Zulässigkeit der Videoüberwachung von Personenzügen durch die Bundespolizei

Sascha Seifert, Bundespolizeiakademie Lübeck

Der Beitrag befasst sich mit der zunächst schlicht anmutenden Frage, ob die Bundespolizei in Zügen der Deutschen Bahn und anderen privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen selbsttätige Kameras zur gefahrenabwehrenden Videoüberwachung einsetzen darf. Im Ergebnis hält der Autor einen solchen Einsatz für zulässig, wenngleich er sich auf den ersten Blick nicht aus dem Bundespolizeigesetz ergibt.

1. Problemaufriss und aktuelle Sicherheitsvorfälle im öffentlichen Personennahverkehr

Die Forderung nach einer starken Präsenz der Bundespolizei im bahnpolizeilichen Aufgabenspektrum wird erfahrungsgemäß dann besonders laut, wenn tragische Ereignisse das Sicherheitsgefühl der Öffentlichkeit erschüttern. Besonders präsent dürfte der jüngste Vorfall vom 25. Januar 2023 sein, bei dem der 34-jährige staatenlose Ibrahim A. in einem Regionalzug zwischen Kiel und Hamburg zwei Menschen mit einem Messer tötete und fünf weitere teils schwer verletzte. Andere herausragende Ereignisse fanden u.a. am 18. Juni 2016 in einer Regionalbahn nahe Würzburg statt, als ein minderjähriger afghanischer Staatsangehöriger aus mutmaßlich islamistisch motivierten Gründen mit einer Axt und einem Messer fünf Personen schwer verletzte. Am Hauptbahnhof Frankfurt (Main) stieß am 30. Juli 2019 ein 40-jähriger Eritreer eine Frau und ihren Sohn vor einen einfahrenden Zug, wodurch der Junge zu Tode kam.

An einem weiteren Beispiel aus der jüngeren Vergangenheit wird dies noch deutlicher: Im August und September 2023 häuften sich bundesweit Vorfälle, bei denen in verschiedenen Zügen mehrerer Eisenbahnverkehrsunternehmen manipulierte Steckdosen in Personenwagen festgestellt wurden. Hierdurch erlitten zahlreiche Reisende Stromschläge, was das Sicherheitsgefühl der Fahrgäste bundesweit zeitweise deutlich beeinträchtigte.[2]

All diesen Ereignissen ist gemein, dass es im anschließenden medialen und politischen Diskurs Forderungen nach mehr Präsenz und vor allem mehr Videoüberwachung durch die Bundespolizei auf dem Gebiet der Bahnanlagen gab.[3]

Eine eher kritisch-differenzierende Haltung nimmt der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationssicherheit (BfDI) ein:

„Die Verhinderung von Straftaten durch Videoüberwachung ist weitgehend ein Wunschtraum. Im öffentlichen Raum werden Gewalttaten häufig im Affekt begangen. Täter, die sich in psychischen Ausnahmezuständen befinden oder alkoholisiert sind, werden nicht von ihren Taten abgeschreckt. Denn sie handeln nicht rational oder geplant. Schon aus Kapazitätsgründen werden Videoaufnahmen meist nicht live beobachtet, sodass die Straftat schon beendet ist, wenn die Polizei eintrifft. Für terroristische Anschläge sind videoüberwachte Bereiche unter Umständen sogar attraktiv, da ein grundlegendes Ziel des Terrorismus die weite Verbreitung von Aufnahmen der Tat ist, um möglichst viele Menschen damit zu erreichen und zu verunsichern.“[4]

Was jedoch im öffentlichen Diskurs sowie in der Betrachtung des BfDI über Sinn und Unsinn einer polizeilichen Videoüberwachung bisweilen wenig beachtet wird, ist das Prinzip der sogenannten „Verhütung von Straftaten“ und der darin verankerten „Vorsorge für die künftige Strafverfolgung“[5]. Sie gehört traditionell zum Gefahrenabwehrauftrag der Polizei, wurde der Bundespolizei ausdrücklich nach § 1 V BPolG übertragen und bezieht sich jeweils auf die konkreten Aufgabenspektren der §§ 2-7 BPolG. Sie beschreibt zusammengefasst ein Tätigwerden, das weit im Vorfeld künftig zu erwartender Straftaten liegt. Im Kern erhebt die Polizei personenbezogene Daten zu einem Zeitpunkt, bei dem weder der Anfangsverdacht einer Straftat noch eine konkrete Gefahr ihrer Begehung vorliegt.[6] Gemeinhin wird diese Form der Datenerhebung als „anlasslos“ bezeichnet. Ganz ohne Anlass ist die Erhebung jedoch nicht, denn zumindest abstrakt geht die Polizei in den hier betrachteten Fällen ja von der künftigen Begehung von Straften aus. Die im Vorfeld erhobenen Daten können sodann für den Fall, dass es doch (wie prognostiziert) später zu einer Straftat kommt zur Verfolgung ebendieser genutzt werden. Die eigentlich präventiv verortete Datenerhebung zum Zeitpunkt einer anlasslosen, abstrakten Gefahrenlage dient somit ganz überwiegend der späteren Strafverfolgung und ist für die Strafverfolgungsbehörden zu einem elementaren Bestandteil der Ermittlungsarbeit geworden. Weitere Beispiele sind die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b I 2. Alt. StPO, die DNA-Speicherung nach § 81g StPO, sowie die gegenwärtige Diskussion um die Speicherung von IP-Adressen zum Zwecke der späteren Strafverfolgung (Vorratsdatenspeicherung). Auf die immer wieder auftauchende juristische Frage, ob das Wesen der „Vorsorge für die künftige Strafverfolgung“ doch eher dem Regime der Strafverfolgung zuzuordnen ist und damit nicht mehr Teil des Polizeirechts wäre, wird an dieser Stelle nicht näher eingegangen.[7]

2. Ungenügender Status Quo: Repressive Nutzung privater Kameraaufzeichnungen

Momentan verfährt die Bundespolizei in Bezug auf die Nutzung von Videoaufzeichnungen aus Zügen ausschließlich repressiv. Sofern die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen ihre Züge eigenständig auf Basis des § 4 BDSG zu den dort genannten Zwecken überwachen, besteht für die Bundespolizei retrograd die Möglichkeit, auf diese Aufzeichnungen zurückzugreifen. Dieses Vorgehen knüpft jedoch immer an den Anfangsverdacht einer Straftat an. Die Aufzeichnungen der Unternehmen müssen dann über aufwendige Anforderungs- und Sicherungsverfahren nach den §§ 94,98 StPO durch die Bundespolizei sichergestellt und ausgewertet werden. Dies lassen insbesondere die Zweckänderungsvorschriften des § 4 III Satz 3 BDSG und § 161 III StPO zu. In den meisten Fällen stellt die Bundespolizei Festplatten oder andere Datenträger bei dem jeweiligen Verkehrsunternehmen sicher, was einen enormen Informations- und Dokumentationsaufwand für beide beteiligten Seiten bedeutet und für die bahnpolizeiliche Aufgabenwahrnehmung entscheidende Nachteile bereitet.

So fehlt der Bundespolizei gegenwärtig die Möglichkeit, anlässlich einer konkret gemeldeten Gefahrensituation in einem Zug das Geschehen in Echtzeit in Augenschein zu nehmen. Auch für den kurzfristigen Blick in die Entstehung einer Gefahrenlage ist das o.g. aufwendige Verfahren untauglich. So ist es bspw. an Bahnhöfen und Flughäfen weitgehend üblich, anlässlich eines aufgefundenen herrenlosen Gepäckstückes zunächst die Videoaufzeichnungen zu sichten um zu erforschen, unter welchen Umständen und durch wen das Gepäckstück an den jetzigen Standort gelangt ist. Auch in anderen Gefahrenlagen, bei denen an Bahnhöfen die Echtzeitvideosichtung Gang und Gäbe ist, ist die BPOL in Zügen aktuell „blind“: zu denken ist hier an randalierende Personen im Fußballfanreiseverkehr, das Heranführen von Kräften und die Lokalisierung an eine im Zug befindliche bewaffnete Person, oder die kurzfristige Sichtung um flüchtige, vermisste oder anderweitig gesuchte Personen lokalisieren zu können. Die Forderung nach Einführung und Ausweitung der Videoüberwachung durch die Bundespolizei scheint damit aus operativer Sicht nachvollziehbar und schlüssig.

3. Scheinbar fehlende Rechtsgrundlage nach § 27 BPolG

Im öffentlichen Diskurs bislang unbeachtet blieb die Frage, ob denn eine flächendeckende Videoüberwachung in Zügen mit den Vorschriften des BPolG vereinbar wäre. Bei genauerer Betrachtung der Rechtslage stößt man nämlich auf folgendes Problem:

Den anlasslosen Einsatz stationärer Überwachungskameras („selbsttätiger Bildaufnahme- und Bildaufzeichnungsgeräte“) regelt § 27 BPolG abschließend. Es mag zwar Einzelfälle geben, in denen stationäre, selbsttätige Videoüberwachungsgeräte nach anderen Vorschriften[8] eingesetzt werden. Diese kämen dann jedoch nicht anlasslos, sondern allenfalls anlassbezogen nach §26 oder 28 BPolG oder im Wege der reinen Videoübertragung ohne Speicherung hilfsweise nach § 21 BPolG zum Einsatz und sollen für die folgenden Betrachtungen keine Rolle spielen.

  • 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG ermöglicht die Videoüberwachung zur Gefahrenerkennung in bundespolizeilichen Schutzobjekten und verweist ausdrücklich auf die in § 23 I Nr. 4 BPolG bezeichneten Objekte. Betrachtet man die in § 23 I Nr. 4 BPolG bezeichneten Objekte genauer, finden sich dort ausschließlich „Anlagen oder Einrichtung der Eisenbahnen des Bundes (§3)“ als mögliche Schutzobjekte im Rahmen der bahnpolizeilichen Aufgabe. Nach einschlägiger Rechts- und Lehrmeinung[9] versteht man unter „Bahnanlagen“ diejenigen Objekte, die § 4 EBO als Bahnanlagen legal definiert. Demnach handelt es sich um alle Grundstücke, Bauwerke und sonstigen Einrichtungen einer Eisenbahn, die unter Berücksichtigung der örtlichen Verhältnisse zur Abwicklung oder Sicherung des Reise- oder Güterverkehrs auf der Schiene erforderlich sind. Nach § 4 I Satz 4 EBO gehören Fahrzeuge ganz explizit nicht zu den Bahnanlagen. Auch mit Blick auf verschiedene weitere Formulierungen im BPolG, wie bspw. in § 23 II BPolG oder § 22 Ia BPolG, welche Züge und Verkehrsmittel ausdrücklich erwähnen, lässt sich schließen, dass diese nach dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers nicht in § 23 I Nr. 4 BPolG hineingelesen werden können.

Mithin käme man bei oberflächlicher Betrachtung der Rechtslage bis hierhin zum Ergebnis, dass eine Live-Videoüberwachung in Zügen durch die Bundespolizei nach dem BPolG mangels Erwähnung als Schutzobjekt in § 23 I Nr. 4 BPolG unzulässig wäre. Dass diese Analyse allerdings zu kurz greift, sollen die folgenden Betrachtungen zeigen.

4. Grundrechtseingriff und Erfordernis einer hinreichend bestimmten Befugnisnorm

Unabhängig von der Qualität der Aufnahmen ist weitgehend unstrittig, dass die polizeiliche Videoüberwachung in die Grundrechte der Reisenden im Zug eingreift.[10] Es werden unbestritten Eingriffe in des Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 I i.V.m. Art. 1 I GG vorliegen und sofern man auch von einer gewollten Abschreckungswirkung der Kameraüberwachung mit einer gewissen Verhaltensmäßigung ausgeht, kann auch die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 I GG eingeschränkt sein. Hierauf soll an dieser Stelle allerdings nicht im Schwerpunkt eingegangen werden. Vielmehr sei darauf verwiesen, dass im Rahmen der Erhebung personenbezogener Daten spätestens seit der Rechtsprechung des BVerfG im sog. „Volkszählungsurteil“[11] sehr präzise Vorgaben und Mindestanforderungen an die dem Eingriff zugrundeliegende Eingriffsbefugnisse gestellt werden. Hierzu zählen vor allem die Kategorien der Normenklarheit, sowie das Verbot, planbare und wiederkehrende, eingriffsintensive Maßnahmen auf Generalklauseln zu stützen. Dem Bürger soll damit die Möglichkeit gegeben werden, von vornherein und transparent staatliche Eingriffe vorhersehen und einschätzen zu können.

Insbesondere bei einer anlasslosen und flächendeckenden Videoüberwachung zahlreicher Reisender in den Zügen auf deutschen Bahnstrecken zum Zwecke der Straftatenverhütung muss von einem so intensiven Grundrechtseingriff ausgegangen werden, der ausschließlich aufgrund einer präzise formulierten Befugnisnorm und nicht auf Basis einer Generalklausel, wie etwa § 21 BPolG, erfolgen darf.[12]

5. § 27 Nr. 2 BPolG als taugliche Befugnisnorm

Da alle weiteren Datenerhebungsbefugnisse der Bundespolizei für die beabsichtigte Videoüberwachung der Züge wegen ihres abweichenden Regelungsgehaltes ausscheiden, kommt § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG als einzig taugliche Befugnisnorm in Frage. Insbesondere scheidet § 26 BPolG aus, da dieser ausschließlich in Bezug auf Veranstaltungen und Ansammlungen und vor allem auch nicht anlasslos anzuwenden ist. Auch § 28 BPolG scheidet wegen seiner Ausrichtung auf verdeckte Maßnahmen im Rahmen der Bekämpfung schwerer Kriminalität aus.

§ 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG gestattet den Einsatz einer selbsttätigen Videoüberwachung zur Gefahrenerkennung. Primäre Zielrichtung nach dem Willen des Gesetzgebers war es also, bereits im Vorfeld der Entstehung von Gefahren und strafbaren Handlungen einen Blick in Schutzobjekte zu gewährleisten.[13] Dies ergibt sich aus dem einleuchtenden Umstand, dass die begrenzte Personalstärke der Bundespolizei keine permanente Bestreifung aller relevanten Bahnhöfe und Bahnstrecken ermöglicht.

Die Selbsttätigkeit der vorgesehenen Kameras ist hierbei ein zentrales Kriterium für die Abgrenzung zu anderen Datenerhebungsbefugnissen der Bundespolizei. Sie zeichnet sich dadurch aus, dass die Geräte in der Regel an einem festen Standort im Dauerbetrieb mit einem zuvor festgelegten Blickwinkel installiert sind und ohne weiteres menschliches, manuelles Zutun in Dauerschleife Aufnahmen tätigen und auch aufzeichnen[14].

Entscheidend und für die zu betrachtende Rechtsfrage von zentraler Bedeutung ist die Auslegung der Formulierung des § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG:

 „Gefahren für die in § 23 Abs. 1 Nr. 4 bezeichneten Objekte oder für dort befindliche Personen oder Sachen zu erkennen.“

Nach einschlägiger und unstrittiger Rechts- und Lehrmeinung[15], verweist § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG lediglich auf die in § § 27 I Nr. 4 BPolG bezeichneten Objekte und nicht auf die dort weiterhin genannten Voraussetzungen. Dies bedeutet in der Rechtsanwendung, dass für die fraglichen Schutzobjekte keine Einstufung als „gefährdete Objekte“ nach § 23 I Nr. 4 BPolG vorliegen muss. Dies wird vielfach falsch verstanden und fehlinterpretiert. Für die stationäre Videoüberwachung genügt mithin die Eigenschaft des zu überwachenden Bereichs als taugliches Schutzobjekt nach § 23 I Nr. 4 BPolG. Eine auf Straftaten bezogene Gefährdungslage für das jeweilige Schutzobjekt muss nicht bestehen. Für die tauglichen Schutzobjekten nach § 23 I Nr. 4 BPolG besteht jedoch zumindest eine abstrakte Gefahrenlage, denn Bahnhöfe, Flughäfen und die Liegenschaften der Verfassungsorgane gehören gemeinhin zu den sogenannten kritischen Infrastrukturen und gelten als besonders schützenswert.[16]

Schutzobjekt und damit Ziel der vorbeugenden Datenerhebung sind die Objekte selbst (also deren substanzielle Unversehrtheit), sowie die dort befindlichen Personen oder Sachen. Von diesen Schutzobjekten (Einrichtungen, dort befindliche Personen, dort befindliche Sachen) ausgehend, lässt sich mit einem Blick in den vom Gesetzgeber vorgesehenen Zweck der Befugnis herleiten, dass hier auch eine Videoüberwachung in Zügen möglich ist, selbst wenn dies nicht explizit im Gesetz zu finden ist.[17]

a) Auslegung nach dem Telos der Norm

Der Gesetzgeber hat sich mit der Formulierung „für die in § 23 I Nr. 4 bezeichneten Objekte“ für einen reinen Verweis und keine erneute, separate Aufzählung der Schutzobjekte entschieden. Hiermit wollte er zum Ausdruck bringen, dass für Videoüberwachungen und Identitätsfeststellungen zwar unterschiedliche Voraussetzungen gelten, die relevanten Örtlichkeiten jedoch identisch sein sollen.[18] Dies sollte seinerzeit u.a. den besonderen räumlichen Bezug der bundespolizeilichen Aufgaben verdeutlichen[19] und geschah in dem Willen, die Kriminalität in den zu überwachenden Örtlichkeiten zu bekämpfen. Eine Trennung der bahnpolizeilichen Kriminalitätsverhütung zwischen Bahnhöfen und den verkehrenden Zügen ergibt sich weder aus dem BPolG noch aus der Praxis der Bundespolizei.

Der hier entscheidende § 4 EBO, welcher die vom Gesetzgeber eingepreiste örtlichen Grenzen der „Bahnanlagen und Einrichtungen“ definiert, umfasst auch die „freien Bahnstrecken“. Streng nach dem Wortlaut der §§ 27 Satz 1 Nr. 2, 23 I Nr. 4 BPolG und § 4 EBO wäre demnach eine offene Videoüberwachung der freien Bahnstrecken zweifelsfrei möglich. Bereits an diesem Punkt lässt sich ein Vergleich zur Anwendbarkeit des § 23 I Nr. 4 BPolG ziehen. Denn in der Anwendung dieser Kontrollbefugnis orientiert sich die Bundespolizei ebenfalls nicht an der individuellen Gefahreneinstufung einzelner Züge, sondern der Bahnstrecken auf denen diese verkehren.[20] So wird regelmäßig im Zusammenhang mit Risikobegegnungen im Fußballfanreiseverkehr die relevante Eisenbahnstrecke sowie die darauf verkehrenden Züge, welche für die Fahrt genutzt werden soll, aus Gründen der Gefahrenabwehr nach § 23 I Nr. 4 BPolG als gefährdetes Objekt eingestuft. Dies ermöglicht sodann eine Anwendbarkeit der Kontrollbefugnis in allen auf dieser Strecke verkehrenden Zügen, ganz gleich ob diese zum Unternehmen der Deutschen Bahn gehören oder einem privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen. Dies ist nicht nur eine unverzichtbare geübte Praxis der Bundespolizei, sondern insbesondere herrschende Meinung zur Anwendung des § 23 I Nr. 4 sowie der Aufgabe nach § 3 BPolG.[21]

Der gleiche Gedankengang lässt sich auf die Videoüberwachung nach § 27 BPolG übertragen. Wenn anerkanntes Ziel des § 27 Satz Nr. 2 die Gefahrenerkennung und die Verhütung von Straftaten zum Nachteil von Personen sein soll, die sich in oder auf Bahnanlagen befinden, lässt sich nur schwer nachvollziehen, warum dies nur für Personen gelten solle, die sich „an der frischen Luft“ auf den Gleisen befinden, jedoch nicht für diejenigen, die sich in einem Zug nur wenige Zentimeter darüber befinden.

Bahnstrecken und die darauf verkehrenden Züge sind gefahrenabwehrrechtlich und polizeipraktisch ein gedanklich untrennbares Paar. Zwar erscheint es rein bahnbetrieblich einleuchtend Bahnanlagen und Fahrzeuge gesetzgeberisch zu trennen. Dieser Gedanke schlägt jedoch nicht auf die Aufgabe Bahnpolizei durch, jedenfalls solange die Bahnstrecken als Bahnanlagen definiert sind und damit zu den Schutzobjekten der Bundespolizei gehören.

Ein Zug ohne eine Strecke auf der er verkehrt, sowie eine Bahnstrecke ohne hierauf verkehrende Züge ergeben aus Sicht der Gefahrenabwehr wenig Sinn. Bahnanlagen der freien Strecken zu schützen ohne die hierauf verkehrenden Züge in diesen Schutzauftrag mit einzubeziehen wäre wenig sinnvoll. Dass sich die nach § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG zu schützenden Personen nahezu ausschließlich innerhalb der auf den Bahnstrecken verkehrenden Züge befinden und eben nicht verbotswidrig auf den Gleisen, schließt den logischen Kreis dieses Gedankens.

Schließlich soll nach dem Willen des Gesetzgebers ein effektiver Schutz vor terroristischen Anschlägen für die Infrastruktur „Eisenbahnverkehr“ unter expliziter Aufzählung von „ca. 4,6 Millionen Reisenden sowie ca. 36 000 verkehrenden Zügen täglich, täglich einer Vielzahl von Gefahrgutzügen und einem Eisenbahnnetz, das ca. 36 000 Kilometer mit ca. 5 700 Verkehrsstationen (Bahnhöfe, Haltpunkte) umfasst“[22] erreicht werden. Der Gesetzgeber hat sicherlich nicht angenommen, diese terroristische Bedrohungslage für den Eisenbahnverkehr würde (bezogen auf die Eisenbahnfahrzeuge) nur innerhalb der Bahnhöfe und nicht auf den Strecken dazwischen existieren.

b) Historische Auslegung

Zum Zeitpunkt der Aufnahme des § 27 BPolG in das Gesetz als auch zum Zeitpunkt seiner letztmaligen Novellierung ging der Gesetzgeber maßgeblich von einer Überwachungstechnik aus, die in Gebäuden verbaut ist.[23] Schließlich war mit dem damaligen Stand der Übertragungstechnik per Kabel eine Echtzeitanbindung, Livebildübertragung und Steuerung der Kameras durch die Bundespolizei möglich. Aus eher technisch-pragmatischen Gründen erfolgte der Zugriff auf die Kamerasteuerung in manchen Dienststellen allerdings über eine Kooperation mit der Deutschen Bahn AG mittels eines separaten Zugangs innerhalb der Räumlichkeiten der DB Station & Service AG.[24]

Ein Echtzeitzugriff und eine Livebildübertragung der Videoüberwachung aus den Zügen ist technisch erst seit dem Ausbau digitaler mobiler Datenübertragungen möglich und denkbar. Zuvor wäre eine solche Datenübertragung aus einem rollenden Zug undenkbar. Erst im Zeitalter des voranschreitenden Ausbaus von LTE, 5G und Hochleistungsservern ist dieser Zugriff jedoch mittlerweile greifbar und durchaus realistisch.

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Befugnis war der Gedanke an eine Livebildübertragung aus Zügen an die Bundespolizei sehr wahrscheinlich nicht vorhanden. Deshalb kann er auch nicht bewusst ausgeschlossen worden sein. Dass der Gesetzgeber Eingriffsermächtigungen technikoffen formuliert und damit die ständige Fortentwicklung insbesondere im Bereich des Dateneingriffsrechts berücksichtigt, stützt die historische Auslegung zusätzlich. Eine solche Berücksichtigung der Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten wird insbesondere in der Rechtsprechung des BVerfG[25] für zulässig gehalten. Gleichwohl entstehen in verfassungskonformer Auslegung technikoffener Befugnisse dann Grenzen, wenn durch die Fortentwicklung der Technik intensivere Eingriffe als ursprünglich vorgesehen ermöglicht werden.[26] So stellt bspw. die Videografie einer Personengruppe mittels Video-Drohne einen intensiveren Eingriff dar als eine Aufnahme mit einem in der Hand gehaltenen Camcorder.[27]

6. Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit

Eine Echtzeit-Videoüberwachung in Zügen müsste schließlich dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen. Dass eine Kameraüberwachung geeignet und erforderlich sein dürfte, ergibt sich bereits aus den Ausführungen zu I. und II. Problematisch ist jedoch die Angemessenheit. Im Kern müssen hier das Interesse des Staates an einer möglichst effektiven Gefahrenabwehr mit den Individualinteressen der betroffenen Bahnreisenden abgewogen werden. Gemessen an der Intensität des Grundrechtseingriffs in Bahnhofsgebäuden lassen sich nämlich durchaus Unterschiede erkennen. Schließlich stellen Sitzplätze und insbesondere verschließbare Abteile einen privateren Rückzugsbereich dar als Bahnhofshallen und Bahnsteige. Die Räume sind beengter, man hält sich für gewöhnlich länger am gleichen Ort auf und führt ggf. private Tätigkeiten aus. Dies sollte insbesondere bei der Wahl der Kamerastandorte und Blickwinkel berücksichtigt werden. Die Verhütung von Straftaten und Anschlägen in Zügen ist sicherlich ein anerkanntes und gewichtiges Interesse des Staates, die Persönlichkeitsrechte der betroffenen Bahnreisenden dürfen hierfür allerdings nicht über Maß beeinträchtigt werden um eine angemessene und verhältnismäßige Ausgestaltung der Videoüberwachung zu gewährleisten. Deshalb dürfte eine Videoüberwachung in Bordtoiletten, Schlafabteilen und innerhalb der verschließbaren Abteile wegen des unverhältnismäßig intensiven Eingriffs in die Privat- und Intimsphäre aus nachvollziehbaren Gründen ausscheiden.

Zu berücksichtigen ist neben der Frage der beeinträchtigten Grundrechte der Bahnreisenden allerdings auch, dass gerade ihre Grundrechte, nämlich kein Opfer einer Straftat zu werden, mithilfe der Videoüberwachung geschützt werden und die Überwachung zwar anlasslos aber zwingend offen zu erfolgen hat.

Bei der Wahl der Kamerastandorte inkl. deren Blickwinkel kann aus den o.g. Gründen darauf Rücksicht genommen werden, dass Sitzplätze nicht über Maß nah aufgezeichnet werden und sich der Schwerpunkt der überwachten Bereiche vorrangig auf die Türbereiche, die Gänge, Gepäckablagen sowie sicherheitsrelevante Orte wie z.B. Sicherungskästen und Bordelektronik konzentriert.

Im Ergebnis scheint die Abwägung der staatlichen und individuellen Interessen unter Berücksichtigung der o.g. Einschränkungen in Bezug auf die Kamerastandorte zugunsten der effektiven Gefahrenabwehr auszufallen. Schließlich scheint es auch schwer erklärbar, dass eine effektive Gefahrenabwehr und Verhütung schwerer Straftaten, wie Anschläge oder Attentate an zwei Bahnhöfen stattfinden darf, die Polizei in dem zwischen diesen beiden Bahnhöfen verkehrenden Zug allerdings die Augen zu verschließen hätte. Dies widerspräche nicht nur dem gesunden Menschenverstand, sondern auch einer polizeipraktischen Überlegung: An Bahnhöfen sind Polizeistreifen in einem gewissen Rahmen möglich und realisierbar. Zugstreifen allerdings sind weitgehend „Luxusgut“ in der bahnpolizeilichen Praxis. Schließlich fehlen die eingesetzten Beamten an den Bahnhöfen und sind wegen der Zuggebundenheit viel unflexibler einsetzbar. Zugstreifen sind mithin um ein Vielfaches seltener als Streifen an Bahnhöfen. Aus diesem Grund ist eine entsprechende Videoüberwachung als verlängertes Auge der Polizei erst recht in Zügen sinnvoll und notwendig. Die Vorfälle aus Brokstedt, Flensburg und Würzburg zeigen dies eindrücklich.

Auch hinsichtlich der verfassungsrechtlich geforderten Normenklarheit hinsichtlich der Ausgestaltung hoheitlicher Eingriffsbefugnisse in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ergeben sich im Vergleich zu Überwachungskameras in Bahnhöfen keine Unterschiede. Im Gegenteil: Bei genügender Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit im Rahmen der Standortauswahl innerhalb des Zuges dürfte es sich um vergleichbare Eingriffe in Bezug auf die Anlasslosigkeit, die Streubreite, den Eingriffszweck sowie die Verwendungsziele, die Art und Offenheit der Datenerhebung und die Qualität der erhobenen Daten handeln.

Der Befürchtung, mit einer zusätzlichen Kameraüberwachung in Zügen entstünde ein „Mehr“ an Überwachung, da die Polizei einzelne Personen nunmehr noch umfangreicher hinsichtlich ihres konkreten Bewegungsprofils verfolgen könne, kann nicht gefolgt werden. Dies ist jetzt schon der Fall. Anlässlich einer Straftat kann die Bundespolizei bereits jetzt Videoaufzeichnungen der Eisenbahnunternehmen sicherstellen und erhält den gleichen Einblick. Vielmehr ist ja genau dies das Ziel: zum Zwecke der Gefahrenabwehr sollen Ausspähversuche, Anreisephasen, Fluchtwege, weitere abgelegte Gegenstände, Kontaktpersonen identifiziert und erkannt werden. Es wäre realitätsfern und wie oben gezeigt auch nicht im Sinne des Gesetzgebers, anzunehmen, potentielle Terroristen würden ihr Handeln nur auf Bahnhöfe beschränken.

7. Alternative: Inanspruchnahme des Bahnunternehmens als Nichtstörer

Eine ebenfalls mögliche, wenngleich eher „nachrangige“ Lösung besteht in der einzelfallbezogenen technischen Ausleitung der privat durch die Bahnunternehmen betriebenen Überwachungsbilder. Hierbei könnte die Bundespolizei auf technischem Wege die Signale der privat betriebenen Überwachungskameras eigenständig nutzen und weiterverarbeiten. Eine Lösung hierzu ergibt sich aus § 4 III Satz 3 BDSG i. V. m. §§ 20 I, 14 I, 29 BPolG.

Die Eisenbahnverkehrsunternehmen sind nach befugt, ihre Fahrzeuge eigenständig mittels Videokameras zu überwachen. Diese Überwachung ist in Ansehung der eigens hierfür geschaffenen Voraussetzungen nach § 4 I BDSG für Verkehrsmittel des öffentlichen Schienenverkehrs unproblematisch. Kommt es nunmehr in einem Zug zu einer konkreten Gefahrenlage könnte die Bundespolizei unter den Voraussetzungen des § 20 I BPolG das Verkehrsunternehmen verpflichten, seine Aufzeichnungen und sogar die Livebilder zur Verfügung zu stellen. Hierbei wird das Bahnunternehmen als sogenannte Nichtstörerin oder Notstandsstörerin in Anspruch genommen.

Bei der Figur des Notstandsstörers handelt es sich um eine recht häufige Ausnahme im Polizeirecht, primär die Verhaltens- oder Zustandsstörer nach § 17 und 18 BPolG in Anspruch zu nehmen.[28] § 20 I BPolG hat vier Voraussetzungen: Gegenwärtige erhebliche Gefahr, Maßnahmen gegen Verhaltens- oder Zustandsstörer dürfen nicht oder nicht rechtzeitig möglich oder ohne Erfolgsaussicht sein, eine Gefahrenabwehr durch die Bundespolizei oder Beauftragte ist nicht möglich, Inanspruchnahme ohne erhebliche eigene Gefährdung oder Pflichtverletzung des Adressaten. Alle Voraussetzungen dürften für den angenommenen Fall einer konkreten Gefahrenlage im Zug ohne vor Ort befindliche Polizeistreife vorliegen.

Zu der geforderten Weiterleitung der Livebilder und Aufzeichnungen wären die Bahnunternehmen sodann auch datenschutzrechtlich berechtigt. § 4 III Satz 3 BDSG gestattet die Weiterverwendung der Daten für die Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit. Da es sich wie oben gezeigt, bei den in Rede stehenden Fällen um konkrete Gefahrenlagen handelt, liegen sowohl die Voraussetzungen für das Herausgabeverlangen (§ 20 I BPolG) als auch für die Herausgabe der Daten im Rahmen eines legitimen Zweckwechsels vor. Dass die Bundespolizei die erhobenen Daten sodann auch zum Zwecke der Gefahrenabwehr verwenden und weiterverarbeiten darf, ergibt sich im nächsten Schritt unstrittig aus § 29 I BPolG.

Mit Blick auf die Voraussetzungen der §§ 20 I BPolG und 4 III BDSG lässt sich erkennen, dass eine dauerhafte, anlasslose Weiterleitung der privat angefertigten Aufnahmen aus den Zügen unzulässig ist. Beide Vorschriften verlangen eine konkrete Gefahrenlage, § 20 I BPolG sogar eine gegenwärtige erhebliche Gefahr. Dies ist bei einer dauerhaften Videoüberwachung gerade nicht der Fall. Allerdings scheint es sinnvoll und unerlässlich, zumindest die technischen Voraussetzungen für eine solche Videoübertragung an die Bundespolizei im Voraus zu schaffen und nur im konkreten Einzelfall nach den o.g. Bedingungen „scharf“ zu nutzen.[29] Schließlich handelt es sich bei den in Rede stehenden Sachverhalten um Einsatzlagen mit hoher zeitlicher Dringlichkeit und erheblich gefährdeten Rechtsgütern.

8. Fazit

Zur Zulässigkeit der Videoüberwachung mit Echtzeitzugriff sowie Speicherung der Aufnahmen lassen sie die nachfolgenden Erkenntnisse zusammenfassen:

  1. Eine Videoüberwachung in Zügen, welche auf den Bahnstrecken der Eisenbahn des Bundes verkehren, dient vornehmlich der Straftatenverhütung ist von § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG gedeckt.
  2. Der Verweis aus § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG auf die in § 23 I Nr. 4 BPolG bezeichneten Objekte beschreibt lediglich die überwachungsfähige Örtlichkeit und verlangt insbesondere keine tatsachengestützte Gefahrenlage, wie sie in § 23 I Nr. 4 zusätzlich gefordert wird.
  3. Die in § 23 I Nr. 4 BPolG bezeichneten Bahnanlagen umfassen nach der Legaldefinition des § 4 EBO nur die baulichen Einrichtungen zur Abwicklung des Schienenverkehrs, die freien Bahnstrecken, aber nicht die Eisenbahnfahrzeuge.
  4. Aus der herrschenden Meinung zur Anwendbarkeit des § 23 I Nr. 4 BPolG sowie der gedanklich untrennbaren Verbindung zwischen den Bahnstrecken, den hierauf verkehrenden Zügen, sowie den in den Zügen befindlichen Bahnreisenden folgt in verfassungskonformer Auslegung, dass auch § 27 innerhalb der Züge anwendbar sein muss. Da § 27 BPolG die Personen in den zu überwachenden Objekten schützen soll, ist eine Videoüberwachung innerhalb der Züge nötig. Schließlich ist gerade in den Zügen mit denjenigen Straftaten zu rechnen, derentwegen die Überwachung durch den Gesetzgeber gewollt und eingeführt wurde.
  5. Das Stützen der Echtzeit-Videoüberwachung von Personenzügen auf § 27 Satz 1 Nr. 2 BPolG würde dem Grundsatz der Normenbestimmtheit genügen. Die Wahl der Standorte müsste jedoch zur Wahrung der Persönlichkeitsrechte maßvoll ausgestaltet sein.
  6. Hilfsweise könnte eine Ausleitung der Videodaten ohne Nutzung eigener Kameras durch die Bundespolizei möglich sein. Hierzu wäre die Bundespolizei nach den Vorschriften des § 4 III BDSG, § 14 I BPolG, 20 I, 29 I BPolG berechtigt. Über die Inanspruchnahme des sog. Nichtstörers könnte die BPOL im Einzelfall bei Vorliegen einer gegenwärtigen erheblichen Gefahr die Einsichtnahme und anschließende Nutzung von Videodaten verlangen, welche die privaten Eisenbahnverkehrsunternehmen nach § 4 BDSG eigenständig aufzeichnen. Eine anlasslose, dauerhafte, flächendeckende Weiterleitung der Livebilder aus den Zügen lässt sich hierauf nicht stützen.
  7. Zur effektiven Nutzbarkeit dieser Hilfslösung im Einzelfall müsste im Vorfeld eine belastbare und ad hoc nutzbare Technik vorbereitet werden, die einen spontanen Zugriff der Bundespolizei auf die ausgeleiteten Videodaten ermöglicht.

 

[1] Der Autor ist als Fachlehrer an der Bundespolizeiakademie in Lübeck tätig.

[2] RND vom 06.09.2023 „Manipulierte Steckdosen in Zügen häufen sich: Bundespolizei bittet Fahrgäste um Mithilfe“; https://www.rnd.de/panorama/manipulierte-steckdosen-in-zuegen-bisherige-vorfaelle-im-ueberblick-W56IVGWZRNMJTPS3N6F7MSYVZU.html, zuletzt abgerufen am 13.11.2023.

[3] so z.B.: Frankfurter Rundschau: „Nach dem Verbrechen am Frankfurter Hauptbahnhof: Mehr Sicherheit – aber wie?“ https://www.fr.de/politik/frankfurt-hauptbahnhof-mehr-sicherheit-aber-wie-12873864.html; RND: „Nach Messerattacke: Verbände fordern Videoüberwachung in Zügen“, https://www.rnd.de/panorama/messerattacke-in-brokstedt-mehr-videoueberwachung-in-zuegen-gefordert-VTI63X2SO37YL6BGDZHWN4WSYY.html; Südkurier: „Nach Axt-Angriff: Schärfere Sicherheitsmaßnahmen gefordert“, https://www.suedkurier.de/ueberregional/politik/Nach-Axt-Angriff-Schaerfere-Sicherheitsmassnahmen-gefordert;art410924,8817210; alle zuletzt abgerufen am 10.11.2023.

[4] BfDI Standpunkt zur „Videoüberwachung“; https://www.bfdi.bund.de/DE/Fachthemen/Inhalte/Polizei-Strafjustiz/Video%C3%BCberwachung-Im_Visier.html?nn=335632; zuletzt abgerufen am 10.11.2023.

[5] Zu diesem Prinzip bekennt sich der Gesetzgeber im Rahmen der Novelle des § 27 BPolG aus 2007, in dem er die Bedeutung aufgezeichneter Videobilder zur Verhinderung terroristischer Anschläge und anderer Straftaten betont; BT-Drs. 16/7148, S.5 zum 3. ÄndGBPolG, BGBl. I 2007, S. 3214 v. 31.12.2007.

[6] Vgl. Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, BPolG, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 1 V; RN 53; Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 1 V RN. 138,140.

[7] Vgl. hierzu insb. Gnüchtel in: Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 1 V RN. 144 mit zahlreichen weiteren Nachweisen (Zuordnung zur Gefahrenabwehr); anderer Auffassung: Arzt, letztmalig im Rahmen der Stellungnahme zur Novellierung des BPolG vom 9.02.2021, BT-Drs. 19/26541 mit Verweis auf BVerfG Urteil v. 27.6.2005 – 1 BvR 668/04 (Zuordnung zur Strafverfolgung).

 

[8] Vgl. für einen Überblick: Schenke in: Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, § 27 BPolG, RN 4.

[9] U.a. Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, BPolG, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 3; RN 24; Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 3. RN 22ff.

[10] Vgl. BVerfG, Urt. v. 15.12.1983, 1 BvR 209/83, Urt. v. 11.3.2008 1 BvR 2074/05, Beschluss v. 17.2.2009, 1 BvR 2492/08.

[11] BVerfGE 65, 1; v. 15.12.1983.

[12] u.a. Drewes, Datenschutz für die Polizei, S.88, unter ausdrücklichem Verweis auf die Bestimmungen des Art. 8 II DSRL JI und die darin verankerten Grundsätze nach denen nationale Vorschriften zumindest den Verarbeitungszweck, Ziele der Verarbeitung und Art der personenbezogenen Daten angeben müssen; Hoppe in: Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 27. RN 33.

[13] Vgl. Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum 3. ÄndGBPolG, BGBl. I 2007, S. 3214 v. 31.12.2007, BT-Drs. 16/7148, S. 5.

[14] BR-Drs. 418/94, S. 59; vertiefend u.a.: Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, Bundespolizeigesetz, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 27 RN XY; Schenke/Graulich/Ruthig/Ralf P. Schenke, 2. Aufl. 2018, BPolG § 27 Rn. 15-17.

[15]  Vgl. Wehr, BPolG, 3. Aufl. 2021, BPolG § 27 Rn. 5; Hoppe in: Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 27. RN 33.

[16] BR-Drs. 418/94, S. 59., Beschlussempfehlung des Innenausschusses zum 3. ÄndGBPolG, BGBl. I 2007, S. 3214 v. 31.12.2007, BT-Drs. 16/7148, S. 5.

[17] Explizit anderer Auffassung: Hoppe in Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 27. RN 30, der ausdrücklich Bahnfahrzeuge zu den nach § 27 überwachungsfähigen Einrichtung zählt.

[18] Hoppe in: Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 27. RN 31; Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, Bundespolizeigesetz, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 27 RN 14 unter Verweis auf die analoge Anwendbarkeit der Ortshaftung nach § 20 II BPolG ohne das Erfordernis einer konkreten Gefahr.

[19] Schenke/Graulich/Ruthig/, 2. Aufl. 2018, BPolG § 27 Rn. 22 unter Verweis auf die Vermeidung eines Übermaßes an Überwachung.

[20] Borsdorff, BPolG Kommentar, 10. Auflage 2022, S. 127,128, Musteranordnung zu § 23, die explizit „auf der Strecke verkehrende Züge, Sonderzüge und Entlastungszüge“ als gefährdete Objekte nach § 23 I Nr. 4 BPolG erwähnt.

[21] U.a. Borsdorff/Kastner, Modulwissen Einsatzrecht 1, 1. Auflage 2011, S. 48.

[22] BT-Drs. 16/7148, S. 5.

[23] Amtliche Begründung zum Entwurf des BGSNeuRegG vom 1994 (BT Drucksache 12/7562): “Die Geräte werden vielmehr — zumeist im Dauerbetrieb — an bestimmten, abstrakt gefährdeten Gebäuden oder

Anlagen, etwa im Rahmen des Objektschutzes, eingesetzt.“.

[24] Auf die Eigentumsverhältnisse der Kameras kommt es i.Ü. bezogen auf die Heranziehung von § 27 BPolG nicht an: Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, BPolG, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 27 RN 13; Hoppe in: Heesen/Hönle/Peilert, u.a. BPolG, 5. Auflage 2012; § 27. RN 37.

[25] Vgl. BVerfG, Urteil v. 16.02.2023 – 1 BvR 1547/19; BVerfG, Urteil v. 12.04.2005 – 2 BvR 581/01.

[26] BVerfG, Urteil v. 12.04.2005 – 2 BvR 581/01, Rn. 50ff.

[27] U.a. Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestages, WD 3 – 3000 -281/20 v. 13.01.2021, mit zahlreichen Nachweisen unter Hinweis auf die höhere Streuweite und geringere Erkennbarkeit von Drohnenaufnahmen.

[28] U.a. Graulich in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 7. Auflage 2021, E Rn 205; Drewes/Malmberg/Wagner/Walter, BPolG, Kommentar, 6. Auflage 2019, § 20 RN 19,20.

[29] Analog erstellt die Bundespolizei auch Dolmetscherlisten, um bei notwendigen Vernehmungen / Belehrungen auf Dolmetscher in der erforderlichen Sprache zurückgreifen zu können.