Ein kleiner Blick mit der richterlichen Brille auf die Durchsuchung

von Prof. Dr. Andreas Mertens, HSPV NRW, Abteilung Köln

 

– BVerfG 2 BvR 1483/19, Beschl. v. 21.7.2022 – HRRS 2022 Nr. 763 (hrr-strafrecht.de) –

– BGH StB 29/22, Beschl. v. 20.7.2022 – HRRS 2022 Nr. 812 (hrr-strafrecht.de) –

 

Einleitung

Innerhalb von zwei Tagen ergingen durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) einerseits und den Bundesgerichtshof (BGH) andererseits zwei interessante Entscheidungen, die die Voraussetzungen an eine strafprozessuale Wohnungsdurchsuchung betreffen. Zwar richten sich sowohl die Verfassungsbeschwerde als auch die Beschwerde beim BGH gegen richterliche Entscheidungen, für die polizeiliche Arbeit sind sie aber deshalb keineswegs weniger bedeutsam. Vielmehr muss auch die Polizei wissen, in welchen Situationen sie Erfolg versprechend Anträge auf Wohnungsdurchsuchungen stellen kann, bzw. welche Informationen sie dem Richter zur Verfügung stellen muss, damit dieser ihre Anträge positiv bescheidet. Die vorliegenden Entscheidungen sind dabei unterschiedlich im Ergebnis. Während das BVerfG durch eine Durchsuchungsanordnung des Amtsgerichts Offenburg Art. 13 GG als verletzt ansieht und deshalb dem Beschwerdeführer folgend den angegriffenen Durchsuchungsbeschluss aufhebt, verwirft der BGH die ihm vorgelegte Beschwerde gegen eine Durchsuchungsanordnung des Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs. Inhaltlich wird dabei zum einen auf die Frage des Anfangsverdachts eingegangen und zum anderen wird der Auffindeverdacht unter Differenzierung zwischen §§ 102 und 103 StPO, also der Durchsuchung beim Verdächtigen und bei der nichtverdächtigen Person thematisiert.

Im Folgenden soll keine Gesamtübersicht über die repressive Wohnungsdurchsuchung erfolgen, sondern ein Blick auf die den genannten Entscheidungen zugrunde liegenden Rechtsfragen.

Die strafprozessuale Wohnungsdurchsuchung

 Eine Durchsuchung ist das ziel- und zweckgerichtete Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sich aus nicht offenlegen oder herausgeben will.[1] Während das präventive Polizeigesetz NRW bei der Durchsuchung hinsichtlich des Durchsuchungsobjekts unterscheidet,[2] differenziert die StPO zwischen der Durchsuchung beim Beschuldigten (§ 102 StPO) und der Durchsuchung bei anderen Personen (§ 103 StPO).

Dennoch ist das Durchsuchungsobjekt stets von erheblicher Bedeutung. So stellt die Durchsuchung von Wohnungen neben dem Eingriff in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. 1 Abs. 1 GG auch noch einen in der Regel wesentlich schwerer wiegenden Grundrechtseingriff in Art. 13 GG dar, in das Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung also. Ist eine von einer Wohnungsdurchsuchung betroffene Person also mit der letzten Entscheidung des zuständigen Gerichts im Instanzenzug über die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungsanordnung nicht einverstanden, so hat sie die Möglichkeit, Verfassungsbeschwerde einzulegen mit dem Vorwurf, dass sie in ihren Rechten aus Art. 13 GG verletzt ist. Wie im vorliegenden Fall entscheidet über diese Verfassungsbeschwerde sodann das Bundesverfassungsgericht.

Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 21.7.2022

Das BVerfG beurteilt grundsätzlich keine einfachgesetzlichen Rechtsfragen. Zu entscheiden, ob also der Anfangsverdacht einer Straftat nach § 152 Abs. 2 StPO gegeben ist, der natürlich für eine Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten gemäß § 102 StPO vorauszusetzen ist, ist zunächst nicht Aufgabe des BVerfG. Allerdings ist sein Eingreifen geboten, wenn Auslegung und Anwendung dieser Vorschrift als Anlass für eine strafprozessuale Maßnahme und die strafrechtliche Bewertung der Verdachtsgründe objektiv willkürlich sind oder Fehler erkennen lassen, die auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung der Grundrechte des Beschwerdeführers beruhen.[3] Einen solchen Fehler hat das BVerfG vorliegend erkannt und dementsprechend die Durchsuchungsanordnung aufgehoben. Aber der Reihe nach.

Die Polizei ermittelte gegen einen Restaurantbesitzer wegen des Verdachts des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Man ging davon aus, dass er, getarnt durch Essensauslieferungen, mit seinem Pkw Drogen auslieferte. Unter anderem wurde der Restaurantbesitzer zeitweise observiert, es wurde eine Telekommunikationsüberwachung durchgeführt und es gab weitere Erkenntnisse durch eine Vertrauensperson der Staatsanwaltschaft. Das Amtsgericht hat unter anderem aufgrund dieser Ermittlungsergebnisse den Anfangsverdacht für den Beschwerdeführer (im Folgenden B) der Beihilfe zum Handeltreiben angenommen und auf dieser Grundlage die Durchsuchung der Wohnung des B beschlossen. Auf dessen Beschwerde hin hat das Landgericht zwar anerkannt, dass weder die Telekommunikationsüberwachung noch die Angaben der Vertrauensperson Erkenntnisse ergeben haben, die auf eine Mitwirkung des B schließen ließen. Es hat aber dennoch den Durchsuchungsbeschluss gestützt. Es wurde nämlich festgestellt, dass der Pkw des Restaurantbesitzers an zwei Nächten im November 2018 für längere Zeit in unmittelbarer Nähe der eher abgelegenen Wohnung des B geparkt war, bevor mit dem Pkw mutmaßliche Rauschgiftverkaufsstätten angefahren wurden. Dies ließe es nicht fernliegen, so das Landgericht, dass der Restaurantbesitzer bei B Betäubungsmittel lagerte und dieser sich mithin wegen Beihilfe zum BtM-Handeltreiben strafbar mache. Nach kriminalistischer Erfahrung seien hinreichende Anhaltspunkte für eine entsprechende Strafbarkeit gegeben.

Das BVerfG widerspricht dieser Auffassung und sieht aus verfassungsrechtlicher Perspektive keinen Anfangsverdacht gegenüber B. Gerade vor dem Hintergrund des Gewichts des Grundrechtseingriffs in Art. 13 GG sind auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe zu verlangen, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen.[4] Besonders betont es, dass diese Verdachtsgründe bei der Durchsuchungsanordnung bereits vorliegen müssen. Keineswegs darf die Durchsuchung der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind.

Dabei weist das BVerfG darauf hin, dass aus dem Standort des Pkw nicht auf eine Mitwirkung des B am Handeltreiben geschlossen werden könne. Es gebe keinerlei Erkenntnisse, ob der Restaurantbesitzer die Wohnung des B betreten habe, ob er sich zumindest in Richtung der Wohnung bewegt habe, nicht einmal, ob er überhaupt ausgestiegen sei. Erst recht wurde nicht beobachtet, dass er von einer Person etwas bekommen oder einer Person etwas zugesteckt habe. Da sich auch aus den sonstigen Ermittlungen, wie das Landgericht bereits festgestellt hatte, keine Erkenntnisse über eine Beteiligung des B an Straftaten des Restaurantbesitzers ergäben und ansonsten nichts weiter als unbestimmte polizeiliche Mitteilungen, nach denen B bereits in elf Fällen in Erscheinung getreten sei, unter anderem wegen Verstößen gegen das BtMG, vorlägen, kann nach dem BVerfG von einem Anfangsverdacht wegen Beihilfe zum Handeltreiben nicht ausgegangen werden. Die Fahrzeugbewegungen stellten nichts als bloße Vermutungen dar, die einen solch schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre des B nicht rechtfertigen könnten.

Übrigens wurde bei der Wohnungsdurchsuchung bei B nur Haschisch in einer Menge vorgefunden, die zu einem Absehen von der Verfolgung nach § 31a Abs. 1 BtMG geführt hat. Aber selbst, wenn sich aus der Durchsuchung weitergehende Erkenntnisse ergeben hätten, die den „Tatverdacht“ gestützt hätten, wäre die Durchsuchung selbst vom BVerfG beanstandet worden, da die Verdachtsgründe, wie soeben beschrieben, zum Zeitpunkt der Durchsuchungsanordnung bereits vorliegen müssen und nicht erst durch die Durchsuchung gefunden werden dürfen.

Und noch ein Übrigens: Die Polizei darf sich nicht darauf verlassen, dass das BVerfG eine Maßnahme stützt, indem es selbst auf einen alternativen Tatverdacht abstellt. Ausdrücklich beurteilt das BVerfG vorliegend nicht die Frage, ob eventuell ein Anfangsverdacht wegen des unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln gegeben wäre, da die Durchsuchungsanordnung ausschließlich auf den Verdacht der Beihilfe zum Handeltreiben gestützt ist.

Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.7.2022

Dieses Verfahren ist insofern ein besonderes, als Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft geführt wurden und die angegriffene Durchsuchungsanordnung durch den Ermittlungsrichter des BGH erging. Ermittelt wurde gegen eine Beschuldigte wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, zum Teil in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung. Der Ermittlungsrichter hat zunächst die Durchsuchung der Person, der Wohnung und der Fahrzeuge der Beschuldigten zum Zwecke der Sicherstellung im Einzelnen näher bezeichneter Tat- und sonstiger Beweismittel (Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenstände, elektronische Speichermedien, Lichtbilder und Videos und schriftliche Unterlagen) angeordnet. Taugliche Ermächtigungsgrundlage für diese Maßnahme ist § 102 StPO. Im Zuge dieser Durchsuchung ist man indes auf ein weiteres Zimmer in der Wohnung des Beschuldigten gestoßen, nämlich das Zimmer des Beschwerdeführers B2. Telefonisch hat der Richter nunmehr auch die Durchsuchung dieses Zimmers, allerdings nach § 103 StPO, angeordnet. B2 wurde also nicht als weiterer Beschuldigter angesehen. Die Durchsuchung ist sofort vollzogen worden und es wurden weitere Gegenstände sichergestellt.

Anders als im zuvor beschriebenen Verfahren ist vorliegend die differenzierte Beurteilung eines für die Durchsuchungen erforderlichen Anfangsverdachts unstrittig. Aufgrund belastbarer Hinweise ist einerseits ein Anfangsverdacht gegen die Beschuldigte anzunehmen, und andererseits wird ein Anfangsverdacht gegen B2 gar nicht angenommen, weshalb die Durchsuchung von dessen Zimmer gemäß § 103 StPO erfolgte.

Interessant ist in diesem Zusammenhang aber eine weitere Voraussetzung für die Durchsuchung von Wohnungen. Dabei geht es um die Frage, ob mit dem Auffinden der vermuteten Beweisgegenstände gerechnet werden kann. Hier ist zwischen §§ 102 und 103 StPO zu unterscheiden. Während es bei der Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten lediglich nach der Lebenserfahrung in gewissem Grade wahrscheinlich sein muss, dass Beweisgegenstände aufgefunden werden können (man kann auch von einem eher abstrakten Auffindeverdacht oder von der so genannten Erfolgsvermutung sprechen), müssen bei der Durchsuchung der unverdächtigen Person nach § 103 StPO aufgrund deren höherer Schutzwürdigkeit konkrete Gründe dafür sprechen, dass bestimmte gesuchte Beweisgegenstände in den entsprechenden Räumlichkeiten gefunden werden können (konkrete Erfolgsvermutung).[5]

Der BGH begründet nun im Einzelnen, warum er vorliegend diese konkreten Erfolgserwartungen als berechtigt ansieht. Es handelt sich um ein Zimmer innerhalb der Wohnung der Beschuldigten, welches B2 aber erst seit Kurzem als Untermieter bewohnt, ohne Mietvertrag und ohne amtliche Anmeldung. Es sei demnach durchaus erwartbar, dass das Zimmer zuvor nicht vollständig leergeräumt gewesen sein könnte. Ferner sei es nicht fernliegend, dass die Personen Gegenstände im jeweils anderen Wohnbereich verwahren, zumal die Zimmertüren ausdrücklich mit dem jeweiligen Namen gekennzeichnet seien. Schließlich sei ebendiese Vorgehensweise im Rahmen der kriminellen Vereinigung bereits bekannt. Offensichtlich ist also, dass der BGH zwar keine absolute Sicherheit fordert, Beweisgegenstände zu finden – wie soll er das auch tun … -, aber doch Wert darauf legt, dass die Umstände, aus denen die Vermutung entsteht, solche Gegenstände zu finden, sehr konkret beschrieben werden; in jedem Fall konkreter als er das bei einer Durchsuchung nach § 102 StPO verlangen würde.

Darüber hinaus sind die Voraussetzungen einer Durchsuchung nach § 103 StPO aber auch hinsichtlich der Beschreibung der Beweisgegenstände strenger als bei § 102 StPO. Im letzteren Fall genügt eine allgemeine Aussicht, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden. Im Wohnungsbereich der nichtbeschuldigten Person jedoch müssen hinreichend individualisierte (bestimmte) Beweismittel für die aufzuklärende Straftat gesucht werden. Diese Gegenstände müssen in der Durchsuchungsanordnung so deutlich konkretisiert werden, dass keine Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können, weder für die Beamten noch für den Betroffenen selbst. Andererseits müssen (und oftmals auch können) sie nicht in allen Einzelheiten bezeichnet werden, eine Beschreibung der Gattung nach muss genügen.[6] Dies ist natürlich eine sehr abstrakte Beschreibung der Anforderungen, die im Einzelnen zu konkretisieren durchaus schwierig ist.

Vorliegend jedenfalls hat der BGH die Anordnung gehalten. Zwar mag die telefonische ausdrückliche Ansage ungenau gewesen sein. Entscheidend ist hier aber anzuerkennen, dass völlig zweifelsfrei auch im Zimmer von B2 dieselben Gegenstände gesucht wurden wie im Rest der Wohnung der Beschuldigten. In dieser schriftlichen Durchsuchungsanordnung aber wurde in hinreichendem Maße deutlich gemacht, welche Gegenstände gesucht werden. Insbesondere wurden sie dadurch konkretisiert, dass sie mit den Ausspähaktivitäten der Beschuldigten im Zusammenhang stehen müssen. Auch im richterlichen Vermerk, der im Zusammenhang mit der mündlichen Anordnung gefertigt wurde, ist von der Beschuldigten zuzuordnenden beweisrelevanten Gegenständen die Rede. Durch diese Einschränkung sei für die durchsuchenden Beamte eindeutig klar gewesen, worauf sie ihr Augenmerk zu richten haben. Darüber hinaus verweist der BGH noch auf § 110 StPO, wonach bei sichergestellten Papieren und elektronischen Speichermedien eine besondere Überprüfung vorgesehen ist, ob diese als Beweismittel in Betracht kommen.

Bedeutung für die Praxis

  1. Wohnungsdurchsuchungen stellen erhebliche Grundrechtseingriffe in Art. 13 GG dar und unterliegen dementsprechend strengen Voraussetzungen, die entweder bereits bei der richterlichen Anordnung oder natürlich auch bei der polizeilichen Vorgehensweise unter Annahme von Gefahr im Verdacht zu beachten sind. Anderenfalls droht die Anordnung oder Durchführung von den Gerichten als rechtswidrig angesehen zu werden, mit der Gefahr, dass aus einem solchen Beweiserhebungsverbot sogar ein umfassendes Beweisverwertungsverbot folgen kann.
  2. Voraussetzung für eine repressive Wohnungsdurchsuchung ist das Bestehen eines Anfangsverdachts einer Straftat nach § 152 Abs. 2 StPO. Es sind also auf konkreten Tatsachen beruhende Verdachtsgründe zu verlangen, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Diese Verdachtsgründe müssen bereits bei der Durchsuchungsanordnung vorliegen. Keineswegs darf die Durchsuchung der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Anfangsverdachts erst erforderlich sind. Der bloße Aufenthalt eines Pkw eines zu Recht Beschuldigten in der unmittelbaren Nähe einer weiteren Person führt zu keinem Anfangsverdacht gegen die weitere Person.
  3. Bezüglich der zu suchenden Beweisgegenstände ist zu differenzieren. Während es bei der Wohnungsdurchsuchung beim Beschuldigten (§ 102 StPO) lediglich nach der Lebenserfahrung in gewissem Grade wahrscheinlich sein muss, dass Beweisgegenstände aufgefunden werden können, müssen bei der Durchsuchung der unverdächtigen Person nach § 103 StPO konkrete Gründe dafür sprechen, dass bestimmte gesuchte Beweisgegenstände in den entsprechenden Räumlichkeiten gefunden werden können. Dabei kann es durchaus erwartbar sein, dass zwischen einem Vermieter und seinem Untermieter, der erst seit kurzem ein Zimmer in der Wohnung des Vermieters bewohnt, ohne Mietvertrag und ohne angemeldet zu sein, Gegenstände des beschuldigten Vermieters sich entweder noch von vorher in dem Zimmer befinden oder Gegenstände im jeweils anderen Wohnungsbereich aufbewahrt werden.
  4. Während bei § 102 StPO eine allgemeine Aussicht genügt, irgendwelche relevanten Beweismittel zu finden, müssen im Wohnungsbereich der nichtbeschuldigten Person hinreichend individualisierte (bestimmte) Beweismittel für die aufzuklärende Straftat gesucht werden. Diese Gegenstände müssen in der Durchsuchungsanordnung so deutlich konkretisiert werden, dass keine Zweifel über die zu suchenden und zu beschlagnahmenden Gegenstände entstehen können. Andererseits müssen sie nicht in allen Einzelheiten bezeichnet werden, eine Beschreibung der Gattung nach muss genügen.

Wie so häufig ist wesentliche Aufgabe der Polizei, Ihre Erkenntnisse und Ermittlungsergebnisse sorgfältig und umfassend zu dokumentieren. Nur so kann der Richter bei seiner Anordnung, aber auch der Richter im Beschwerdeverfahren das Vorliegen eines Anfangsverdachts einerseits und die Auffindevermutung andererseits prüfen und ggf. feststellen. Zugleich zeigt ein Blick auf die häufig sehr abstrakten Definitionen, dass die Kenntnis (aktueller) Rechtsprechung auch für die Polizei unabdingbar ist, um die Definitionen „mit Leben zu füllen“ und in der Praxis handhabbar zu machen.


[1] BayObLG Beck RS 2021, 34056, Bialon/Springer, Eingriffsrecht, 7. Aufl. 2022, S. 202.

[2] § 39 PolG NRW: Durchsuchung von Personen; § 40 PolG NRW: Durchsuchung von Sachen; § 41 PolG NRW: Durchsuchung von Wohnungen.

[3] BVerfG, Beschl. v. 29.7.2020, 2 BvR 1188/18, juris, Rn. 43.

[4] BVerfGE 115, 166, 197 f.

[5] Vgl. BVerfG NJW 2016, 1645; vgl. Bialon/Springer, a.a.O., S. 195 und 204 f.

[6] BGH, Beschl. v. 28.6.2018, StB 14/18, juris, Rn. 16.