Fahren ohne Fahrerlaubnis mit einem E-Scooter?

Von POK Martin Maibach

Seit einigen Jahren gehören sie vor allem in Großstädten zum gewohnten Straßenbild: Elektrokleinstfahrzeuge, im Folgenden der Einfachheit halber „E-Scooter“ genannt. Waren diese früher zunächst meist illegal (weil ohne erforderliche Haftpflichtversicherung) unterwegs, sind sie seit Inkrafttreten der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung (eKFV)[2] im Jahr 2019 als fahrerlaubnisfrei Kraftfahrzeuge gesetzlich zugelassen. Häufig werden sie zur Überbrückung der „letzten Meile“ zwischen öffentlichem Verkehrsmittel und Reiseziel genutzt.

Kann man mit diesen fahrerlaubnisfreien Kraftfahrzeugen dennoch ein strafbares Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG[3] begehen? Klare Antwort: Ja!

1 Grundsätzlich keine Fahrerlaubnis nötig

Neben dem Erfordernis der Haftpflichtversicherung und bestimmten technischen Ausrüstungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden soll, muss der Fahrer gem. § 3 eKFV mindestens 14 Jahre alt sein. Eine Fahrerlaubnis sieht diese Vorschrift nicht vor. § 4 Abs. 1 Nr. 1a. FeV[4] regelt sogar explizit, dass zum Führen eines solchen Gefährts keine Fahrerlaubnis erforderlich ist. Ein Mindestalter ist nach § 10 Abs. 3 S. 2 a.) FeV nicht vorgesehen. Will heißen: Selbst wenn eine Person unter 14 Jahren einen E-Scooter führt, liegt, völlig unabhängig von der nicht vorliegenden Schuldfähigkeit des Kindes gem. § 19 StGB[5], schon tatbestandsmäßig kein Fahren ohne Fahrerlaubnis vor.

2 Entzug der Fahrerlaubnis durch die Verwaltungsbehörde

Die Fahrerlaubnisbehörde hat gem. § 46 FeV die Fahrerlaubnis bei Bekanntwerden bestimmter Umstände (z.B. gesundheitlicher Einschränkungen) zu entziehen. Auf das Führen eines E-Scooters hat diese Maßnahme jedoch keine Auswirkung, da für einen solchen keine Fahrerlaubnis benötigt wird. Folglich liegt bei behördlichem Entzug der Fahrerlaubnis und anschließendem Führen eines E-Scooters auch kein Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 StVG vor.

3 Untersagung des Führens durch die Verwaltungsbehörde

Gem. § 3 Abs. 1 S. 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde das Führen von Tieren oder fahrerlaubnisfreien Fahrzeugen (also auch von E-Scootern oder sogar von Fahrrädern) unter Vorliegen bestimmter Voraussetzungen zu untersagen, zu beschränken oder von Auflagen abhängig zu machen. Hier gelten die üblichen Regelungen des Verwaltungsrechts inkl. Verwaltungszwang. Wird der Fahrerlaubnisbehörde z.B. bekannt, dass eine Person an einer Betäubungsmittelabhängigkeit leidet, kann sie das Führen von E-Scootern vollständig untersagen und dies auch zwangsweise (z.B. mit Zwangsgeld) durchsetzen. Auch Beschränkungen sind denkbar: Verfügt beispielsweise eine Person bei Dunkelheit nicht mehr über ausreichende Sehkraft, kann die Behörde die Untersagung auch auf die Zeit ohne Tageslicht eingrenzen.

Mangels Auflistung dieser behördlichen Verfügungen nach § 3 FeV in § 21 StVG wird bei Zuwiderhandlung jedoch kein Fahren ohne Fahrerlaubnis begründet. Es handelt sich lediglich um die Nichtbeachtung einer verwaltungsrechtlichen Anordnung sowie um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit gem. § 75 Nr. 3 FeV (Tatbestandsnummer 203000, Regelsatz: 25,- € Verwarnungsgeld).

4 Entzug der Fahrerlaubnis im Strafverfahren

Wird eine in § 69 StGB genannte Straftat unter Führung eines Kraftfahrzeugs begangen, kann die Fahrerlaubnis im Strafverfahren entzogen werden. Dies kann bereits unmittelbar nach der Tat durch Sicherstellung bzw. Beschlagnahme des Führerscheins gem. § 94 Abs. 3 StPO[6] oder erst später mit richterlicher Entscheidung geschehen.

Ein E-Scooter ist zweifelsfrei ein Kraftfahrzeug, da es ein „nicht dauerhaft spurgeführtes Landfahrzeug (ist, das) durch Maschinenkraft bewegt (wird)“[7]. Will heißen: Wer eine Katalogtat des § 69 StGB unter Führung eines E-Scooters begangen hat (z.B. eine Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB), dessen Führerschein kann von der Polizei schon direkt vor Ort gem. § 94 Abs. 3 StPO sichergestellt bzw. beschlagnahmt und die Fahrerlaubnis so entzogen werden. Im richterlichen Urteil wird dann mit der Bestätigung des Entzugs und einer entsprechenden Sperrfrist zur Neuerteilung der Fahrerlaubnis gem. § 69a StGB zu rechnen sein.

Aber welche Folgen hat dieser Fahrerlaubnisentzug für das künftige Führen des E-Scooters, mit dem die Tat begangen worden ist? Gar keine! Der S-Scooter ist und bleibt fahrerlaubnisfrei und darf, sobald etwaige körperliche Voraussetzungen wie Nüchternheit wieder vorliegen, sofort wieder geführt werden. Ein Fahren ohne Fahrerlaubnis wird nach einem gerichtlichen Fahrerlaubnisentzug durch erneutes Führen des E-Scooters nicht verwirklicht.

5 Strafrechtliches Fahrverbot

Nun hat das Tatgericht aber nicht nur die Möglichkeit des Fahrerlaubnisentzugs gem. § 69 StGB, sondern es kann (zusätzlich) auch ein bis zu sechsmonatiges Verbot zum Führen bestimmter oder aller Kraftfahrzeuge gem. § 44 StGB (Fahrverbot) aussprechen – auch für Inhaber einer ausländischen Fahrerlaubnis und auch für Täter, deren Tat nichts mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs zu tun hatte. Untersagt der Richter in seinem Urteil also das Führen von Kraftfahrzeugen aller Art oder explizit von E-Scootern, so darf der Verurteilte anschließend keinen E-Scooter mehr führen.

Und falls doch? Begeht er dann ein strafbares Fahren ohne Fahrerlaubnis, obwohl man für einen E-Scooter ja gar keine Fahrerlaubnis benötigt? Ja! § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG stellt es explizit auch unter Strafe, ein Kraftfahrzeug zu führen, wenn dies gem. § 44 StGB verboten ist. Der Führer eines fahrerlaubnisfreien E-Scooter macht sich also des Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar!

Aber Achtung: Ist die Fahrverbotsfrist abgelaufen, darf der Verurteilte, ohne dies explizit beantragen zu müssen, wieder einen E-Scooter fahren.

6 Bußgeldrechtliches Fahrverbot

Noch sehr viel öfter als in Strafverfahren dürfte in Bußgeldverfahren (z.B. wegen zu schnellen Fahrens oder Nichtbildens einer Rettungsgasse) ein Fahrverbot von bis zu drei Monaten gem. § 25 StVG ausgesprochen werden. Auch dies ist gegen Inhaber ausländischer Fahrerlaubnisse möglich.

Kann dies nun, wie beim strafrechtlichen Fahrverbot, auch Auswirkungen auf das Führen von E-Scootern haben? Ja! Denn auch hier haben die Bußgeldbehörde bzw. das Gericht die Möglichkeit, das Fahrverbot auf sämtliche oder nur auf bestimmte Kraftfahrzeuge zu erstrecken. Wurde also jemanden aufgrund eines erheblichen Geschwindigkeitsverstoßes ein Fahrverbot bzgl. aller Kraftfahrzeuge ausgesprochen, so darf derjenige im Verbotszeitraum auch keinen E-Scooter führen.

Macht er es doch, so begeht er gem. § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG ein strafbares Fahren ohne Fahrerlaubnis, da die Norm auch Fahrverbote gem. § 25 StVG umfasst.

7 Strafbarkeit des Halters

Vielfach wird davon ausgegangen, ein Halter existiere nur bei zulassungspflichtigen Fahrzeugen (z.B. Pkw) und sei immer identisch mit dem Inhaber der Zulassung. Dies ist nicht der Fall.

Halter ist, wer die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Kraftfahrzeug besitzt und für die Betriebskosten aufkommt.[8] Im Falle des E-Scooters wäre dies also i.d.R. der private Besitzer oder der gewerbliche Vermieter.

Lässt dieser Halter des E-Scooters es nun zu bzw. ordnet an, dass dieser von einer Person geführt wird, welche einem entsprechenden Fahrverbot gem. § 44 StGB oder § 25 StVG unterliegt, so verwirklicht er den objektiven Tatbestand der Halterstrafbarkeit des § 21 StVG.

Nun reicht im Strafrecht der objektive Tatbestand aber nicht aus. Der Täter muss auch den subjektiven Tatbestand erfüllen. Dieser erfordert beim Fahren ohne Fahrerlaubnis mindestens Fahrlässigkeit. Der Halter muss bei Überlassen seines E-Scooters an den Fahrer also die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht gelassen und somit das Fahren ohne Fahrerlaubnis ermöglicht haben.

Bei fahrerlaubnispflichtigen Kraftfahrzeugen ist der Fall relativ einfach zu lösen: Der überlassende Halter lässt sich ein gültiges Führerscheindokument vorlegen und hat somit i.d.R. alles in seiner Macht Stehende getan, um ein Fahren ohne Fahrerlaubnis zu verhindern. Verfügt der Fahrer trotz vorliegenden Führerscheins nicht über eine gültige Fahrerlaubnis, ist das dem Halter meist nicht anzulasten, da er keine Abfragen im Fahreignungsregister vornehmen kann.

Bei E-Scootern, für welche keine Fahrerlaubnis gefordert ist, sieht die Sachlage jedoch völlig anders aus: Sofern der überlassenden Halter nichts von einem gegen den Fahrer verhängten Fahrverbot gem. § 44 StGB oder § 25 StVG weiß oder es für möglich hält, ist ihm bzgl. des anschließendes Zulassen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis kaum eine Fahrlässigkeit und erst Recht kein Vorsatz nachzuweisen, sodass der Halter in den meisten Fällen straffrei ausgehen dürfte.

Um auf „Nummer sicher“ zu gehen, könnte der überlassende Halter des E-Scooters den Fahrer im Vorfeld bzgl. eines solchen Fahrverbots befragen. Wird die Antwort negativ beschieden und liegen auch sonst keine Anhaltspunkte dafür vor, ist dem Halter i.d.R. kein Vorwurf zu machen.

8 Einziehung des E-Scooters

Eine vielfach unbekannte Vorschrift ist der § 21 Abs. 3 StVG: Dieser erlaubt bei vorsätzlichen Fahrten ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 1 StVG u.U. eine Einziehung des Fahrzeugs als Tatmittel. Voraussetzung neben der vorsätzlichen Tatbegehung ist ein Fahrverbot nach § 44 StGB oder § 25 StVG, ein Entzug der Fahrerlaubnis oder eine isolierte Sperre gem. § 69a Abs. 1 S. 3 StGB.

Die Einziehung eines E-Scooters nach Fahren ohne Fahrerlaubnis, welches bei diesen Kraftfahrzeugen ja nur nach erlassenem Fahrverbot gem. § 44 StGB oder § 25 StVG möglich ist, ist also denkbar.

Eine wiederholte Begehung gem. § 21 Abs. 3 Nr. 3 StVG ist in diesen Fällen nicht gefordert, sondern nur dann nötig, wenn das Fahren ohne Fahrerlaubnis ohne Fahrverbot, Entzug der Fahrerlaubnis oder isolierte Sperre begangen wurde (z.B. wenn eine Person ein Kraftfahrzeug der Fahrerlaubnisklasse C1 führt, obwohl sie nur die Klasse B besitzt).

Aber nochmals zur Erinnerung: Eine Einziehung kommt nur bei vorsätzlicher Tatbegehung gem. § 21 Abs. 1 StVG in Betracht. Fahrlässige Fahren ohne Fahrerlaubnis gem. § 21 Abs. 2 Nr. 1 StVG erlauben es nicht, das Kraftfahrzeug einzuziehen. Hierbei sei angemerkt, dass die meisten Fahren ohne Fahrerlaubnis fahrlässig verurteilt werden, da der Tatnachweis der Vorsätzlichkeit, zumindest beim ersten Verstoß, kaum zu erbringen ist.

Sind Fahrer und Halter nicht identisch, muss sich der zur Einziehung des Fahrzeugs erforderliche Vorsatz natürlich auf den Halter beziehen. Dieser muss also wenigstens billigend in Kauf genommen haben, dass sein E-Scooter von einer Person geführt wurde, die einem Fahrverbot gem. § 44 StGB oder § 25 StVG unterlag.

Kurzer Exkurs: Strafbar wegen Zulassens bzw. Anordnens des Fahrens ohne Fahrerlaubnis kann sich nur der Halter eines Kraftfahrzeugs machen, nicht z.B. der Halter eines Anhängers, der ohne erforderliche Fahrerlaubnis geführt wurde. Vorsätzliche Beihilfe gem. § 27 StGB ist aber denkbar.

9 Tipps für die Praxis

Wie kann der einschreitende Beamte nun feststellen, ob der E-Scooter-Führer einem Fahrverbot unterliegt oder nicht? Anders als bei Pkw-Fahrern existiert kein dem Führerschein vergleichbares Dokument, welches die Voraussetzungen zum legalen Führen des E-Scooters nachweist.

Sofern der Fahrer nicht freimütig den schriftlichen Fahrverbotsbescheid gem. § 44 StGB oder § 25 StVG aushändigt und das Fahren ohne Fahrerlaubnis somit direkt feststeht, gilt: Es sollte immer eine Abfrage im Fahreignungsregister durchgeführt werden. Nur so lässt sich nachvollziehen, ob ein Verbot zum Führen eines E-Scooters besteht oder nicht.

Diese Abfrage sollte übrigens bei sämtlichen Kraftfahrzeugkontrollen erfolgen – auch dann, wenn der Fahrer eines Pkws einen Führerschein vorzeigt. Es kann nämlich nicht ausgeschlossen werden, dass dieser einem Fahrverbot oder gar einem Entzug der Fahrerlaubnis unterliegt und das Dokument nicht abgegeben oder sich in der Zwischenzeit eine ausländische Fahrerlaubnis, welche dann hier nicht gilt, besorgt hat.

Es sei aus eigener Kontrollerfahrung jedoch erwähnt, dass insbesondere Fahrverbote oftmals nicht in das Fahreignungsregister eingetragen werden. Daraus folgt, dass einige Fahren ohne Fahrerlaubnis trotz Kontrolle unentdeckt bleiben.

10 Zusammenfassung

  • Elektrokleinstfahrzeuge (E-Scooter) gem. eKFV sind fahrerlaubnisfreie Kraftfahrzeuge.
  • Unterliegt der Fahrer eines solchen Kraftfahrzeugs einem straf- (§ 44 StGB) oder bußgeldrechtlichen (§ 25 StVG) Fahrverbot, welches E-Scooter (oder alle Kraftfahrzeuge) miteinschließt, macht er sich gem. § 21 StVG des Fahrens ohne Fahrerlaubnis strafbar.
  • Dies kann durch Überprüfung des Fahreignungsregisters in Erfahrung gebracht werden.
  • Ein behördlicher oder gerichtlicher Entzug der Fahrerlaubnis führt nicht zum Fahren ohne Fahrerlaubnis mit E-Scooter.
  • Eine fahrerlaubnisbehördliche Untersagung des Führens von E-Scootern begründet ebenfalls keine Strafbarkeit, sondern lediglich eine geringfügige Ordnungswidrigkeit. Jedoch kann die Behörde die Verfügung mit Zwangsmitteln (z.B. Zwangsgeld) durchsetzen.
  • Strafbarkeit des Halters sowie die Einziehung des Kraftfahrzeugs sollten stets geprüft werden.

[2] Verordnung über die Teilnahme von Elektrokleinstfahrzeugen am Straßenverkehr (Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV), Rechtsverordnung vom 6.6.2019 (BGBl. I S. 756)

[3] Straßenverkehrsgesetz (StVG), Gesetz vom 5.3.2003 (BGBl. I S. 310, 919)

[4] Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV), Rechtsverordnung vom 13.12.2010 (BGBl. I S. 1980)

[5] Strafgesetzbuch (StGB), Gesetz vom 13.11.1998 (BGBl. I S. 3322)

[6] Strafprozeßordnung (StPO), Gesetz vom 7.4.1987 (BGBl. I S. 1074, 1319)

[7] § 2 Nr. 1 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr (Fahrzeug-Zulassungsverordnung – FZV), Rechtsverordnung vom 3.2.2011 (BGBl. I S. 139)

[8] BGH, Urt. vom 22.3.1983 – VI ZR 108/81 –