Der Straftatbestand der Geldwäsche gemäß § 261 StGB
Zugleich eine Darstellung zum Vorgehen bei hohen Bargeldfunden im polizeilichen Streifendienst
Prof. Dr. Christian Laustetter, HSPV NRW, Abteilung/Studienort Köln
1. Einleitung
Der Straftatbestand der Geldwäsche gemäß § 261 StGB gilt gemeinhin als nicht unkompliziert, was auch an den zahlreichen Absätzen der Norm liegen dürfte. So mag es unter anderem auch zu erklären sein, dass die Vorschrift im polizeilichen Studium bislang ein Mauerblümchendasein fristet. In Nordrhein-Westfalen ist die Norm etwa im Studiengang Polizeivollzugsdienst (noch) überhaupt nicht als Studieninhalt enthalten. Dabei ist zumindest die Grundkenntnis des Straftatbestandes für eine erfolgreiche Streifentätigkeit als Polizeibeamter unabdingbar, um in bestimmten Konstellationen sachgerechte Lösungen herbeizuführen. Dies gilt insbesondere für die nicht seltenen Situationen im polizeilichen Streifendienst, in denen bei Kontrollen größere Bargeldbeträge bei Betroffenen aufgefunden werden und nun vor Ort binnen kurzer Zeit entschieden werden muss, ob das Bargeld beim Betroffenen belassen oder sichergestellt bzw. beschlagnahmt wird.[1] Diese Fälle werden für die Zwecke des vorliegenden Beitrags „Auffindefälle“ genannt.[2] Der folgende Beitrag soll einen polizeibezogenen Überblick über den Straftatbestand der Geldwäsche geben, insbesondere soweit dessen Kenntnis zum rechtssicheren Vorgehen bei den „Auffindefällen“ erforderlich ist. Dies soll im Beitrag anhand folgenden Beispielsfalles verdeutlicht werden: „Bei einer allgemeinen Verkehrskontrolle finden die Polizeibeamten im Kofferraum des von A geführten Pkw 30.000 € Bargeld.“[3]
2. Begriff der Geldwäsche
Um sich den Sinn und den Zweck des Straftatbestandes der Geldwäsche zu vergegenwärtigen, soll zunächst ein kurzer Blick auf den Begriff der Geldwäsche an sich geworfen werden. Eine Definition der Geldwäsche selbst sucht man in § 261 StGB indes vergebens. Sie lässt sich jedoch als ein Vorgehen umschreiben, das „darauf abzielt, Vorhandensein, Herkunft oder Bestimmung von Vermögenswerten zu verschleiern, die aus illegalen Geschäften stammen, um sie dann als rechtmäßige Einkünfte erscheinen zu lassen.“[4] Dies kann mittels vielfältiger Methoden geschehen und vollzieht sich in drei Phasen: In der ersten Phase („Placement“) werden die aus illegalen Quellen stammenden Gelder oder aus illegalen Quellen stammende sonstige Vermögenswerte dem legalen Finanzkreislauf zugeführt, etwa durch Einzahlung dieser Gelder bei Banken.[5] Sodann wird in der zweiten Phase („Layering“) versucht, die illegale Herkunft des Geldes bzw. der Vermögenswerte zu verschleiern, was zum Beispiel mit Hilfe von Scheingeschäften erfolgen kann.[6] In der dritten Phase („Integration“) fließt das „gewaschene“ Geld wieder an den Auftraggeber der Geldwäsche zurück und kann von diesem nun in legale Geschäfte investiert werden, z.B. in Immobilien.[7]
3. Polizeibezogener Überblick über den Straftatbestand der Geldwäsche
3.1 Das Tatobjekt der Geldwäsche
Der Straftatbestand der Geldwäsche setzt gemäß § 261 Abs. 1 StGB zunächst das Vorliegen eines Gegenstandes voraus. Tatobjekt einer Geldwäsche kann dabei jeder „Gegenstand“ mit Vermögenswert sein, so z.B. Schmuck, Edelmetalle oder Bargeld, aber auch Forderungen und Rechte.[8]
3.2 Die Geldwäschevortat
Dieser Gegenstand muss nach § 261 Abs. 1 StGB aus einer rechtswidrigen Tat herrühren. Die Herkunft des Gegenstandes muss also kausal auf die Vortat zurückzuführen sein.[9] Die Geldwäsche stellt damit wie zum Beispiel auch die Begünstigung nach § 257 StGB und die Hehlerei nach § 259 StGB ein Anschlussdelikt dar, welches eine vorangegangene rechtswidrige Tat voraussetzt und das sich an diese rechtswidrige Vortat anschließt. Seit der Reformierung des Straftatbestandes der Geldwäsche durch das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche[10], welches am 18.3.2021 in Kraft getreten ist, können sämtliche Straftaten (selbst Bagatelldelikte) taugliche Geldwäschevortaten darstellen.[11] Vor der genannten Reform reichte es nicht aus, dass der Gegenstand aus irgendeiner rechtswidrigen Tat herrührt, sondern die Strafbarkeit wegen Geldwäsche setzte voraus, dass der Gegenstand aus einer besonderen, in § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-5 StGB a.F. genannten Straftat herrührt, nämlich zum Beispiel aus Verbrechen oder aus vom Gesetzgeber in der Norm genannten Vergehen (z.B. Diebstahl, Unterschlagung, Betrug). Die Problematik dieses „Vortatenkatalogmodells“ soll anhand des in der Einleitung genannten Beispielsfalls erläutert werden. So wäre nach alter Rechtslage für eine Strafbarkeit des A wegen Geldwäsche erforderlich gewesen, dass nicht nur nachgewiesen werden musste, dass das Geld aus irgendeiner illegalen Tat herrührt. Vielmehr musste gerade nachgewiesen werden, dass das Geld aus einer der in § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1-5 StGB a.F. genannten Katalogtaten herrührt. Dieser Nachweis bereitete den Strafverfolgungsbehörden in der Praxis jedoch oftmals große Schwierigkeiten, weswegen bei diesbezüglichen Unklarheiten über die genaue Quelle der illegalen Herkunft des Gegenstandes nach dem Grundsatz „im Zweifel für den Angeklagten“ zu dessen Gunsten davon auszugehen war, dass dieser gerade nicht aus einer Katalogtat, sondern – wenn überhaupt – aus einer anderen Straftat herrührt, die dort nicht als Katalogtat ausgeführt war, was aber für eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche nach alter Rechtslage nicht ausreichend war. Aufgrund dieser Beweisschwierigkeiten, die in solchen „Auffindefällen“ in der Praxis vielfach zu Verfahrenseinstellungen führten,[12] entschloss sich der Gesetzgeber sodann, diese zu beseitigen und nunmehr jede rechtswidrige Tat als mögliche Vortat der Geldwäsche ausreichen zu lassen. Man spricht daher nunmehr auch von einem sog. „all-crime-Ansatz“. Es genügt nach geltender Rechtslage also das Herrühren eines Gegenstandes aus irgendeiner rechtswidrigen Tat, ohne dass diese näher konkretisiert werden muss.[13] Im genannten Beispielsfall müsste A für eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche diesbezüglich also lediglich nachgewiesen werden, dass die 30.000 € aus irgendwelchen illegalen Quellen herrühren, wobei nicht einmal konkret belegt werden müsste, aus welcher konkreten illegalen Tatbegehung und aus welchem konkreten Delikt die 30.000 € herrühren.
Die Aufgabe des Vortatenkataloges für eine Strafbarkeit wegen Geldwäsche hat auch zur Konsequenz, dass sich nunmehr erhebliche Überschneidungen mit anderen Anschlussdelikten und viele Konkurrenzfragen ergeben, denn in Fällen der Erfüllung des Tatbestandes der Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB dürfte nach neuer Rechtslage immer zugleich auch der Straftatbestand der Geldwäsche erfüllt sein.[14] Zudem kommt dadurch auch eine Strafbarkeit wegen leichtfertiger Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 StGB in Fällen in Betracht, in denen eine Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB aufgrund fehlenden Vorsatzes bzgl. der Herkunft aus einer rechtswidrigen Tat ausscheidet.[15]
3.3 Die für den polizeilichen Streifendienst wichtigsten Tathandlungen
Der Straftatbestand der Geldwäsche nach § 261 StGB setzt zum Teil nicht erst mit Beginn der ersten Phase des oben dargestellten Drei-Phasen-Modells („Placement“ durch Einschleusung illegal erlangten Vermögens in den Finanzkreislauf) an, sondern teilweise bereits erheblich in deren Vorfeld. Denn es macht sich beispielsweise bereits wegen Geldwäsche gemäß § 261 Abs. 1 StGB strafbar, wer einen Gegenstand, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt, sich oder einem Dritten verschafft (Nr. 3) oder verwahrt (Nr. 4). Diese genannten Tathandlungen sind es auch, die für den polizeilichen Streifendienst und dabei insbesondere in „Auffindefällen“ die größte Relevanz haben, so dass sich die Darstellung auf diese Tathandlungen beschränkt.
Ein sich oder einem Dritten Verschaffen nach § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB setzt voraus, dass an dem aus der rechtswidrigen Geldwäschevortat herrührenden Gegenstand zu eigenen Zwecken die tatsächliche Verfügungsgewalt über den Gegenstand erlangt wird, so dass unabhängig vom Vortäter über die Sache verfügt werden kann.[16] Es gelten zu dieser Tathandlung demnach dieselben Grundsätze wie bei Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB. Sollten also im genannten Beispielsfall die bei A aufgefundenen 30.000 € aus einer rechtswidrigen Tat herrühren und hätte A diese beispielsweise vom Vortäter mit dessen Willen so erlangt, dass A weisungsunabhängig über diese verfügen kann, hätte er sich die 30.000 € verschafft im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StGB. Demgegenüber liegt ein Verwahren im Sinne von § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB vor, wenn der Täter den durch die rechtswidrige Vortat kontaminierten Gegenstand in Gewahrsam nimmt oder hält, um diesen für einen Dritten oder für eigene spätere Verwendung zu erhalten.[17] Würden im genannten Beispielsfall die 30.000 € aus einer rechtswidrigen Tat herrühren und hätte A diese vom Vortäter erhalten, damit A diese für den Vortäter aufbewahrt oder an einen sicheren Ort bringt, läge demnach ein Verwahren des kontaminierten Gegenstandes vor. Einschränkend sieht § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StGB vor, dass der Täter die illegale Herkunft des Gegenstandes zu dem Zeitpunkt gekannt haben muss, zu dem er ihn erlangt hat.
3.4 Anforderungen an die innere Tatseite
3.4.1 Vorsatz und besondere subjektive Tatbestandsvoraussetzungen
Hinsichtlich des subjektiven Tatbestandes gelten grundsätzlich keine Besonderheiten. Für eine Strafbarkeit nach § 261 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB muss der Täter vorsätzlich handeln. Er muss also zumindest billigend in Kauf nehmen, dass der Gegenstand aus einer rechtswidrigen Tat herrührt und er muss Vorsatz in Bezug auf die Vornahme einer der in § 261 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB genannten Tathandlungen haben. Teilweise bestehen noch Besonderheiten, die aber für die sachgerechte Lösung der „Auffindefälle“ jedoch nicht weiter relevant sind. Dies betrifft etwa die zusätzlich erforderliche Vereitelungsabsicht bzgl. des Auffindens, der Einziehung oder der Ermittlung der Herkunft des Gegenstandes bei § 261 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB oder das Erfordernis sicherer Kenntnis der inkriminierten Herkunft bei der Annahme von Honoraren durch Strafverteidiger nach § 261 Abs. 1 Satz 3 StGB.
3.4.2 Leichtfertige Geldwäsche nach § 261 Abs. 6 StGB
Sofern der Täter keinen zumindest bedingten Vorsatz bzgl. des Herrührens des Gegenstandes aus einer rechtswidrigen Tat hat, sieht § 261 Abs. 6 StGB eine Strafbarkeit vor, wenn der Täter leichtfertig nicht erkennt, dass es sich um einen Gegenstand handelt, der aus einer rechtswidrigen Tat herrührt (sog. Leichtfertige Geldwäsche). Der Begriff der Leichtfertigkeit entspricht weitgehend der „groben Fahrlässigkeit“ im Zivilrecht und liegt vor, „wenn sich die Herkunft des Gegenstands aus einer rechtswidrigen Tat nach der Sachlage geradezu aufdrängt und der Täter dennoch handelt, weil er dies aus grober Unachtsamkeit oder Gleichgültigkeit außer Acht lässt“.[18]
3.5 Versuchsstrafbarkeit
- 261 Abs. 3 StGB normiert die Versuchsstrafbarkeit der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 und 2 StGB. Da die Tathandlungen wie dargestellt jedoch die Strafbarkeit teilweise ganz erheblich vorverlagern und damit bereits vielfach Handlungen im Vorfeld des „Placement“ – wie etwa regelmäßig bei den „Auffindefällen“ – eine vollendete Geldwäsche darstellen, ist der Anwendungsbereich der versuchten Geldwäsche eingeschränkt.
3.6 Keine Strafbarkeit bei Beteiligung an der Geldwäschevortat
Allein vom Wortlaut ausgehend setzt § 261 StGB nicht voraus, dass zwischen dem Täter der Vortat, aus dem der zu waschende Gegenstand herrührt und dem Täter der Geldwäsche nach § 261 StGB Personenverschiedenheit bestehen muss. Dies ist insofern ein Unterschied zum Anschlussdelikt der Hehlerei nach § 259 Abs. 1 StGB, bei der es sich bereits nach dem Wortlaut um die Vortat eines „anderen“ handeln muss, so dass der Täter der Vortat den Tatbestand der Hehlerei nicht erfüllen kann. Auch der Täter der Vortat oder der Teilnehmer an der Vortat kann damit den Tatbestand des § 261 StGB verwirklichen.[19] Jedoch normiert § 261 Abs. 7 StGB, dass der Beteiligte (also der Täter oder Teilnehmer, vgl. § 28 Abs. 2 StGB) an der Vortat nur dann wegen Geldwäsche bestraft wird, wenn er den Gegenstand in den Verkehr bringt und dabei dessen rechtswidrige Herkunft verschleiert. Dogmatisch ist die Vorschrift des § 261 Abs. 7 StGB als persönlicher Strafausschließungsgrund einzuordnen.[20] Sollten die im Beispielsfall bei A aufgefundenen 30.000 € etwa aus dem unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG stammen, an dem A als Täter oder Teilnehmer beteiligt war, kann A auch bei Vornahme einer Tathandlung im Sinne des § 261 Abs. 1 oder Abs. 2 StGB bzgl. der 30.000 € nicht auch noch wegen Geldwäsche bestraft werden.
3.7 Beschlagnahmemöglichkeiten
Sollte sich ein Anfangsverdacht einer Geldwäsche ergeben, kann der aus der rechtswidrigen Tat herrührende Gegenstand zum einen als Beweismittel nach § 94 Abs. 1 und Abs. 2 StPO sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden. Daneben besteht zum anderen jedoch auf die Möglichkeit der Beschlagnahme zur Vorbereitung der Einziehung nach § 111b Abs. 1 StPO. Der aus der rechtswidrigen Tat stammende Gegenstand stellt für die Geldwäsche ein Tatobjekt (= sog. Beziehungsgegenstand) nach § 74 Abs. 2 StGB dar, das der Einziehung nach Maßgabe besonderer Vorschriften unterliegt. Eine solche Vorschrift stellt indes § 261 Abs. 10 Satz 1 StGB dar, wonach Gegenstände, auf die sich die Straftat bezieht, eingezogen werden können. Nicht unwichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Vorschrift des § 261 Abs. 10 Satz 2 StGB, wonach § 74a StGB anzuwenden ist, der eine Ausnahme von dem Grundsatz des § 74 Abs. 3 StGB statuiert, dass die Einziehung grundsätzlich nur zulässig ist, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören.
4. Vorgehensweise der Polizei bei „Auffindefällen“
Bei Polizeibeamten herrscht in Auffindefällen oftmals Unsicherheit hinsichtlich der Vorgehensweise und ob eine Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des aufgefundenen Geldes erfolgen soll. Reitemeier hat hierzu eine Checkliste an Fragestellungen entworfen, die zur Lösung solcher Fälle in der richtigen Reihenfolge abgearbeitet werden können und die hier im Folgenden – für die Zwecke des Streifendienstes teilweise modifiziert – dargestellt werden.[21]
Die zentrale Frage, die sich Polizeibeamte nach dem Fund stellen sollten, lautet: „Besteht ein Anfangsverdacht, dass eine rechtswidrige Tat begangen wurde und kann das Bargeld Taterlangtes aus dieser Tat im Sinne von § 73 StGB bzw. Tatprodukt, Tatmittel oder Tatobjekt (= Beziehungsgegenstand) im Sinne von § 74 StGB sein und damit ggf. zur Vorbereitung der Einziehung nach § 111b Abs. 1 StPO beschlagnahmt werden?“[22]
Bei der Frage, ob ein Anfangsverdacht einer Straftat, also zureichende tatsächliche Anhaltspunkte, die eine Straftrat als möglich erscheinen lassen[23], besteht, sollte die mögliche Strafbarkeit wegen Geldwäsche zunächst nur als „Hilfstatbestand“ im Hinterkopf behalten werden. Vorrangig ist daher zu prüfen, ob sich abgesehen von der Geldwäsche ein Anfangsverdacht einer konkreten Straftat ergibt. Dies kann zum Beispiel dann der Fall sein, wenn sich vor Ort zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für ein Handeltreiben mit Betäubungsmitteln nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG ergeben, etwa, wenn im Beispielsfall neben dem Bargeld zugleich Betäubungsmittel aufgefunden würden, die etwa aufgrund einer größeren Menge oder der Verpackung (zum Beispiel mehrere bereits für den Verkauf abgepackte BtM-Einheiten) auf ein Handeltreiben hindeuten können. Sofern ein Anfangsverdacht des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln begründet werden kann, dürften in vielen Fällen auch zureichende Anhaltspunkte bestehen, dass das aufgefundene Bargeld als Beweismittel und auch als Taterlangtes in Betracht kommt, so dass es nach § 94 StPO (als Beweismittel) sowie nach § 111b StPO (als Taterlangtes zur Vorbereitung der Einziehung) beschlagnahmt werden kann. Allein die Tatsache, dass der Fahrer eines kontrollierten Pkw etwa unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln das Fahrzeug geführt hat oder im Fahrzeug Utensilien für den Konsum von Betäubungsmitteln gefunden werden, begründet jedoch nach hiesiger Ansicht – auch in Zusammenschau mit einem größeren Bargeldfund wie im Beispielsfall – keinen Anfangsverdacht eines Betäubungsmitteldeliktes nach § 29 Abs. 1 BtMG, auf Basis dessen dann eine Beschlagnahme des Geldes erfolgen kann. Der Konsum von Betäubungsmittel stellt keine Straftat nach dem Betäubungsmittelgesetz dar und indiziert – entgegen teilweise bestehender polizeilicher Praxis – keinen Besitz von Betäubungsmitteln.
Diese Fälle werden indes in der Praxis eher die Ausnahme darstellen. Weitaus häufiger ist der Fall, dass sich zunächst keine offensichtlichen Anhaltspunkte für eine konkrete Straftat ergeben. Dann ist zunächst durch die Polizeibeamten abzuklären, ob sich Erkenntnisse hinsichtlich der Herkunft des ungewöhnlich hohen Bargeldbetrages und der Person des Fahrers gewinnen lassen, zum Beispiel:[24]
- Kann der Fahrer glaubhaft eine legale Herkunft und eine legale beabsichtigte Verwendungsweise bzgl. des Bargeldbetrages vortragen?
- Kann der Fahrer Belege über die legale Herkunft des mitgeführten Geldes vorweisen?
- Auf wen ist der angehaltene Pkw zugelassen?
- Wo war Reisebeginn und wo ist das Reiseziel? Korrespondiert dies mit der angegebenen Fahrtroute und ggf. dem im Navigationsgerät eingespeicherten Ziel?
- Wie sind die Lebensverhältnisse der betroffenen Person und bestehen Erkenntnisse über legale Einkommensquellen? Steht die Größe des aufgefundenen Bargeldbetrages zu den legalen Einkommensquellen in einem offensichtlichen Missverhältnis?
- Bestehen in den polizeilichen Dateninformationssystemen Vorerkenntnisse zu dem Fahrer?
Da allein das Auffinden der größeren Bargeldmenge ohne weiteren Erkenntnisse in der Regel keine zureichenden, tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Herkunft des Geldes aus illegalen Quellen begründet, liegt allein durch das Auffinden in der Regel auch noch kein Anfangsverdacht einer Straftat, insbesondere kein Anfangsverdacht einer Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 StGB vor, so dass der Fahrer des Pkw zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht als Beschuldigter belehrt werden muss. Vielmehr dienen die Fragen an den Fahrzeugführer durch die Polizeibeamten in diesem Stadium der Abklärung, ob überhaupt ein Anfangsverdacht besteht, so dass es sich hier lediglich um eine informatorische Befragung handelt, bei der nach h.M. keine vorherige Belehrung des Betroffenen erfolgen muss.[25] Die Einsichtnahme in das Navigationsgerät zur Ermittlung des Fahrziels zur Abklärung, ob dies mit den Angaben des Fahrzeugführers übereinstimmt, kann selbstredend in diesem Verfahrensstadium ohne bestehenden Anfangsverdachts nur mit Einwilligung des Fahrzeugführers erfolgen.
Wie bereits oben dargestellt, reicht es für einen Anfangsverdacht der Geldwäsche aus, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, die es als möglich erscheinen lassen, dass das vom Fahrer transportierte Bargeld aus rechtswidrigen Taten herrührt, ohne dass die entsprechende Vortat konkretisiert werden muss. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass hohe Bargeldbeträge „im Zeitalter des elektronischen Zahlungsverkehrs schon per se hochgradig verdächtig sind und den Stempel der Vertuschung und Verschleierung der Herkunft dieses Geldes regelrecht auf der Stirn tragen.“[26]
Sobald die kontrollierenden Polizeibeamten jedoch etwa aufgrund nicht überzeugender oder widersprüchlicher Angaben des Fahrers zu einer möglichen legalen Herkunft des Geldes im Ergebnis zu dem Schluss gelangen, dass zureichende tatsächliche Anhaltspunkte bestehen, dass das Geld möglicherweise aus illegalen Quellen stammt und somit ein Anfangsverdacht einer Geldwäsche besteht, ist der betroffene Fahrzeugführer als Beschuldigter zu belehren und das Bargeld zum einen als Beweismittel gemäß § 94 Abs. 1 bzw. Abs. 2 StGB sicherzustellen bzw. zu beschlagnahmen sowie zum anderen zur Vorbereitung der Einziehung nach § 111b Abs. 1 StPO i.V.m.§ 74 Abs. 2 StGB i.V.m. § 261 Abs. 10 StGB zu beschlagnahmen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass beide Maßnahmen nach § 98 Abs. 1 StPO bzw. § 111j Abs. 1 StPO unter Richtervorbehalt stehen und durch die Polizeibeamten als Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft nur bei Gefahr im Verzug angeordnet werden können. Selbst wenn der Betroffene angibt, dass das aufgefundene Bargeld nicht ihm gehöre, steht dies – bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen – einer Beschlagnahme zur Vorbereitung der Einziehung nach § 111b Abs. 1 StPO nicht entgegen, da durch die Anwendbarkeit von § 74a StGB durch den Verweis in § 261 Abs. 10 Satz 2 StGB eine Ausnahme zu § 74 Abs. 3 StGB besteht, wonach die Einziehung nur zulässig ist, wenn die Gegenstände zur Zeit der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen. Für das Vorliegen der Voraussetzungen von § 74a StGB dürften sich in den Auffindefällen im Regelfall ausreichende Anhaltspunkte begründen lassen.
In den Fällen, in denen aufgrund eines bestehenden Anfangsverdachts der Geldwäsche das im Fahrzeug aufgefundene Bargeld beschlagnahmt wird, sollte zumindest auch kurz überdacht werden, ob sodann auch der zum Transport des Bargeldes verwendete Pkw zur Vorbereitung der Einziehung als Tatmittel für die Begehung der Geldwäsche nach § 111b Abs. 1 StPO i.V.m. § 74 Abs. 1 StGB beschlagnahmt werden kann/soll. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn die Einziehung zur begangenen Tat und zum Vorwurf, der den von der Einziehung Betroffenen trifft, nicht außer Verhältnis stünde, vgl. § 74f Abs. 1 Satz 1 StGB, was sicherlich auch von der Höhe des transportierten Bargeldes abhängt. Es empfiehlt sich, in derartigen Fällen als Polizeibeamter mit dem zuständigen Dezernenten der Staatsanwaltschaft bzw. dem Eildienst der Staatsanwaltschaft Kontakt aufzunehmen, ob eine Beschlagnahme erfolgen soll.
Sollte sich ein Anfangsverdacht der Geldwäsche nach § 261 Abs. 1 StGB jedoch nicht ergeben, weil sich anhand der Angaben des Betroffenen zur Herkunft des Geldes keine zureichenden Anhaltspunkte ergeben, dass dieses aus illegalen Quellen stammt und ergibt sich auch ansonsten kein Anfangsverdacht eines anderen Deliktes bzgl. des Bargeldes, ist naturgemäß keine Beschlagnahme anzuordnen und das Geld beim Betroffenen zu belassen, es sei denn, dass – was in der Praxis jedoch bei Verneinung eines Anfangsverdachts der Geldwäsche eher selten vorkommen dürfte – die Voraussetzungen für eine präventivpolizeiliche Sicherstellung des Bargeldes nach den Landespolizeigesetzen vorliegen.
5. Fazit
Mit der Reform des Geldwäschetatbestandes und der Streichung des Vortatenkataloges hat der Gesetzgeber die Geldwäschestrafbarkeit erheblich verschärft. Wie der vorliegende Beitrag gezeigt hat, ist zumindest die Kenntnis der Grundstrukturen auch für den polizeilichen Streifendienst zwingend erforderlich, da sich mit den damit einhergehenden Beschlagnahmemöglichkeiten die Fälle des Auffindens größerer Bargeldbeträge auch in Situationen, in denen vor Ort eine Entscheidung über den Verbleib des Geldes getroffenen werden muss, rechtssicher lösen lassen.
[1] Vgl. Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241.
[2] Begriff nach Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241.
[3] Beispiel frei nach Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241.
[4] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 4.
[5] Figura in: Herzog, GwG, § 1 GwG, Rn. 9.
[6] Figura in: Herzog, GwG, § 1 GwG, Rn. 9.
[7] Figura in: Herzog, GwG, § 1 GwG, Rn. 9.
[8] El-Ghazi in: Herzog, GwG, § 261 StGB, Rn. 34.
[9] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 15 m.w.N.
[10] Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche vom 9.3.2021 (BGBl. I S. 327).
[11] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 3.
[12] Vgl. El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, S. 209, 210.
[13] Vgl. El-Ghazi/Laustetter, NZWiSt 2021, S. 209, 211.
[14] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 74 m.w.N.
[15] BGH, NStZ 2006, S. 343, 344 f.; Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 74.
[16] BGHSt 43, S. 149, 150; Neuheuser in: MüKo-StGB, Band. 4, § 261, Rn. 68; El-Ghazi in: Herzog, GwG, § 261 StGB, Rn. 98.
[17] BGH NStZ 2017, S. 167, 169; El-Ghazi in: Herzog, GwG, § 261 StGB, Rn. 100.
[18] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 55 m.w.N.
[19] Ruhmannseder in: BeckOK StGB, § 261, Rn. 12.
[20] Neuheuser in: MüKo-StGB, Band 4, § 261, Rn. 132; BGH, NJW 2019, S. 2182, 2183.
[21] Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241 f.
[22] Vgl. Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241 f.
[23] Diemer in: KK-StPO, § 152 StPO, Rn. 7.
[24] Reitemeier, Vermögensabschöpfung, 2018, S. 241 f.
[25] Vgl. Fischer in: KK-StPO, Einleitung, Rn. 241; Kölbel in: MüKo-StPO, § 163a StPO, Rn. 9.
[26] So LG Hamburg BeckRS 2019, 8228.