilegien. Solche dürfen nämlich unabhängig von ihrem zulässigen Gesamtgewicht auch in Deutschland ohne Zulassung betrieben werden, sofern dies im Zulassungsstaat des Zugfahrzeugs rechtens ist und gem. § 21 FZV ein Wiederholungskennzeichen und ein Unterscheidungszeichen angebracht sind. Zudem darf für solche Gespanne, wie auch für die die unter Punkt 2.1, in Deutschland kein regelmäßiger Standort begründet sein.

Diese Vorzugsbehandlung ist für Fahrzeuge aus anderen als EWR-Staaten ausgeschlossen.[9] Da das Vereinigte Königreich seit dem 1.1.2021 bekanntlich endgültig kein Mitgliedstaat der Europäischen Union bzw. des Europäischen Wirtschaftsraums mehr ist, genießen britische Gespanne nicht mehr die Vorzüge des § 20 Abs. 1 a FZV. Britische Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 750 kg müssen für den Betrieb auf deutschen Straßen also stets zugelassen werden.

Obwohl im Vereinigten Königreich Anhänger auf Antrag eine eigene Zulassung erhalten können, stellt dies dort die absolute Ausnahme dar. Selbst etliche Tonnen schwere Sattelauflieger führen i.d.R. lediglich das Wiederholungskennzeichen der Sattelzugmaschine und besitzen keine eigene Zulassung.

Obwohl hier ein Verstoß gegen deutsches Recht vorliegt, sind eine Vielzahl solcher Kombinationen nach wie vor (Stand: November 2021) im deutschen Straßenverkehr anzutreffen.

3 Rechtsfolgen der unterbliebenen Zulassung

Nun stellt sich die Frage, welche rechtlichen Folgen der Betrieb eines nicht zugelassenen, aber zulassungspflichtigen Anhängers in Deutschland begründet.

3.1 Ordnungswidrigkeit

Der Betrieb eines Fahrzeugs (gem. § 2 Nr. 3 FZV also auch eines Anhängers) ohne gem. § 3 Abs. 1 FZV vorgeschriebene Zulassung stellt für den Fahrzeugführer zunächst eine Ordnungswidrigkeit dar. Gem. Nr. 175 BKatV[10] ist ein Regelsatz von 70,- € Bußgeld zzgl. einem Punkt (A-Verstoß) vorgesehen (TB-Nr.: 803600).

Gem. § 3 Abs. 4 FZV begeht auch der Halter eines solchen Anhängers eine Ordnungswidrigkeit, welche mit einem Regelsatz von 70,- € ohne Punkt geahndet wird (TB-Nr.: 803500).

3.2 Keine Straftat nach dem PflVG

Eine Straftat gem. § 6 PflVG[11] wegen fehlender Haftpflichtversicherung scheidet aus, da für diese gem. § 1 PflVG ein regelmäßiger Standort des Fahrzeugs in Deutschland erforderlich ist.

3.3 Keine Straftat nach dem AuslPflVG

Von einer Straftat wegen fehlender Haftpflichtversicherung gem. § 9 AuslPflVG[12] kann ebenfalls nicht ausgegangen werden; sollte der zulassungsfreie Betrieb des Anhängers im Herkunftsstaat legal sein, so muss davon ausgegangen werden, dass die Versicherung des Zugfahrzeugs auch den Anhänger umfasst.

Andernfalls würde bei einem gem. § 20 Abs. 1a FZV legalen Betrieb eines zulassungsfreien EWR-Anhängers in Deutschland ebenfalls stets ein Verstoß gegen § 9 AuslPfVG vorliegen, da für solche Fahrzeuge auch keine gesonderte Haftpflichtversicherung abgeschlossen wird. Dadurch würde die Privilegierung ad absurdum geführt. Ergo kann auch für einen im Drittstaat zulassungsfreien Anhänger in Deutschland kein Verstoß gegen § 9 AuslPflVG angenommen werden.

3.4 Mögliche Steuerhinterziehung

Durch die fehlende Zulassung des Anhängers liegt gem. § 2 Abs. 5 S. 1 KraftStG[13] zwar eine widerrechtliche Nutzung vor, welche gem. § 1 Abs. 1 Nr. 3 KraftStG der Kraftfahrzeugsteuer unterliegt. Gem. § 2 Abs. 5 S. 2 KraftStG entfällt diese Besteuerung jedoch, wenn das Halten des Fahrzeugs von der Steuer befreit wäre. Dies ist gem. § 3 Nr. 13 KraftStG u.a. bei ausländischen Fahrzeugen, die nur vorübergehend in Deutschland sind, der Fall, weshalb grundsätzlich auch keine Steuerhinterziehung gem. § 370 AO[14] vorliegt.

Die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 13 KraftStG fällt bei der entgeltlichen Beförderung von Personen oder Gütern jedoch wieder weg, was bei einem britischen Sattelzug mit Ladung beispielsweise der Fall ist. Steuerschuldner ist in einem solchen Fall der Fahrer als widerrechtlicher Nutzer gem. § 7 Nr. 3 KraftStG. Mangels abgegebener Steuererklärung kann hier gem. § 370 AO eine Steuerhinterziehung (Straftat) vorliegen, mindestens jedoch gem. § 378 AO eine leichtfertige Steuerverkürzung (Ordnungswidrigkeit).

3.5 Untersagung der Weiterfahrt

Gem. polizeirechtlicher Generealklausel (Landesrecht) kann zum Schutze der Rechtsordnung die Weiterfahrt untersagt werden. Hierbei ist, wie bei allen Maßnahmen, aber der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

4 Zusammenfassung

  • Ausländische Anhänger mit einem zulässigen Gesamtgewicht bis zu 750 kg dürfen ohne Zulassung in Deutschland mit Wiederholungskennzeichen und Nationalitätenzeichen betrieben werden, wenn dies im Zulassungsstaat des Zugfahrzeugs legal ist und kein regelmäßiger Standort in Deutschland besteht.
  • Ausländische Anhänger mit einem höheren Gesamtgewicht als 750 kg dürfen ohne Zulassung nur dann in Deutschland gebraucht werden, wenn das Zugfahrzeug im Europäischen Wirtschaftsraum zugelassen ist, das Gespann dort seinen regelmäßigen Standort hat und eine solche Kombination dort legal ist. Auch hier sind Wiederholungskennzeichen und Nationalitätenzeichen erforderlich.
  • Wird ein Anhänger ohne die erforderliche Zulassung betrieben, liegt mindestens eine Ordnungswidrigkeit gem. § 3 FZV vor, möglicherweise auch eine Straftat gem. § 370 AO.
  • Eine Untersagung der Weiterfahrt ist gem. Polizeirecht in jedem Einzelfall zu prüfen.

[1] Martin Maibach ist im Polizeivollzugsdienst tätig. Nach Absolvierung des Studiums mit dem akademischen Titel „Diplom-Verwaltungswirt (Fachhochschule)“ erfolgten verschiedene Verwendungen im Polizeidienst. Regelmäßig veröffentlicht er im Rahmen einer Nebentätigkeit Fachartikel zu polizeispezifischen Themen.

[2] Die Begriffe „ausländische Anhänger“ und „deutsche Anhänger“ beziehen sich hier auf den Zulassungsstaat des Anhängers bzw. dessen Zugfahrzeugs, nicht etwa auf deren Hersteller.

[3] Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV), Rechtsverordnung vom 3.2.2011 (BGBl. I S. 139), zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3091) geändert

[4] Dauer in Hentschel / König / Dauer, § 3 FZV Rdnr 4

[5] gvn.de: „Britisches Zulassungssystem für Anhänger/Auflieger beim Einsatz von Mischkombina“, https://www.gvn.de/?seite=moebelspedition/home&beitrag=235/2840 (Zugriff am 9.11.2021)

[6] Besteht aus den Mitgliedstaaten der Europäischen Union sowie Island, Liechtenstein und Norwegen

[7] un.org: „United Nation Treaty Collection“, https://treaties.un.org/pages/ViewDetailsIII.aspx?src=TREATY&mtdsg_no=XI-B-19&chapter=11&Temp=mtdsg3&lang=en (Zugriff am 9.11.2021)

[8] Gesetz zu den Übereinkommen vom 8. November 1968 über den Straßenverkehr und über Straßenverkehrszeichen, zu den Europäischen Zusatzübereinkommen vom 1. Mai 1971 zu diesen Übereinkommen sowie zum Protokoll vom 1. März 1973 über Straßenmarkierungen, Gesetz vom 21.9.1977 (BGBl. II S. 809)

[9] Dauer a.a.O., § 20 FZV Rdnr 13

[10] Verordnung über die Erteilung einer Verwarnung, Regelsätze für Geldbußen und die Anordnung eines Fahrverbotes wegen Ordnungswidrigkeiten im Straßenverkehr (Bußgeldkatalog-Verordnung – BKatV), Rechtsverordnung vom 14.3.2003 (BGBl. I S. 498), zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 13. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4688) geändert

[11] Gesetz über die Pflichtversicherung für Kraftfahrzeughalter (Pflichtversicherungsgesetz), Gesetz vom 5.4.1965 (BGBl. I S. 213), zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 12. Juli 2021 (BGBl. I S. 3108) geändert

[12] Gesetz über die Haftpflichtversicherung für ausländische Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger, Gesetz vom 24.7.1956 (BGBl. III S. 925-2), zuletzt durch Artikel 496 der Verordnung vom 31. August 2015 (BGBl. I S. 1474) geändert

[13] Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG 2002), Gesetz vom 26.9.2002 (BGBl. I S. 3818), zuletzt durch Artikel 1 des Gesetzes vom 16. Oktober 2020 (BGBl. I S. 2184) geändert

[14] Abgabenordnung (AO), Gesetz vom 1.10.2002 (BGBl. I S. 3866; 2003 I S. 61), zuletzt durch Artikel 33 des Gesetzes vom 5. Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607) geändert