Repetitorium: Drei Verfahrensgrundsätze des Strafverfahrens und ihre Bedeutung für die Polizei

Prof. Karoline H. Starkgraff, Akademie der Polizei Hamburg

Einleitung

Die Reihe „Bekanntes und Neues aus dem Strafrecht“ soll einige Grundlagen des Strafrechts und Strafprozessrechts in das Gedächtnis zurückrufen, weist auf Neuregelungen hin und bietet damit die Gelegenheit, vorhandenes Wissen zu überprüfen und zu aktualisieren. Eine kurze Einführung in das Thema frischt vorhandenes Wissen auf. Das Repetitorium dieser Ausgabe stellt drei wesentliche Verfahrensgrundsätze (Prozessmaximen) des Strafverfahrens vor und verdeutlicht ihre Bedeutung für die polizeiliche Arbeit. Literaturhinweise zu einzelnen Aspekten des Themas finden Sie am Ende des Beitrags, vor dem Arbeitsblatt. Die Aufgabe besteht in dieser Folge aus einem Lückentext, der zu vervollständigen ist.

Einführung in das Thema

Am Beginn der Vorlesungen zum Strafprozessrecht oder zur Rechtsmethodik stehen neben der Unterscheidung der Rechtsgebiete, der Normhierarchie und dem Gang des Strafverfahrens auch die Prozessmaximen im Curriculum, also „auf dem Stundenplan“. Das ist eine Menge „Paukwissen“, welches je nach Prüfungsform mehr oder weniger intensiv gelernt, aber leider schnell wieder vergessen wird. Schmitt-Leonard und Klarmann weisen in ihrem aktuellen zweiteiligen Beitrag[1] zutreffend darauf hin, dass Kenntnisse der Grundlagen nicht nur das Prüfungsergebnis verbessern helfen, sondern ermöglichen, „eine stabilere eigene Argumentationsposition in … Detailfragen … einzunehmen.“ [2].

Die Verfahrensgrundsätze

Viele Verfahrensgrundsätze sind im gesamten Strafverfahren, von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens bis zu einer Wiederaufnahme eines zunächst rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, von Bedeutung. In diesem Beitrag geht es nur um die Abgrenzungen und Überschneidungen der drei großen Maximen: Offizial-, Legalitäts- und Anklageprinzip.

Für spätere Beiträge ist die Behandlung der Unschuldsvermutung, der Selbstbelastungsfreiheit, des Doppelbestrafungsverbots und der Prozessmaximen[3], die den Ablauf der strafrechtlichen Hauptverhandlung prägen, vorgesehen. Auch die Einzelheiten der Verständigung im Strafverfahren (§ 257c Abs. 1 StPO) können in der aktuellen Folge des Repetitoriums nicht erörtert werden.

Das Offizialprinzip besagt, dass die Strafverfolgung allein Aufgabe des Staates ist. Das Legalitätsprinzip verpflichtet die Strafverfolgungsbehörden, dieser Aufgabe nachzukommen und grundsätzlich jeden Anfangsverdacht durch weitere Ermittlungen zu verfolgen. Und nach dem Anklageprinzip ist eine richterliche Befassung nur möglich, nachdem sich die Ermittlungsbehörde, in der Regel die Staatsanwaltschaft, zu einer Anklageerhebung entschlossen hat.

Das Offizialprinzip (§ 152 Abs. 1 StPO)

Regelungsstandort und Inhalt

Rechtlich verortet wird das Offizialprinzip in § 152 Abs. 1 StPO. Dort ist zwar die „Erhebung der öffentlichen Klage“ geregelt, aber als Aufgabe dem Staat, konkret der Staatsanwaltschaft zugeordnet. Der Staat hat heute das Monopol der Strafverfolgung, so dass Selbstjustiz unzulässig geworden ist. Dies gilt sowohl für den aufgebrachten Mob, der einen Tatverdächtigen ausgeliefert bekommen möchte, als auch für den Verletzten einer Tat. Das kann das Opfer selbst oder – bei tödlichem Ausgang der Tat – ein Hinterbliebener sein, der Bestrafung durchsetzen will oder Rache schwört.[4]

Der Gesetzgeber hält mit dem Privatklageverfahren (§§ 374 ff. StPO) an einer wesentlichen Ausnahme vom Offizialprinzip fest. Das Privatklageverfahren hatte bis in die 1960er Jahre seinen Anteil an der Strafverfolgung.[5] Straftaten gegen die eigene Ehre oder die körperliche Unversehrtheit verfolgte der Kläger selbst. Seit langem werden die Abschaffung oder wenigstens eine Reform gefordert.[6] Für die Staatsanwaltschaft bringt die Verweisung auf den Privatklageweg eine spürbare Entlastung im Tagesgeschäft. Die Fallzahlen liegen im sechsstelligen Bereich.[7] Hinzu kommt, dass ein Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) des Verletzten ausgeschlossen ist, weil ihm – statt die staatsanwaltschaftliche Anklage zu erzwingen – gestattet ist, selbst den strafrechtlichen (An-)klageweg zu beschreiten. Diese Möglichkeit wird jedoch kaum noch genutzt.[8]

Eine weitere Ausnahme vom Offizialprinzip bilden die Delikte, die nur auf Strafantrag verfolgbar sind.[9] Die Nachstellung ist auch hinsichtlich Abs. 1 seit dem 1. Okt. 2021 ein Offizialdelikt. Abs. 4 der Norm wurde ersatzlos gestrichen. Die öffentliche Wahrnehmung von Nachstellungstaten sei gestiegen, dem sei „Rechnung zu tragen“.[10]

Die Bedrohung kann seit der Neuregelung zum 3. April 2021 gemäß § 241 Abs. 5 StGB durch Verweis auf das angedrohte Delikt ein (kompliziert geregeltes) Antragsdelikt sein. Das soll Wertungswidersprüche zwischen der angedrohten Tat und der Bedrohung selbst vermeiden.[11] Gleichwohl ist die Bedrohung auch Privatklagedelikt (§ 374 Abs. 1 Nr. 5 StPO), und zwar unabhängig davon, ob die Tat ein Antragsdelikt ist oder nicht.

Nur absolute Antragsdelikte heben das Offizialdelikt vollkommen auf. Bei relativen Antragsdelikten bleibt der Staatsanwaltschaft ein Entscheidungsspielraum, ob ein besonderes (!) öffentliches Interesse an der Strafverfolgung besteht. Zur Entscheidungshilfe dienen die Richtlinien im Straf- und Bußgeldverfahren (RiStBV)[12], eine bundeseinheitliche Verwaltungsvorschrift.

Polizeiliche Bedeutung

Wesentliche polizeiliche Bedeutung erlangt das Offizialprinzip, wenn bei Verdacht eines Offizialdelikts ermittelt werden muss, obwohl der Verletzte dies nicht will. Überschneidungen mit dem Legalitätsprinzip (dazu sogleich) sind offensichtlich. Beispiele für diese Fallgestaltung sind

  • Erpressungsopfer, die aus Sorge um entführte Familienmitglieder der Forderung „keine Polizei“ nachkommen und das Lösegeld zahlen wollen;
  • Betrugsopfer, die nicht kooperieren wollen, weil die Polizei vermuten könnte, dass das ergaunerte Bargeld aus Steuerhinterziehung stammt;
  • Fälle häuslicher Gewalt, in denen den Beteiligten kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, z.B. bei nicht verheirateten Paaren oder in manchen Patchwork-Familien-Konstellationen[13];
  • Opfer sexueller Übergriffe, die nicht als Zeugen aussagen und sich nicht rechtsmedizinisch untersuchen lassen wollen.

In diesen Fällen muss die Strafverfolgung gegen den Willen des Verletzten mit den zulässigen Maßnahmen betrieben werden. Am letzten Beispiel wird deutlich, dass es auf Detailkenntnisse strafprozessualer Maßnahmen ankommen kann: Opferzeugen sind, wie alle Zeugen, zur wahrheitsgemäßen Aussage verpflichtet. Dies gilt zunächst nur für Vernehmungen vor Gericht und vor der Staatsanwaltschaft. Gemäß § 163 Abs. 3 StPO muss der von der Staatsanwaltschaft geladene Zeuge bei der Polizei zur Vernehmung[14] erscheinen. Körperliche Untersuchungen und körperliche Eingriffe gemäß § 81c StPO muss ein Zeuge nur in begrenztem Maße dulden. Durchsuchungen der Person (gemäß § 103 StPO bei Unverdächtigen) sind wiederum weitgehend zulässig. Sind das Auskratzen des Drecks unter den Fingernägeln, das Abkleben der Haut zur Sicherung von DNA-Spuren, das Auskämmen der Haare oder das Abkleben/Ausschütteln der Kleidung nun Durchsuchungen, körperliche Untersuchungen oder sogar körperliche Eingriffe? Das wird im Einzelfall aus grundrechtlicher Perspektive zu betrachten sein. Aus Verletztenperspektive bieten zunehmend forensische Ambulanzen einen Ausweg. Dort sichern Rechtsmediziner körpernahe Spuren und dokumentieren Verletzungen, ohne dass eine Strafanzeige erstattet werden muss.[15] Ärzte sind durch ihr berufliches Zeugnisverweigerungsrecht befugt, über begangene Straftaten zu schweigen. Erfährt die Strafverfolgungsbehörde, z.B. von Dritten, dennoch von der Tat, muss ermittelt und die Staatsanwaltschaft mittels Strafanzeige über die Tat in Kenntnis gesetzt werden.

Das Legalitätsprinzip (§§ 152 Abs. 2, 160, 163 Abs. 1 StPO)

Regelungsstandort und Inhalt

In § 152 Abs. 2 StPO folgt direkt nach dem Offizialprinzip das Legalitätsprinzip. Beide Verfahrensgrundsätze bedingen einander. Der Übernahme der alleinigen Befugnis zur Strafverfolgung entspricht die Pflicht, die Strafverfolgung in jedem Fall vorzunehmen. Das Legalitätsprinzip ist der Zwilling des Offizialprinzips. Wenn ausschließlich der Staat eine Straftat verfolgen darf, hat der Bürger bzw. hat „die Rechtsgemeinschaft“[16] einen Anspruch darauf, dass diese Befugnis nicht willkürlich und selektiv ausgeübt wird, sondern verpflichtend auszuüben ist. Für die Staatsanwaltschaft ist die Ermittlungspflicht und deren Umfang in den §§ 160, 161 StPO nochmals beschrieben.

Polizeiliche Bedeutung

Die Polizei wird aus § 163 Abs. 1, § 161 Abs. 1 StPO verpflichtet, Ermittlungen vorzunehmen. Dass es der Gesetzgeber „Ernst meint“, zeigt eine dreifache Absicherung des Verfolgungsgebots:

Erstens durch den Eid, bei dem in Hamburg u.a. geschworen wird, „alle in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Gesetze zu wahren“[17], in Nordrhein-Westfalen „Verfassung und Gesetze [zu] befolgen und [zu] verteidigen“ und in Bayern „Gehorsam den Gesetzen“[18] zu geloben.

Zweitens fehlt bei der Strafandrohung für eine Strafvereitelung im Amt gemäß § 258a StGB die Möglichkeit, eine Geldstrafe zu verhängen. Das Sonderdelikt weist damit eine empfindlichere Strafandrohung aus als § 258 StGB.

Der dritte wesentliche Unterschied liegt im Angehörigenprivileg, welches Amtsträgern nicht zusteht. § 258 StGB, die Strafvereitelung durch eine Person, die nicht zur Strafverfolgung berufen ist, enthält in Abs. 6 einen persönlichen Strafausschließungsgrund.[19] Obwohl Tatbestand, Rechtswidrigkeit und Schuld gegeben sind, wird der Täter nicht bestraft, wenn die Tat zugunsten eines Angehörigen begangen wurde. Hier nimmt der Gesetzgeber Rücksicht auf die familiäre Konfliktlage, in der sich der Täter befindet, wenn er von Straftaten eines Angehörigen erfährt. Natürlich geraten auch Polizeibeamte in eine derartige Konfliktlage, wenn Angehörige Straftaten begangen haben. Recht unscheinbar, nur durch den Verweis in § 258a Abs. 3 StGB („§ 258 Abs. 3 und 6 ist nicht anzuwenden“) zeigt der Gesetzgeber, dass das Legalitätsprinzip vorgehen soll und familiäre Bindungen durch Strafverfolgung belastet werden müssen.

  • 152 Abs. 2 StPO enthält gleichzeitig die Definition des Anfangsverdachts. Tatsachen müssen eine verfolgbare Straftat mindestens möglich erscheinen lassen. Tatsachen sind auch Behauptungen in anonymen Anzeigen, Selbstanzeigen oder Veröffentlichungen. Eine Strafanzeige des Bürgers bei der Polizei ist als Anregung oder Aufforderung des Bürgers zu verstehen, eine Prüfung eines Anfangsverdachts vorzunehmen. Regelmäßig wird bei einem plausibel geschilderten Sachverhalt („Bei mir wurde eingebrochen“) und einem nicht offenkundig vollkommen verwirrten Anzeigenden ein Anfangsverdacht bejaht werden müssen. Doch Vorsicht: Auch verwirrte Personen können Opfer von Straftaten geworden sein. Diese Personen sind vulnerabler, d.h. verletzlicher, als andere Anzeigenerstatter. Und sie können Straftaten beobachtet haben und bei rücksichtsvoller, adressatengerechter Vernehmung glaubwürdige Zeugen sein.

Das Anklage- oder Akkusationsprinzip (§§ 151, 155 StPO)

„Wo kein Kläger, da kein Richter…“, sagt der Volksmund.

Regelungsstandort und Inhalt

Bekannt ist dieser Grundsatz aus dem Zivilrecht. Klagt der Kläger im Zivilverfahren auf 3.000 Euro Schadensersatz, dürfen ihm maximal 3.000 Euro zugesprochen werden, selbst wenn der Schaden zur Überzeugung des Zivilgerichts deutlich höher ist. Der vor Gericht verhandelte Gegenstand steht zur Disposition der Parteien.[20]

Aber auch das Strafprozessrecht sieht zwingend eine Anklage vor der richterlichen Befassung vor. Dies zeigt der Blick in die §§ 151 und 155 StPO. Die Teilung der Aufgaben, Erhebung des Tatvorwurfs einerseits und Überprüfung des Tatvorwurfs andererseits, ist eine bedeutende Errungenschaft des modernen Strafverfahrens. Die Prüfung eines Tatverdachts und die Anklageerhebung liegen in der Verantwortung der Staatsanwaltschaft. Obwohl die Staatsanwaltschaft der Justizbehörde zugeordnet ist, ist sie selbständige Strafverfolgungsbehörde und in dieser Funktion Exekutive. Die gerichtliche Überprüfung des angeklagten Sachverhalts nimmt die Judikative vor. Ein Antrag auf Erlass eines Strafbefehls steht einer Anklage gleich (§ 407 Abs. 1 Satz 4 StPO).

Kommt die Staatsanwaltschaft ihrer Pflicht zur Anklage nicht nach, verstößt sie gegen das grundrechtsgleiche Recht auf effektive Strafverfolgung. Diesen Anspruch kann ein Verletzter im dreistufigen Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff. StPO) geltend machen, wenn die Tat nach § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde und kein Privatklagedelikt vorliegt.

Polizeiliche Bedeutung

Polizeiliche Bedeutung erlangt das Vorgenannte dadurch, dass das Oberlandesgericht die staatsanwaltschaftliche Entscheidung umfassend überprüft und auf eine „detaillierte und vollständige Dokumentation des Ermittlungsverlaufs“[21] angewiesen ist. Diese sollte für jeden Praktiker eine Selbstverständlichkeit sein, nicht nur für den Fall einer Klageerzwingung.

Des Weiteren muss auf die Pflicht zur Belehrung über das Recht, Anzeige zu erstatten, hingewiesen werden. Dieses Verletztenrecht ist neben vielen anderen Belehrungen in § 406i Abs. 1 Nr. 1 StPO geregelt. Da die Belehrung „möglichst frühzeitig“ erfolgen soll, ist die Polizei in der Handlungspflicht. Die polizeiliche Praxis, die Strafanzeige bei mehreren oder unerreichbaren Verletzten und vor allem bei Offizialdelikten „von Amts wegen“ zu erstatten, wird dieser Handlungspflicht nicht gerecht. Ohne eigene Strafanzeige gemäß § 158 Abs. 1 StPO ist der Verletzte nicht „Antragsteller“ gemäß § 171 StGB und muss nicht über die Möglichkeiten der Klageerzwingung belehrt werden. Möglicherweise wird damit der Anspruch auf effektive Strafverfolgung vereitelt. Als Mindeststandard ist daher in Anzeigen „von Amts wegen“ zu vermerken, ob und in welchem Umfang eine Belehrung gemäß §§ 406i ff. StPO erfolgt ist oder warum diese bisher nicht erfolgen konnte.

Aus der Aufgabenteilung zwischen Staatsanwaltschaft und Gericht lässt sich die Hoheit der Staatsanwaltschaft im vorbereitenden Verfahren[22] (= Vorverfahren = Ermittlungsverfahren) ableiten. Das führt zur Folgefrage des Verhältnisses zwischen Staatsanwaltschaft und Polizei, die an dieser Stelle nicht vertieft werden kann. Gerichtliche Beschlüsse z.B. auf Durchsuchung, Beschlagnahme, Blutprobenentnahme oder Erlass eines Haftbefehls, beantragt die Polizei nicht direkt bei Gericht, sondern vermittelt durch die Staatsanwaltschaft. Die Polizei regt bei der Staatsanwaltschaft die Beantragung der konkreten Maßnahme an.[23] Abweichend davon soll die Vorführung gemäß § 163c StPO eines zur Identitätsfeststellung Festgehaltenen direkt zu Gericht erfolgen.[24]

Literaturhinweise

Kröpil, Wichtige Grundzüge des Strafverfahrens unter Berücksichtigung einiger Aspekte aus dem Strafverfahren gegen Christian Wulff, JuS 2015, 213 ff.; Nowrousian, Das Gebot der effektiven Strafverfolgung. Geschichte – Bedeutung – Begründung, Kriminalistik 2020, 624 ff.; Schemmel, Das Recht auf effektive Strafverfolgung bei rechtswidriger Zwangsfixierung. Ermittlungsintensität und Kontrolldichte im Klageerzwingungsverfahren; NJW 2020, 651 ff.; Schmitt-Leonard/Klarmann, Examensrelevantes Strafverfahrensrecht – 13 strafprozessuale (Zusatz-)Fragen, JuS 2022, 210 ff. (Teil 1) und 304 ff. (Teil 2); Weidemann, Fälle mit Lösungen zur strafprozessualen Revision – Von Amts wegen zu prüfende Verfahrensvoraussetzungen, JA 2020, 56 ff.

 

Arbeitsblatt

Die Aufgabe

Das Arbeitsblatt besteht aus einem Lückentext, den Sie nach der Lektüre des vorangegangenen Textes leicht ergänzen können. Tipp: Halten Sie ihre StPO bereit, um genaue Vorschriften einfügen oder nachlesen zu können. Versuchen Sie zunächst, den Text ohne weitere Hilfsmittel zu ergänzen. Wer sich damit auch nach nochmaligem Lesen des Haupttextes schwer tut, kann auf die Liste einzufügender Begriffe zurückgreifen.

Das Beispiel

Das Privatklageverfahren (§§ 374 ff. StPO) ist eine Ausnahme vom Offizialprinzip, nach welchem Grundsatz die Strafverfolgung durch staatliche Behörden und Gerichte erfolgt.

Der Lückentext

Das Privatklageverfahren (§§ 374 ff. StPO) ist eine Ausnahme vom Offizialprinzip, nach welchem Grundsatz die Strafverfolgung durch staatliche Behörden und Gerichte erfolgt. Innerhalb des Staates sind diese Aufgaben aufgeteilt zwischen einer Strafverfolgungsbehörde und den Gerichten. Letztere sind Teil der ___________. Die Exekutive, meist die Staatsanwaltschaft, muss ____________ erheben, bevor eine Straftat gerichtlich verfolgt werden darf. Auch im __________________ gemäß §§ 407 ff. StPO verstößt die Staatsanwaltschaft nicht gegen das Akkusationsprinzip, denn dann richtet sie einen Antrag an das Gericht, der einer __________ gleichsteht.

Der Verletzte hat einen Anspruch auf _____________ Strafverfolgung. Das hat das ______________________ als grundrechtsgleiches Recht anerkannt. Wenn die Staatsanwaltschaft sich gegen eine Anklage entscheidet und das Verfahren gemäß § 170 Abs. 2 StPO einstellt, kann der Verletzte das Klageerzwingungsverfahren betreiben. Es ist in den §§ ____ bis _____ ______ geregelt. Bei Privatklagedelikten ist eine Klageerzwingung _______________, denn der Verletzte könnte selbst strafrechtlich auf Verurteilung des Beschuldigten klagen.

Die Staatsanwaltschaft belehrt den Antragsteller über das Klageerzwingungsverfahren, allerdings nur dann, wenn sich der Wunsch nach Strafverfolgung aus der Akte ergibt. Ein solcher Antrag auf Strafverfolgung wird angenommen, wenn eine____________ gemäß § 158 Abs. 1 StPO erstattet wurde. Bei Antragsdelikten reicht auch eine Strafantragsstellung. Die Belehrung über das Recht, Strafanzeige und ggf. Strafantrag zu stellen (§ 406i Abs. 1 Nr. 1 StPO), hat gegenüber ____________ einer Tat bereits durch die Polizei zu erfolgen.

Die Liste einzufügender Begriffe

Einmal sind Paragrafen (von-bis) und die Angabe des richtigen Gesetzes gefragt, und dann folgende neun Begriffe:

Anklage (2x) – ausgeschlossen – Bundesverfassungsgericht – effektive – Judikative – Strafanzeige – Strafbefehlsverfahren – Verletzten.

Lösung

Laden Sie sich hier das Arbeitsblatt mit Lösungen herunter (PDF).

 


[1] Schmitt-Leonard/Klarmann, Examensrelevantes Strafverfahrensrecht – 13 strafprozessuale (Zusatz-)Fragen, JuS 2022, 210 ff. (Teil 1) und 304 ff. (Teil 2).

[2] Schmitt-Leonard/Klarmann, JuS 2022, 210 (210).

[3] Die Begriffe Verfahrensgrundsätze, Prozessmaximen, Prinzipien des Strafverfahrens sind im Wesentlichen synonym.

[4] Ein aktuelles Beispiel findet sich unter https://www.abendblatt.de/hamburg/article235374257/prozesse-hamburg-sieben-jahre-haft-fuer-messerangriff-nach-toedlichem-badeunfall.html (26.5.2022).

[5] Rieß, Über den schleichenden Tod der Privatklage, Schiedsamts-Zeitung 2000 berichtet von 17.400 Verfahren im Jahr 1971 und einem Rückgang auf 1.505 Verfahren im Jahr 1998, Faksimile verfügbar unter https://www.yumpu.com/de/document/read/22923459/schleichender-tod-der-privatklage-bund-deutscher- (26.5.2022).

[6] Vgl. Bartsch, Bericht über einen Moribunden: Das Privatklageverfahren. Rechtliches, Rechtstatsächliches, Reform- und Zukunftsperspektiven, ZJS 2017, 40 ff. (Teil 1) und 167 ff. (Teil 2).

[7] Ausführlich zum Zahlenmaterial, Bartsch, ZJS 2017, 40.

[8] Verschwindend geringe Fallzahlen berichtet Bartsch, ZJS 2017, 167.

[9] Eine Einführung in die Strafantragsdelikte bietet das Repetitorium von Starkgraff, Strafantrag erforderlich?, Polizei Info Report 4/2021, 28f. mit Lösung in Polizei Info Report 5/2021, 23 f.

[10] BT-Drs. 19/31111, S. 6; Valerius in Beck-OK, StGB-Komm., 52. Ed., § 238 Rn. 35.

[11] Valerius in Beck-OK, StGB-Komm., 52. Ed., § 241 Rn. 14.

[12] Z.B. abgedruckt bei Meyer-Goßner/Schmitt, Anhang 12.

[13] Eine Wiederholung ermöglicht die Repetitoriumsfolge „Zeugnisverweigerungsrecht aus persönlichen Gründen (§ 52 Abs. 1 StPO) in Polizei Info Report 5/2021, 25 ff. mit Lösung in Polizei Info Report 6/2021, 22 ff.

[14] Die Vernehmung muss in diesem Fall durch eine Ermittlungsperson der Staatsanwaltschaft erfolgen.

[15] In Hamburg leistet das Institut für Rechtsmedizin Beratung für Opfer körperlicher Gewalt und begutachtet dieses auf Wunsch vertraulich; https://www.uke.de/kliniken-institute/institute/rechtsmedizin/dienstleistungen/privatpersonen/uke-institut-f%C3%BCr-rechtsmedizin-beratung-und-begutachtung-f%C3%BCr-opfer-von-k%C3%B6rperlicher-gewalt.html (26.5.2022); vgl. auch Zeller, Die Sprache der Wunden, Süddeutsche Zeitung vom 22.10.2018 (Nr. 243).

[16] Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO-Komm., 64. Auf. 2021, § 152 Rn. 2.

[17] § 47 HmbBG.

[18] Art. 73 BayBG.

[19] Fischer, StGB-Komm., 68. Auf. 2021, § 258 Rn. 39. Die umstrittene dogmatische Einordnung der Regelung ist für diesen Beitrag nicht entscheidend.

[20] Das ist die Dispositionsmaxime. Zum Inhalt der zivilrechtlichen Klagschrift siehe § 253 ZPO.

[21] Schmitt in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO-Komm., 64. Aufl. 2021, § 172 Rn. 1a.

[22] Diese Bezeichnung des Ermittlungsverfahrens findet sich an verschiedenen Stellen der StPO und verdeutlicht, dass das Gerichtsverfahren (Zwischen- und Hauptverfahren) durch die Staatsanwaltschaft vorbereitet wird.

[23] Auf die Ausnahmen bei Gefahr im Verzug wird hier nicht eingegangen. Auch dabei stellt sich die Frage, wie sich die Eilzuständigkeit der Staatsanwaltschaft zur Eilzuständigkeit der Polizei verhält. Der Gesetzestext gibt keine verlässliche Auskunft. Nicht übersehen werden darf in der Diskussion, dass bei Gefahr im Verzug auch die staatsanwaltschaftliche Anordnung nur eine Eilanordnung ist.

[24] Köhler in Meyer-Goßner/Schmitt, StPO-Komm., 64. Aufl. 2021, § 163c Rn. 7.