Das Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten

Dr. phil. Manfred Reuter, Hennef[1]

1 Zum Thema

Im Februar 2021 bringt die Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD ihren „Gesetzentwurf zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften“ in den Deutschen Bundestag ein.[2] Hier wird insbesondere die seit langem strittige Frage, ob und wenn ja in welchem Umfang BeamtInnen Tätowierungen haben dürfen, gesetzlich geregelt.

Am 21.04.2021 legt der federführende Rechtsausschuss seine Beschlussempfehlung mit Bericht, der wenige Änderungen des Gesetzentwurfs enthält, dem Bundestag vor. Dieser nimmt die geänderte Fassung in seiner Sitzung am 22.04.2021 mit den Stimmen der Regierungs-Fraktionen und der AfD-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Die Linke. bei Enthaltung der FDP-Fraktion sowie der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an. Am 07.05.2021 hat der Bundesrat zugestimmt. Die Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt ist am 06.07.2021 erfolgt, so dass das Gesetz am 07.07.2021 in Kraft tritt.

Nachfolgend nehme ich die Neuerungen bzgl. des Erscheinungsbildes im Bundesbeamtengesetz (BBG) und dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in den Blick. Soweit möglich, sollen dabei aus den parlamentarischen Schriftstücken erste Definitionen für neu eingeführte Gesetzesmerkmale erarbeitet werden. Diese Gesetzesmerkmale werden durch Unterstreichung im Text hervorgehoben.

2 Die Gesetzesänderung im Einzelnen

2.1 Einleitung

Am 17.11.2017 hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) mit dem Urteil – 2 C 25.17 – entschieden, dass Regelungen des zulässigen Ausmaßes von Tätowierungen bei BeamtenInnen einer hinreichend bestimmten gesetzlichen Ermächtigung bedürfen.[3] Die bis dato im Beamtenrecht des Bundes und der meisten Länder gängigen Regelungen durch Verwaltungsvorschrift oder Erlass, die sich beispielsweise auf den § 74 BBG, der generellen Befugnis zur Regelung der Dienstkleidung stützen, genügen dem nicht. Anders als Vorgaben zur Dienstkleidung oder ein Trageverbot bestimmter Schmuckstücke während des Dienstes greift ein Verbot von Tätowierungen auch in die private Lebensführung und subjektive Rechte der BeamtInnen ein. Es betrifft das auch ihnen zustehende allgemeine Persönlichkeitsrecht aus Artikel 2 I i.V.m. Artikel 1 I Grundgesetz sowie ihr Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 II Satz 1 und ist daher gesetzlich zu regeln. Dies hat bereits dazu geführt, dass die Verwaltungsgerichte in einigen Bundesländern ihre Rechtsprechung den Maßstäben des BVerwG angepasst haben.[4]

Laut BVerwG hat ein solches Gesetz die anzuwendenden Maßstäbe für Inhalt, Art und Ausmaß der akzeptablen bzw. nicht akzeptablen Tätowierungen für PolizistInnen festzulegen. Einer Regelung sämtlicher Details bedarf es dabei jedoch nicht. Diese könnten durchaus in Form eines Erlasses oder einer Verwaltungsvorschrift erfolgen und sollten praxisrelevante Konstellationen berücksichtigen.[5]

Im nunmehr erlassenen Gesetz zur Regelung des Erscheinungsbilds von Beamtinnen und Beamten werden insbesondere die §§ 61 BBG sowie § 34 BeamtStG neu gefasst.[6] Dabei werden die korrespondierenden §§ 7 BBG und 7 BeamtStG, die die Berufung in das Beamtenverhältnis betreffen, angepasst.

2.2 § 61 BBG – Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild[7]

§ 61 – Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild

(1) 1Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. 2Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. 3Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. 4Sie dürfen ihr Gesicht bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(2) 1Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. 2Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. 3Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. 4Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. 5Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. 6Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(2) (3) 1Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.

a) Überschrift

Die in der bisherigen Überschrift angeführten Begriffe „Aufgaben“ und „Verhalten“ sind um die Begriffe „und Erscheinungsbild“ zu erweitern, da diesbezüglich Neuerungen in den Absatz II aufgenommen werden.[8]

b) Absatz I

Im ersten Absatz werden die bisherigen Sätze 1 bis 3 unverändert übernommen. Das Verhüllungsverbot im bisherigen Satz 4 wird gestrichen und inhaltsgleich in den sechsten Satz des neuen Absatz II übernommen.

c) Absatz II

Der Absatz wird mit folgender Begründung neu eingeführt: Bei der Ausübung ihrer hoheitsrechtlichen Befugnisse treten BeamtInnen den BürgerInnen als RepräsentantInnen des Staates und nicht als „Privatperson“ gegenüber. In dieser Funktion muss gem. Absatz I Satz 3 bereits jetzt ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert. Dazu gehört auch ihr Auftreten und damit untrennbar verbunden ihr Erscheinungsbild. Dies gilt in besonderem Maße für BeamtInnen, die Dienstkleidung wie beispielsweise Uniform tragen. Die Uniform ist Kennzeichnung der Zugehörigkeit zur Institution Polizei und betont die amtlichen Funktion ihrer TrägerInnen. Maßnahmen sollen von BürgerInnen losgelöst von den handelnden BeamtInnen als Maßnahmen des Staates wahrgenommen werden. Daher kann es ggf. erforderlich sein, konkrete Vorgaben zum Erscheinungsbild zu machen bzw. bestimmte Formen zu untersagen. Bislang erfolgen diese Vorgaben im Bund und den Ländern überwiegend im Rahmen der generellen Regelung der Dienstkleidung, bei BundesbeamtInnen gem. § 74 BBG.

2017 hat jedoch das BVerwG in einem Urteil entschieden, dass Einschränkungen oder Untersagungen von Formen des Erscheinungsbilds einer gesetzlichen Leitentscheidung bedürfen und nicht gänzlich der Exekutiven zu überlassen sind. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass dadurch unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds betroffen sein können, die auch in den privaten Bereich der BeamtInnen hineinwirken. In materieller Hinsicht dürfen nur solche Formen des Erscheinungsbildes geregelt werden, die geeignet sind, bei BürgerInnen Zweifel an der unvoreingenommenen Amtsführung der BeamtInnen hervorzurufen bzw. ihre Repräsentationsfunktion zu beeinträchtigen. Dabei wäre maßgeblich auf die allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen abzustellen.

Hier bezieht sich der Gesetzgeber auf drei Studien, die zu folgenden Ergebnissen kommen: Tätowierungen haben zwar in der gesellschaftlichen Akzeptanz zugenommen, allerdings bestehen in weiten Teilen der Bevölkerung noch erhebliche Vorbehalte. Uniformierte BeamtInnen mit sichtbarer Tätowierung werden als etwas weniger kompetent und vertrauenswürdig wahrgenommen als nichttätowierte UniformträgerInnen. Ihnen wird zudem weniger Respekt entgegengebracht. Dies gilt auch bei Piercings oder sog. Tunneln. Dann werden insbesondere Uniformträger weniger als RepräsentantInnen der staatlichen Institution Polizei, sondern erheblich stärker als Individuum und Privatperson wahrgenommen.

Nach Ansicht des Gesetzgebers muss das Vertrauen der BürgerInnen in die neutrale und unparteiische Amtsführung der AmtswalterInnen gestärkt werden, da es wesentliche Voraussetzung für die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung ist.

Der neu eingeführte Absatz II enthält die diesbezüglichen gesetzlichen Regelungen zum Erscheinungsbild von BeamtInnen.

Der Satz 1 im Absatz II knüpft an Absatz I Satz 3 an, wonach das Verhalten der BeamtInnen innerhalb und außerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden muss, die ihr Beruf erfordert.

Verhalten Dazu zählt auch das Auftreten gegenüber den BürgerInnen, mit dem das Erscheinungsbild untrennbar verbunden ist.

Daher wird im Absatz II Satz 1 bestimmt, dass BeamtInnen bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen haben.

Tätigkeiten mit unmittelbarem Dienstbezug Alle Tätigkeiten, die nicht in Ausübung des Dienstes erfolgen, jedoch in unmittelbaren Zusammenhang mit der Dienstausübung stehen. Entscheidend ist, dass ein objektiver Beobachter bei Würdigung der Gesamtumstände nicht erkennen kann, ob die BeamtInnen der Tätigkeit in Ausübung des Dienstes nachgehen oder nicht. Als Beispiele werden genannt: das Tragen der Dienstkleidung auf oder vom Weg zum Dienst, der öffentliche Auftritt in Dienstkleidung in der Freizeit bei einer Podiumsdiskussion.

Nach Absatz II Satz 2 kann ein bestimmtes Merkmal im äußeren Erscheinungsbild der BeamtInnen von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordern.

Erscheinungsbild Beispielhafte Merkmale des Erscheinungsbildes sind Kleidung, Haar-/Barttracht, Schmuck (einschl. Piercings), sichtbare Symbole und Tätowierungen sowie Körperschmuck (Brandings, Mehndis, Bodypaintings, Dermal Implants, Cuttings, Scars).

Sichtbarer Körperbereich Ist der Körperbereich, der von der getragenen Kleidung nicht abgedeckt wird. Bei PolizeivollzugsbeamtInnen dient die zu tragende Uniform als Maßstab. Wird dabei die Sommeruniform zu Grunde gelegt, sind dies Kopf, Hals, Hände und Unterarme. Ausgenommen sind solche Formen, die mit bloßem Auge bei einem natürlichen Mindestabstand nicht erkennbar sind. Ebenso Körpermodifikationen, die so klein sind, dass sie nicht ohne Weiteres zu erkennen sind.

Einschränkung Ist das durch die oberste Dienstbehörde erlassene Verbot ein bestimmtes Erscheinungsmerkmal zu zeigen.

Ausnahme für die Einschränkung Es gilt nicht, wenn der Kontakt mit BürgerInnen ausgeschlossen ist, z.B. beim Dienstsport. Diesbezügliche Einzelheiten können in einer Rechtsverordnung geregelt werden.

Untersagung Ist das durch die oberste Dienstbehörde erlassene Verbot ein bestimmtes Erscheinungsmerkmal zu tragen.

Erforderlichkeit Untersagung Eine Untersagung ist grundsätzlich nur geboten, wenn Tätigkeiten mit Außenkontakt, dem unmittelbare Kontakt mit BürgerInnen besteht. Im Einzelfall auch dann, wenn BeamtInnen aktuell keinen solchen haben, ein solcher aber in der jeweiligen Laufbahn zu einem späteren Zeitpunkt zumindest in Betracht kommt.

Unverhältnismäßigkeit Untersagung Dies kann der Fall sein, wenn Tätowierungen und vergleichbare Formen des Körperschmucks in praktikabler Weise abgedeckt werden können. Dadurch darf jedoch die Einsatzfähigkeit der BeamtInnen nicht beeinträchtigt sein sowie durch die Gestaltung der Abdeckung die neutrale Amtsführung, die Achtung und der Respekt in die Handlungen und das Verhalten der BeamtInnen nicht beeinträchtigt werden. Einer Abdeckung kann u.a. entgegenstehen, dass diese einen ähnlichen Effekt wie die Tätowierung selbst hätte. Beispiele: großflächige Abkleben des Halses/ Gesichtes,  auffällige farbliche Abklebung.

Dauerhafter Körperschmuck Ist ein solcher, der nicht ohne Eingriff in die körperliche Unversehrtheit entfernt werden kann. Die Entscheidung kann dann unabhängig von einer aktuellen Funktion ohne Außenkontakt unter dem Aspekt der Verwendungsbreite innerhalb der jeweiligen Laufbahn getroffen werden. Der Dienstherr muss sich die Möglichkeit offenhalten, BeamtInnen auch zukünftig in allen Funktionen ihrer jeweiligen Laufbahn einsetzen zu können. Der dritte Satz des Absatzes II bezieht sich auf die Formulierung „soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert“, die sich am Ende des vorherigen zweiten Satzes befindet. Er ist die diesbezügliche Legaldefinition.

Erforderlichkeit Einschränkung/Untersagung Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der BeamtInnen in den Hintergrund zu drängen. Sie müssen die Selbstdarstellung seiner TrägerInnen derart betonen, dass ihre amtliche Funktion in den Augen des Gegenübers zwangsläufig in den Hintergrund tritt und vom individuellen Ausdruck der BeamtInnen unverhältnismäßig überlagert wird. Der Satz 4 stellt klar, dass religiöse oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 nur dann eingeschränkt oder untersagt werden können, wenn sie objektiv geeignet sind, die neutrale Amtsführung der BeamtInnen zu beeinträchtigen.

Religiös/weltanschaulich konnotierte Merkmale Darunter fällt z.B. das muslimische Kopftuch, die jüdische Kippa oder das christliche Kreuz. Die oberste Dienstbehörde hat auch weiterhin die Möglichkeit, das Tragen von religiös oder weltanschaulich konnotierten Formen des Erscheinungsbilds im Dienst oder bei Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug einzuschränken oder zu untersagen. Für den Staat und damit auch für die für ihn tätig werdenden BeamtInnen besteht die grundsätzliche Pflicht zur religiösen und weltanschaulichen Neutralität. Insbesondere im Polizeivollzug muss das Vertrauen der BürgerInnen in die neutrale Amtsführung der BeamtInnen, also unabhängig von deren religiösen oder weltanschaulichen Überzeugung, sichergestellt werden. Funktionsfähigkeit setzt voraus, dass ein gesellschaftliches Grundvertrauen in die jeweiligen BeamtInnen, aber auch in die Polizei insgesamt existiert. Dem dient z.B. auch die Uniform, da sie die amtliche Funktion in den Vordergrund stellen soll.

Mit dem Satz 5 werden das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (für die Polizei), das Bundesministerium der Finanzen (für den Zoll) sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (für die Justizwachtmeisterei) ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Wir hatten oben bereits festgehalten, dass das BVerwG die Leitentscheidung dem Gesetzgeber zuweist. Eine Regelung der Details könne aber durchaus in Form eines Erlasses oder einer Verwaltungsvorschrift erfolgen. Dieser Möglichkeit folgt der Gesetzgeber mit dem Satz 5.

Der Satz 6 übernimmt wortgleich das derzeit im vierten Satz des ersten Absatz enthaltene sog. „Verhüllungsverbot“.

d) Der bisherige Absatz II wird als Absatz III in die Neuregelung übernommen.

2.3  § 7 I BBG – Voraussetzungen des Beamtenverhältnisses[9]

(1) 1In das Beamtenverhältnis darf berufen werden, wer (… ).

2In das Beamtenverhältnis darf nicht berufen werden, wer unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit der Erfüllung der Pflichten nach § 61 Absatz 2 nicht vereinbar sind.

Der derzeitige § 7 I BBG, der in seinem ersten Satz die grundlegenden Anforderungen für eine Berufung in das Beamtenverhältnis festlegt, wird um eine Ausschlussregelung im Satz 2 ergänzt.[10] Danach steht einer solchen Berufung entgegen, wenn bestimmte unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds der zu ernennenden Person mit der Erfüllung ihrer Pflichten nach dem novellierten § 61 Absatz II nicht vereinbar sind.

Unveränderliche Merkmale  Das sind solche Merkmale des Erscheinungsbilds, die nicht ohne wesentlichen Aufwand derart verändert oder beseitigt werden können, dass sie die an das Erscheinungsbild von BeamtInnen nach dem neu eingeführten Absatz II im § 61 gestellten Anforderungen erfüllen.

Ohne wesentlichen Aufwand Das Merkmal ist zwar mit den Anforderungen des § 61 II nicht vereinbar, kann jedoch problemlos und ohne medizinischen Eingriff entfernt werden.

Unvereinbarkeit mit Pflichten nach § 61 II Die Regelung soll die Funktionsfähigkeit der Verwaltung gewährleisten und konkretisiert die Pflicht zum achtungswürdigen Verhalten. Darunter fallen alle Merkmale des Erscheinungsbilds, die auf Grund ihrer ungewöhnlich expressiven Gestaltung in Form, Farbe oder Größe das Gesamterscheinungsbild der oder des Betroffenen maßgeblich prägen.

Die im § 62 II festgelegten Maßstäbe, die bereits für die im Beamtenverhältnis stehende Personen Anwendung finden, müssen ebenso für BewerberInnen gelten. Dem widerspricht auch nicht, dass bei BeamtInnen, die bereits über unveränderliche und mit § 61 II unvereinbare Merkmale des Erscheinungsbildes verfügen, aber eine Entfernung im Einzelfall im Hinblick auf ihre körperliche Unversehrtheit gem. Art. 2 II GG möglicherweise unverhältnismäßig wäre.

Die Beurteilung der Vereinbarkeit unveränderlicher Merkmale erfolgt nicht nur auf die konkret vorgesehene Funktion bezogen, sondern auf alle Funktionen der jeweiligen Laufbahn. Ansonsten wäre die Verwendung der BewerberInnen in der angestrebten Laufbahn nur eingeschränkt möglich und würde dem Ziel der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung widersprechen.

2.4  § 34 BeamtStG – Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten und Erscheinungsbild[11]

1Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben die übertragenen Aufgaben uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordern. Sie dürfen ihr Gesicht bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug nicht verhüllen, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.

(2) (…)5Einzelheiten nach den Sätzen 2 bis 4 können durch Landesrecht bestimmt werden (…).

a) Wie im § 61 BBG wird auch hier die Überschrift um den Passus „und Erscheinungsbild“ erweitert, da diesbezüglich Neuerungen in den Absatz II aufgenommen werden.[12]

b) Vom bisherige Wortlaut im Absatz I werden die Sätze 1 bis 3 unverändert übernommen sowie das Verhüllungsverbot im bisherigen Satz 4 gestrichen und inhaltsgleich in den sechsten Satz des neu eingeführten Absatz II übernommen.

c) Der neue Absatz 2 ist in den Sätzen 1 bis 4 und 6 mit dem neu eingeführten Absatz II im § 61 II BBG identisch. Damit macht der Bund soweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, um statusrechtlich einen einheitlichen Rahmen zur Regelung des Erscheinungsbilds von BeamtInnen in Bund und in den Ländern zu schaffen. Der Bund definiert in Anlehnung an die diesbezügliche Rechtsprechung des BVerfG und des BVerwG insbesondere mit Blick auf die staatliche Neutralität den weitestmöglichen Rahmen zur Regelung des Erscheinungsbilds von BeamtInnen.

Gem. Satz 5 können die Länder innerhalb dieses Rahmens konkretisierende Regelungen treffen. So haben sie auch die Möglichkeit, verfassungsrechtliche Anforderungen im Hinblick auf unterschiedliche Beamtenzweige, z.B. für PolizeibeamtInnen oder LehrerInnen, verschieden zu regeln. 

2.5 § 7 I BeamtStG -Voraussetzungen des Beamtenverhältnisses[13]

(1) 1In das Beamtenverhältnis darf nur berufen werden, wer (…).

2In das Beamtenverhältnis darf nicht berufen werden, wer unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit der Erfüllung der Pflichten nach § 34 Absatz 2 nicht vereinbar sind.

Der § 7 I wird der Neuregelung im § 7 I BBG, dort allerdings mit dem Hinweis auf den § 61 II BBG, angepasst. In das Beamtenverhältnis der Länder darf nicht berufen werden, wer unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbilds aufweist, die mit der Erfüllung der Pflichten nach § 34 Absatz II, hier allerdings mit Hinweis auf den novellierten § 7 I Satz 2, nicht vereinbar sind. Auch dadurch soll ein  Gleichklang der Regelungen von Bund und Ländern erreicht werden.

3 Fazit

In diesem Aufsatz wurden die Neuerungen bzgl. des Erscheinungsbildes im Bundesbeamtengesetz (BBG) und dem Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) in den Blick genommen. Für neu eingeführte Gesetzesmerkmale wurden dabei erste Arbeitsdefinitionen erarbeitet.

Im novellierten § 61 BBG, über die Wahrnehmung der Aufgaben und das Erscheinungsbild der BeamtInnen, hat der Gesetzgeber Leitlinien für bestimmte Merkmale des Erscheinungsbildes der Bundes-BeamtInnen festgelegt. Soweit es die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten erfordert, kann die oberste Dienstbehörde diesbezügliche Einschränkungen oder Untersagungen anordnen. Detailregelungen obliegen den zuständigen Ministerien durch Rechtsverordnungen. Die für bereits beamtete Personen geltenden Regelungen finden durch den novellierten § 7 BBG auch Anwendung auf Beamten-BewerberInnen.

Durch die analog novellierten §§ 34 und 7 BeamtStG macht der Bund insoweit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch, indem er den statusrechtlich Rahmen der Regelungen zum Erscheinungsbild im BBG auf die Länder mit ihren Landes-/KommunalbeamtInnen überträgt. Die Länder werden zugleich ermächtigt, konkretisierende Regelungen für ihre unterschiedlichen Beamtenzweige, z.B. Polizei oder Lehrer, zu erlassen.

Insgesamt bleibt hier festzuhalten, dass die gesetzliche Leitlinien-Reglung zu begrüßen ist und überfällig war. Nunmehr sind die Bundesminister für BundesbeamtInnen sowie die Länder für ihre BeamtInnen aufgefordert, ergänzende Regelung auf dem Verordnungs- bzw. Erlasswege zu schaffen.

Problematisch dürften in der Praxis sog. „Altfälle“ werden. Dies sind BeamtInnen, die bereits unveränderliche Merkmale des Erscheinungsbildes aufweisen, die nach dem novellierten Gesetz zu beschränken bzw. zu untersagen wären. Ein Beispiel: Ein Kriminalkommissar in NRW ist auf beiden Unterarmen stark tätowiert. Während seines Dienstes könnte ihm auferlegt werden, die Tätowierungen nicht zu zeigen, indem er beispielsweise ein Hemd mit langen Ärmeln trägt. Da dieser Beamte in NRW aber jederzeit auch in der Schutzpolizei eingesetzt werden könnte, wäre dies beim Tragen des Sommerhemdes aber nicht mehr möglich. Damit ist er faktisch nicht mehr in allen Funktionen seiner Laufbahn zu verwenden und somit nur noch eingeschränkt dienstfähig. Andererseits wäre die Entfernung der Tätowierungen nur mit wesentlichen Eingriffen in seine körperliche Unversehrtheit möglich. Es bleibt zu hoffen, dass die noch zu formulierenden Verordnungen/Erlasse sich u.a. auch dieser Problematik annehmen.

Auch bleibt abzuwarten, wie die Gesetzesmerkmale in Rechtslehre und insbesondere in der Rechtsprechung ausgelegt werden.


[2] Der gesamte parlamentarische Ablauf kann durch Eingabe der Drucksachennummer 19/26839 unter https://dip.bundestag.de/ nachverfolgt werden.

[3] Vgl. dazu den Gesetzentwurf vom 19.02.2021, Drucksache 19/26839, S. 1.

[4] Vgl. als Beispiel den Beschluss des OVG NRW vom 23.07.2018, 6 B 556/18 sowie zur Rechtslage in NRW Reuter, Manfred 2019: Tätowierungen bei Polizisten am Beispiel des Landes Nordrhein-Westfalen. In: Polizei Info Report. Unabhängige Fachzeitschrift für Ausbildung, Studium und Praxis, 50. Jhrg., Heft 5/2019. Wiesbaden, 10-12.

[5] Vgl. dazu a.a.O., S. 12.

[6] Gesetzentwurf (Fn 2), S. 2 und S. 34, Nr. 2.

[7] Vgl. die aktuelle Fassung des BBG vom 18.März 2021, BGBl. I S. 353 sowie den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 12, Nr. 11. Der weiterhin gültige Gesetzestext wird in schwarzer Schrift, der neu eingeführte Gesetzestext in roter Schrift und der aufgehobene Gesetzestext durchgestrichen dargestellt. Die einzelnen Sätze der Vorschrift sind vom Verfasser durchnummeriert worden, damit die LeserInnen die folgenden Abhandlungen leichter dem Gesetzestext zuordnen können.

[8] Vgl. zum Nachfolgenden den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 30-32, Nr. I und S. 40-43, Nr. 11.

[9] Vgl. BBG (Fn 6) und den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 9, Nr. 2.

[10] Vgl. dazu den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 38, zu § 7.

[11] Vgl. die aktuelle Fassung des BeamtStG vom 20.11.2019, BGBl. I S. 1626 sowie den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 13, Nr. 6.

[12] Vgl. zum Nachfolgenden den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 44f., Nr. 6.

[13] Vgl. BeamtStG (Fn 10) sowie den Gesetzentwurf (Fn 2), S. 13, Nr. 2 und S. 44, Nr. 2.